Von Martin Greger
Das Bleierne und Trübe unseres allgemeinen menschlichen Seelenzustandes gebiert den abtrennenden Intellekt. Durch seine Vorstellungen sehen wir die Dinge einzeln, zerlegen wir Natur und Materie und binden sie an die Polarität.
Die großen Alchemisten erkannten das Zusammenwirken von natura und materia. Natura war für sie der energetische Aspekt, das Beseelte, das gezwungen ist, die polaren Standpunkte und Zustände einzunehmen. Materia nannten sie das Stoffliche, das sich der natura fügt, die duldsame Gegenwärtigkeit des Stoffes, wie sie sich dem Betrachter zeigt.
Wie kann Natur, das beseelte Wesen, aus der Polarität, aus der Zerrissenheit, erlöst werden? Indem möglichst viele Menschen den Heilenden Geist, den Heiligen Geist zur Wirksamkeit bringen. Er wird auch als „Einwohnung“ (hebr. Shekhina, arab. Sakina) bezeichnet.
Nicht durch ein mentales Abweisen von Urteilen oder ein meditatives Verweilen „in der Nabe des Rades“ kommt er zustande, sondern durch das Miterleben der Radumdrehung der natura und das daraus folgende tiefe Mitleiden.
Es führt die Seele zum hingebungsvollen „Stoßgebet“. Die Sehnsucht flammt auf, sich mit dem Quell des Lebens zu verbinden, nicht für sich selbst, sondern zur Erlösung von Erde und Menschheit.
In einem erfüllten Moment verbindet sich die Seele mit der Essenz allen Seins.
Als Folge davon entsteht eine Gegenwärtigkeit im Absoluten, ein Schauen der Seele, wie Plotin es nennt, ... und eine „Bekleidung“ der Seele in einer neuen natura. In wiederholter Hingabe wird das Seelenkleid gewoben, beim Zusammenkommen vieler Gleichgesinnter kann es in einem Kettenprozess weiter gegeben werden.
Am Anfang der Heiligung der menschlichen Seele, die die Heiligung der natura zur Folge hat, steht also die Sehnsucht, das hingebungsvolle Stoßgebet.
Das Trennende des bleiernen Intellekts wird dadurch überwunden, die Lähmung des Bleis schwindet.
Auch die untauglichen Versuche, neutral zu sein oder nicht zu bewerten, hören auf. Wir nehmen kraftvoll und bewusst unseren Platz in der polaren Welt mit ihrer Radumdrehung ein und im Wechselspiel unserer inneren Sehnsucht mit der Gegenwärtigkeit im Geist wird das Heilende wirksam.
Die natura wird von Heiligen-Geist-Kräften durchdrungen, von Kräften „der Mitte“.
Zartgolden und mit Perlentoren, so erblickte Johannes diese Einwohnung.
In rettender, überwindender Alchemie wechselt der Buddhist vom Rad der Wiedergeburten zum Rad der Lehre.
Aus Blei wird Gold.