Der Wahrnehmungsverzögerung, wie ich sie in Wie schnell nehmen Sie eine Veränderung wahr? beschrieben habe, wenden viele Unternehmungen zur Schätzung ihrer Verkaufszahlen für die kommende Periode an.
Die Verkaufszahlen schwanken täglich, sie sehen vielleicht so aus:
Das heisst, am 1. April wurden ca. 70 Stück verkauft, am 2. etwa 73, am 3. schon 78 und am 4. April über 80 Stück. Dann gingen die Zahlen wieder etwas zurück: am 5. April wurden 78 und am 6. April nur noch 75 Stück verkauft.
Wie viel wird wohl morgen, 7. April, verkauft? Da dieser Abwärtstrend etwas verzögert in die Wahrnehmung kommt, werden wir 77 schätzen. Dass die Verkäufe am 7. April wieder anziehen, war nicht vorherzusehen, aber unsere Schätzung macht nicht einen grossen Fehler, dank der Verzögerung.
Der Sales Forecast wird oft mit der Methode der sogennanten exponentiellen Glättung durchgeführt. Dabei wird für die Schätzung der Nachfrage am Tag t die Reihe
berechnet, mit Gewichten wi, die sich zu 1 summieren, d.h. w1+w2+...=1. Im einfachsten Fall kann man die Verkaufszahlen der beiden letzten Tage nehmen, also gestern, X(gestern), und heute, X(heute), und ein Gewicht, z.B. 0.7. Dann würden wir schätzen, dass morgen
Produkte nachgefragt werden, d.h., dass wir soviele Verkäufe tätigen können. Dies entspricht gerade der Wahrnehmungsverzögerung erster Ordnung. Sie hat den Vorteil, dass sie extreme Schwankungen ausgleicht, weil sie eben verzögert reagiert.
Nehmen wir einmal an, die Verkaufszahlen folgen einer Sinusschwingung. Diese gebe ich als Input in eine Wahrnehmungsverzögerung erster Ordnung ein (grüne Kurve). Die blaue Kurve ist der Output, also die verzögerte Wahrnehmung des Inputs, und exponentielle Glättung der Sinuskurve.
Wir sehen, dass sie "Spitzen" ausgleicht, was für den Sales Forecast wichtig ist. Die Verkaufszahlen folgen ja nicht einer regelmässigen Kurve, sondern einer chaotischen Zeitreihe, die mal nach oben, mal nach unten ausschlägt. Die exponentielle Glättung gleicht solche Ausschläge aus.