Post Mortem - Rest In Piece?

in aktie •  6 years ago 

Im heutigen Postmortem gibt es ein Unternehmen präsentiert, dass in der Form vermutlich den wenigsten hier bekannt sein wird und man es vermutlich auch noch nicht angetroffen hat, wenn man sich nicht gerade damit befasst hat. In der Vergangenheit habe ich allerdings auch schon ein wenig darüber berichtet.

RIB Software AG

Hierbei handelt es sich um eine Unternehmung aus Stuttgart, die bereits 1961 gegründet wurde. Es handelt sich damit um ein bereits recht haltes Software Haus, dass im Umfeld der Technischen Hochschule Stuttgart als Zentrum für EDV im Bauswesen gegründete wurde und entsprechend auch bereits in den 60er auf Computer setzte. Im Laufe der nächsten Jahre entwickelte man sich zunehmend weiter und wuchs weiter durch Zukäufe und der Entwicklung von Software im Bauwesen an. Zunächst das Batch-System IDEAL, danach die Komplettlösung ARRIBA bei denen namenhafte Bauunternehmen wie Strabag Bilfinger, Züblin und Heidelberg Cement beteiligt waren.

Heutzutage bietet man mit iTWO eine komplett Lösung rund um den Bausektor an um eine ganzheitliche Lösung für die Branche anzubieten. Insbesondere seit den 2000er beginnt man zunehmend auch auf Expansion im Ausland und Joint Ventures zu setzen. Hierbei ist vor allem der chinesische Markt wichtig, aber auch Kooperationen mit Microsoft sind im Portfolio ausgewiesen. Mit ca. 800 Mitarbeitern gehört man dem Mittelstand an und wird häufig als ein Top-Unternehmen im Bereich Umsatzwachstum und Ertragsquote geführt.

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Wer sich nun für das Unternehmen interessiert und einen Blick auf den Chart wirft, wird hoffentlich sofort ein Fragezeichen haben. Man sieht nämlich einen wirklich wundervoll wachsenden Chart. Von ungefähr 15€ stieg das Unternehmen an auf bis zu 35€ und damit einem extrem hohen Niveau. Bereits damals war mir eigentlich klar, dass eine Korrektur erfolgen würde. Meine Rechnung war ca. 28€, doch es kam wesentlich schlimmer. Den im März gab es den schwarzen Tag an dem die Kurse massiv einbrachen und nach kurzer Erholung nochmals einknickten, so dass man bei teilweise 17€ angekommen ist. Was war da passiert?

Die Panik wurde zum einen ausgelöst durch eine stille Kapitalerhöhung seitens des Unternehmens. Um die Kapitaldecke weiter zu steigern, lies man sich Bank Berenberg für ungefähr 28€ einkaufen. Ein für die damalige Zeit wirklich unverschämt günstiger Kurs, wenngleich er auch in etwa meiner Schätzung entsprach. Dies löst allerdings eine Kettenreaktion aus. Die Anleger waren sehr verärgert, dass sie nicht vorher über die Kapitalerhöhung informiert wurden. Man bekann sich auf die Suche nach den Gründen für die Heimlichtuerei zu machen, da eigentlich die Kapitalreserven okay aussahen.

Wofür brauchte man also noch weiteres Geld? Parallel veröffentlichte Markus Jost in seinem Blog "Bilianz Cowboys" extrem schwere Anschuldigungen gegen die Unternehmensführung und warf ihnen Bilianzfälschung im großen Stil vor. Falls jemand der Name nichts sagen sollte... es handelte sich um einen "Medienprofi", der sich gegen Geld für Kampagnen kaufen lässt und deswegen auch nach meinem Kenntnisstand bereits ein paar Mal vor Gericht gezerrt wird. Erinnert sich noch jemand auf Uschi Glas "Kosmetikprobleme"? Auch daher könnte man den Namen kennen.

Die Wirkung verfehlte es nicht und es kam zu den panischen Leerverkäufen. Die Teleco am nächsten Tag schien die Anleger nicht zu beruhigen und es erfolgt der zweite Absturz. Inzwischen rangiert und pendelt man so zwischen 20 und 22 Euro hin und her. Ein für meinen Geschmack immer noch ausreichendes Niveau, wenn man sieht wo man her gekommen ist. Man kann nun natürlich immer sagen: Hätte, hätte, hätte ... man für 35€ verkauft, wäre natürlich ne Bombenmarge drin gewesen. Aber man sieht sowas eben nicht kommen und erst recht nicht eine solche Heftigkeit der Reaktion. Die Kursegewinne stimmen trotzdem.

Bei der Dividende sieht es ein wenig Mau aus. Mit ca. 0,18€ pro Aktie liegt sie bei ungefähr 0,73% und ist damit eine echte Anomalie in meinem Portfolio. Immerhin strebe ich ja die 2% an. Ursache hierfür ist eben der starke Kursanstieg, der die Dividenderendite natürlich weiter nach unten drückt. Immerhin war man vor einigen Jahren noch bei den 8€ gewesen. Dies drückt sich auch im KGV aus, der mit immerhin fast 60 ein extrem hohes Niveau hat, dass sicherlich einige bereits abschreckt.

Wieso halte ich die Aktie trotzdem? Ich denke, dass es sich bei diesem TecDAX-Unternehmen um eine interessante Nischensoftware handelt. Man ist international unterwegs und auf einem guten Weg um sich auch außerhalb von Deutschland zu etablieren. Eine Lösung für Bauprojekte aus einer hand ist etwas, dass bei immer komplexeren Bauaufgaben notwendig wird. Man denke nur mal an das Chaos vom BER. Das Unternehmen bietet somit also einiges an Möglichkeiten für langfristiges Wachstum und somit Chancen auf Kursgewinne. Das Potenzial wurde ja durchaus bereits gezeigt.

Zudem ist man als Fisch im Teich der nicht besonders groß ist, dafür aber extrem lecker aussieht auch immer ein gefundenes Fressen für größere Fische. Somit gibt es bereits seit Jahren die Fantasy, dass andere Enterprise-Software-Unternehmen eine Übernahme anstreben könnten. Insbesondere der Name SAP fällt dort oft, aber auch Oracle oder eben Microsoft. Zudem zeigen ja auch gerade die Chinesen immer wieder Appetit auf solche Nischenlösungen und da der Markt auch aktiv umworben wird, kriegt vielleicht dort jemand Hunger. Als Aktionär würde man in einem solchen Fall bestimmt von einem goldenen Handschlag profitieren können.

Ob ich zum aktuellen Kurs noch ein Einstieg empfehlen würde? Eher nicht oder nur etwas für welche, die auch ein wenig spekulativ unterwegs sind. Doch sollte es noch weitere Rücksetzer geben, bietet sich vielleicht doch ein günstiger Einstieg. Insgesamt rechne ich allerdings mit einer Stabilisierung und leichten Erholung im Laufe des Jahres. Die 30€-Grenze werdem wir wohl nicht so schnell wiedersehen, aber es ginge mit dem Teufel einher, wenn man im unteren 20er bleiben würde. Insgesamt braucht man bei diesem Titel aber sehr starke Nerven und eine gute Minibar um die Schicksalsschläge zu ertragen.

Die Anschuldigungen gegen das Unternehmen halte ich persönlich für haltlos und eine Schmutzkampagne. Trotzdem steht dem Titel vielleicht auch weiterhin eine rasante Fahrt bevor - in beiden Richtungen. Ich stelle hier die Aktie vor und gebe keine Empfehlung!

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