Bitcoin - Spekulationsblase oder Währung der Zukunft?

in bitcoin •  7 years ago  (edited)

Crypto-Bubble oder solides Investment?


Mittlerweile gehört es zum guten Ton unter „Finanzexperten“ sich nach jeder impulsiven Bewegung von Bitcoin oder anderen Crypto-Currencies kritisch zu den Entwicklungen zu äußern und vor dem baldigen Platzen der Crypto-Bubble zu warnen. Virtuelles Geld hätte keinen intrinsischen Wert, sei also reine Spekulation und außerdem bewegt man sich damit oftmals in rechtlichen Grauzonen, da es sich dabei nicht (überall) um ein staatlich anerkanntes Zahlungsmittel handelt. Es ist nach Meinung der Kritiker also sowieso nur eine Währung für Waffenhändler und Drogendealer und sollte möglichst schnell vom Staat in die Schranken gewiesen und reguliert werden.


Auf die Rückfrage, woran genau diese Crashpropheten Spekulationsblasen festmachen und warum sie den Bitcoin für überbewertet halten, stellt sich oftmals heraus, dass beim Gegenüber ein Haufen Halbwissen gepaart mit schwammigen Begriffsverständnissen vorhanden ist.


Ist die Voraussetzung für eine Spekulationsblase für die digitale Geldeinheit "Bitcoin" tatsächlich gegeben? Ist der Markt "überhitzt" wie von zahlreichen Finanzexperten in der einschlägigen Medienlandschaft behauptet wird? Und wenn ja, was folgt daraus?


„Als Spekulationsblase, auch Finanzblase oder Blase (von englisch: speculative bubble, economic bubble, financial bubble) wird in der Makroökonomie eine Marktsituation bezeichnet, in der die Preise eines oder mehrerer Handelsgüter (zum Beispiel Rohstoffe oder Lebensmittel), Vermögensgegenstände (Immobilien und Wertpapiere wie zum Beispiel Aktien oder Anleihen) bei hohen Umsätzen über ihrem inneren Wert (auch: Fundamentalwert oder intrinsischer Wert) liegen.“ (Wikipedia)


Um die Frage, ob diese Voraussetzung auf Bitcoin und den Cryto-Markt zutrifft, beantworten zu können, muss zunächst die Frage geklärt werden, was Geld eigentlich ist und wovon dessen "Wert" abhängt. Nur so lässt sich im Anschluss möglichst objektiv beurteilen, inwiefern der Preis für die Geldeinheit wirklich über dem sogenannten "Fundamentalwert" liegt, sofern dies überhaupt möglich ist. Der „innere Wert“ oder „Fundamentalwert“, der in der Finanzanalyse dazu dient, durch die Analyse bestimmter Kennzahlen einen möglichst objektiven Bewertungsmaßstab zu liefern, ist beim Kryptogeld nur schwer greifbar, was nicht heißt, dass dieser nicht existent ist.


Des Weiteren ist Geld als allgemein akzeptiertes Tauschmittel von (staatlichen) Währungen zu unterscheiden. Letztere werden auch Fiat-Währungen genannt, als gesetzliches Zahlungsmittel erhalten sie ihren „Wert“ durch staatlichen Erlass. Ludwig von Mises macht in seinem geldtheoretischen Werk "Theorie des Geldes und der Umlaufsmittel" deutlich, dass Geld, nicht wie oftmals behauptet wird, mehrere, sondern lediglich EINE Funktion hat, und zwar die, den Tausch von Gütern und Dienstleistungen zu vereinfachen, also als Tauschmittel zu dienen:


"Die einfache Umschreibung der volkswirtschaftlichen Funktion des Geldes, dass es ein den Austausch von Gütern und Dienstleistungen vermittelndes Verkehrsgut sei, konnte alle jene nicht befriedigen, welche in der Wissenschaft nicht so sehr die Tiefe der Erkenntnis als die Fülle von Material suchen. Mancher Forscher meinte, dass der hervorragenden Stellung des Geldes im Wirtschaftsleben nicht genügend Rechnung getragen sei, wenn man ihm lediglich die Tauschmittelfunktion zuerkenne, und glaubte erst durch Aufzahlung eines halben Dutzend weiterer ,,Funktionen" die Bedeutung des Geldes voll gewürdigt zu haben. Eine recht naive Auffassung: als ob es in einer auf dem freien Austausch der Güter beruhenden Wirtschaftsordnung eine wichtigere Funktion geben konnte als die des allgemein gebräuchlichen Tauschmittels." Ludwig v. Mises - Theorie des Geldes und der Umlaufsmittel


