Sherwin B. Nuland
Wie wir sterben: Ein Ende in Würde?
Knaur-Verlag 1994
Liebe Steemianer,
"Wie wir sterben" behandelt genau das - was genau passiert, bevor und während wir sterben. Das Buch hat einige Jahre auf dem Buckel (der Autor ist selbst mittlerweile gestorben), aber wer sich für dieses Thema interessiert, der wird hier ein Fülle von Informationen bekommen, die man in üblichen "Sterberatgebern" vergeblich sucht.
Irgendwann wird es jeden von uns treffen, und trotz allem trifft es die meisten von uns unvorbereitet. Zum Teil, weil wir die Auseinandersetzung mit dem Tod verdrängen, aber auch, weil er in unserer (Konsum)Gesellschaft systematisch verdrängt und institutionalisiert wird. Während früher ein "guter Tod" angestrebt wurde, ist heute viel vom Sterben "in Würde" die Rede, aber in der Realität gibt es heutzutage diese Würde längst nicht mehr. Zu oft wird das Allerletzte noch versucht und die Sterbenden enden in einer anonymen Intensivstation, einsam und angeschlossen an eine Unzahl von Geräten. Nur 4% der Befragten in einer Umfrage in D. in 2017 gaben an, in einem Spital sterben zu wollen, und doch sterben die meisten dort. Das Sterben in Würde verkommt letztlich zu einem Mythos, um uns die Wirklichkeit heute erträglicher zu machen, von der dieses Buch handelt.
Es werden darin die physiologischen Vorgänge beim Sterben (je nach Todesart, von Herzinfarkt über Krebs bis hin zu verschiedenen Unfällen (z.B. Ertrinken) und Selbstmordarten) genau erklärt, aber auch erschütternde Beispiele und Szenen detailliert beschrieben, und versehen mit Zeugenaussagen von Angehörigen. Ins Gedächtnis eingeprägt hat sich mir die Szene über das 9-jährige Mädchen, das am hellichten Tag in einer Kleinstadt in Connecticut von einem Verrückten mit Dutzenden Messerstichen ermordet wurde und wie die Mutter, die völlig geschockt danebengestanden war und erst als man den Mann von seinem Opfer wegzerrte, ihr sterbendes, verblutendes Kind in den Arm nahm. Sie konnte am Blick der Tochter erkennen, wann sie noch lebte und wann das Leben sie verliess.
Oder der Fall des Arztes und Harvard-Professors, der selbst eine Sammlung von 500 Sterbefällen angelegt hatte und in seiner Vorlesung davon sprach, dass Sterbende meist "unbeteiligt oder bewusstlos" seien, der dann aber im Alter von 70 an einer schweren Lungenentzündung erkrankte, die ihn wochenlange Qualen erleiden liess (schwerste Hustenanfälle, Pleuritis mit Eiteransammlungen, Atemnot,...) und die seinen unverwüstlichen Optimismus verwandelte in Todessehnsucht. Für ihn war die Lungenentzündung nicht der "Freund des Greisenalters", als die er sie früher bezeichnet hatte. Also starb auch dieser Kenner des Todes ganz anders, als er es erwartet hatte.
Unter die Haut gehend auch der Tod von Nulands Bruder durch metastasierenden Darmkrebs, und wie der Autor eingestand, Fehler gemacht zu haben. Wieder besseres Wissen gab er ihm Hoffnung, wo keine war, und so wurde - wie so oft - eine sinnlose, aber nebenwirkungsreiche Chemotherapie versucht, die letzlich nur mehr Leiden verursachte. Der Überlebenstrieb ist bei den meisten Menschen stärker als der Wunsch nach einem friedlichen Tod. Und solange man den nahen Tod nicht akzeptiert, verbaut man sich und seinen Lieben die Möglichkeit, sich gegenseitig zu trösten.
Dieses Buch ist eines der wichtigsten, die man überhaupt lesen kann, aber auch ein unbequemes, das einen stellenweise ziemlich "runterzieht".
Bisher vorgestellte Bücher:
Nr. 1: "Golden Days Before They End"
Nr. 2: "Lexikon des Unwissens"
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Danke für deinen interessanten und nachdenklichen Artikel.
Deine Buchvorstellung hast du sehr gut rübergebracht.
Werde mich mit diesem Thema näher beschäftigen.
Vielen Dank.
Viele Grüße.
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