"Geld" stellt somit neben Konsum- und Produktivgütern eine eigene Güterkategorie (Tauschmittel) dar, die sich von den anderen genannten fundamental unterscheidet. Mises dazu:


"Man pflegt die wirtschaftlichen Güter in zwei Gruppen zu teilen, in solche, die dem menschlichen Bedürfnis unmittelbar, und solche, welche ihm nur mittelbar dienen: Genussgüter (Güter erster Ordnung) und Produktivgüter (Güter höherer Ordnung). Unternimmt man den Versuch, das Geld in eine dieser beiden Gruppen einzureihen, so stößt man sogleich auf unüberwindliche Schwierigkeiten. Dass das Geld kein Genussgut ist, bedarf keiner näheren Erläuterung. Es erscheint aber ebenso wenig angängig, das Geld als Produktivgut zu bezeichnen. Wer jene Zweiteilung der wirtschaftlichen Güter für erschöpfend hält, muss sich freilich dazu bequemen, das Geld in die eine oder die andere Gruppe einzureihen." Ludwig v. Mises - Theorie des Geldes und der Umlaufsmittel


Der "intrinsische Wert“ des Geldes lässt sich demnach weder an seiner Fähigkeit bestimmte Konsumbedürfnisse zu befriedigen (Konsumgüter/Güter erster Ordnung) noch an dessen Vermögen Produktionsprozesse effizienter zu gestalten (Kapitalgüter/Güter höherer Ordnung) festmachen…


"Denn der Nutzen des Geldgebrauches ist durch die Möglichkeit, im Austausche für das Geld andere wirtschaftliche Güter zu erlangen, völlig erschöpft. Keine Funktion des Geldes als Geld ist denkbar, die von der Tatsache seines objektiven Tauschwertes losgelöst werden könnte." Ludwig v. Mises - Theorie des Geldes und der Umlaufsmittel


Wir halten fest: 


  • Geld ist weder Konsum- noch Kapitalgut
  • Die einzige Funktion von Geld ist die des Tauschmittels
  • Um den (fundamentalen) „Wert“ von Geld erfassen zu können, ist es nötig den Blick auf dessen „objektiven Tauschwert“ zu richten


Der fundamentale Wert einer digitalen Geldeinheit wird also mittelfristig davon bestimmt, inwiefern sie als „Tauschmittel“ eingesetzt werden kann, also von ihrem „objektiven Tauschwert“. Um für diese Funktion geeignet zu sein, waren einige Eigenschaften traditionell überaus hilfreich.


Das Tauschmittel musste KNAPP sein, es durfte also nicht überall auf der Straße herumliegen oder von einer Institution in beliebigem Maße produziert werden. Es musste HALTBAR sein, um seine Funktion auch über die Zeit hinweg zu erhalten. Es musste TEILBAR sein und durfte seine Eigenschaften dabei nicht verlieren, um auch kleinere Transaktionen abwickeln zu können. Es musste ALLGEMEIN AKZEPTIERT werden, also LIQUIDE sein und überall angenommen werden.


Aufgrund seiner optimalen Voraussetzungen in diesen Bereichen haben sich Edelmetalle historisch als Tauschmittel großer Beliebtheit erfreut. Bei Edelmetallen kommt hinzu, dass diese auch außerhalb ihrer Tauschmittelfunktion aufgrund ihres industriellen Nutzens nachgefragt wurden. Dies diente als zusätzlicher Vertrauensanker in Gold und Silber als Tauschmittel, und war nach Mises‘ Regressionstheorem der Ursprung der Entstehung von Geld auf einem freien Markt (Waren- oder Sachgeld). Da dieser Bezug zu einer Ware bei den digitalen Währungen nicht vorhanden ist, wird diesen der „innerer Wert“ gerne abgesprochen, was, wie oben gezeigt, nicht zutreffend ist. Dem Kryptogeld ist es gelungen, diverse Vorteile gegenüber den staatlichen Fiat-Währungen zu bieten (insbesondere in Zeiten von Überwachung, Bargeldverbot und ausufernder Geldvermehrung) und genau deswegen wird es als Tauschmittel auf dem Markt nachgefragt und deswegen hat es einen „Wert“.


Vegleich zur Dotcomblase


Oft wird der Cryptohype mit der Dotcomblase und deren Platzen Anfang des 21. Jahrhunderts in Verbindung gebracht. Auch hier war es ein neue Technologie, die eine Euphorie an den Märkten entfachte, welche als Treibstoff für die Kurse der Internet-Aktien diente. Auch wenn dieser Aufschwung später zum Erliegen kam, gingen zum Beispiel mit Amazon und Ebay Unternehmen hervor, die ihr Geschäftsmodell erfolgreich auf die neuen technischen Möglichkeiten ausrichten konnten. Die Tatsache, dass die Dotcom-Blase irgendwann platzte ist weniger ein Argument gegen (Internet-)Aktien noch gegen Spekulation an sich. Sie zeigt vielmehr die Verzerrungen, die durch das Fiat-Geldsystem hervorgerufen werden, sowie die Wichtigkeit von Risikodiversifikation, Money-Management und Durchhaltevermögen, wenn man in Vermögenswerte investiert, die zwangsläufig starken Schwankungen unterworfen sind.


Von der Spekulation


Gerade in Kreisen der Value-Investoren wird der Spekulation wenig Beachtung und noch weniger Wertschätzung entgegengebracht. Es sei aus deren Sicht vernünftiger in solide Unternehmen und Sachwerte zu investieren, als in "wertloses" digitales Geld. Die Spekulation versuche nur Gewinn aus der Veränderung von Preisen zu "ziehen" und stelle für sich keinen "Wert" dar. Doch was macht ein Unternehmer anderes, als darauf zu spekulieren, dass die Preise für Produktionsgüter unter ihrem Fundamentalwert liegen? Der unternehmerische Gewinn resultiert aus der erfolgreichen Spekulation auf zukünftige Preise.


"What makes profit emerge is the fact that the entrepreneur who judges the future prices of the products more correctly than other people do buys some or all of the factors of production at prices which, seen from the point of view of the future state of the market, are too low. Thus the total costs of production—including interest on the capital invested— lag behind the prices which the entrepreneur receives for the product. This difference is entrepreneurial profit." Ludwig v. Mises - Profit and Loss


Jeder Unternehmer, der meint, er könne Produktionsmittel in eine aus Sicht des Kunden höherwertige Form bringen und somit daraus einen höheren Preis erzielen, begibt sich ebenso auf den Boden der Spekulation wie ein Value-Investor, der Unternehmenskennzahlen aus der Vergangenheit heranzieht, um daraus Entwicklungen für die Zukunft zu prognostizieren und auf dieser Basis fundamental unterbewertete Unternehmensanteile kauft.

 

Schlussbemerkung


Im Zusammenhang von Kryptowährungen also von einer einzigen großen Spekulationsblase zu sprechen, ist mehr als weit hergeholt. Damit soll nicht bestritten werden, dass es kurzfristig zu Über- oder Unterbewertungen verschiedener Coins kommen kann, was aber kein kryptogeldspezifisches Phänomen darstellt, sondern auf jedem Markt zu beobachten ist, in dem Angebot und Nachfrage die Einschätzungen über die zukünftigen Preise ausloten. 


Und noch wichtiger: was folgt aus der Tatsache, dass es früher oder später auch mal zu einem Crash kommen kann, oder mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, kommen wird? Wenn man von einer Technologie oder einem Coin überzeugt ist, sollte man sich nicht davon beirren lassen, dass ein Kurs zeitweise um 50 oder 60 Prozent korrigiert. Wer mit Volatilität im Portfolio nicht umgehen kann, ist im Bereich Kryptowährungen (und übrigens auch in vielen anderen Märkten) mit Sicherheit fehl am Platz und sollte sein Geld besser auf dem Sparbuch deponieren, wo es bei geringer Verzinsung langsam vor sich dahinschmilzt.

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