In den ersten Junitagen sprach auch das italienische Abgeordnetenhaus der neuen gelb-grünen Koalition, bestehend aus der Fünf-Sterne-Bewegung und der Lega, das Vertrauen aus und machte so der neuen Regierung den Weg frei: doch wie kam es zu alldem? Beginnen wir bei den Anfängen, den grundsätzlichen Ursachen, die zum Wahlerfolg der Populisten am 4. März führen sollten.
An jenem Wahltag waren die Italiener an die Urnen gerufen, nachdem sie sieben Jahre unter einer neoliberalen, auf einer Mehrheit der Mitte-Links Parteien basierenden Regierung leben mussten, die sich vollständig der Europäischen Union unterworfen hatte. Die Folge: ein Mix aus Austeritätspolitik, Einwanderungsfetischismus und wildwüchsigem Globalismus, innerhalb dessen die Interessen und Nöte der Italiener völlig untergegangen waren - ein Phänomen, das nur zu charakteristisch ist für die politische Linke des Westens.
All das hat bei einer zunehmenden Zahl der Italiener, insbesondere bei den Arbeitern und der Mittelschicht, zu einem tiefen Gefühl der Verachtung gegenüber einer Führungskaste geführt, die sich von den tatsächlichen Problemen der Bevölkerung völlig verabschiedet hat. Genau dieses Empfinden führte mit der Zeit zu einer Wechselstimmung unter den Wählern, die nun all jene Dinge, die sie zuvor von den linken Parteien erwartet hatten, bei den Rechten finden sollten. Jedenfalls hat das linke Parteienspektrum offenbar auch in Italien aufgehört, sich als Vertreterin der normalen Bürger zu begreifen. Die Metamorphose vollzog sich dann am Wahltag: an jenem 4. März fügte der italienische Wähler den EU-hörigen Parteien eine herbe Klatsche zu. Ein historischer Einbruch und deftige Sitzverluste, wie sie in der derzeitigen Republik einzigartig gewesen sein dürften. Selbst in ihren ehemaligen Hochburgen erlitten die linken Parteien ein Fiasko - ein bis kürzlich undenkbares Ereignis!
Große Gewinner und große Verlierer
Die großen Gewinner der Wahl waren selbstverständlich jene, die nun auch die neue Regierung bilden: die Fünf-Sterne-Bewegung und die Lega, die jeweils 32,7 Prozent bzw. 17,4 Prozent auf sich vereinen konnten.
Anfänglich beharkten sich beide Parteien im Wahlkampf noch als Gegner. Mit durchaus eindeutigem Tonfall des Gegeneinanders. Die Fünf-Sterne als alleine antretende Partei, die Lega im Bündnis des sogenannten "Centrodestra", den damaligen Partnern im Mitte-Rechts-Lager. Bestehend aus der Partei "Forza Italia" von Silvio Berlusconi (14%), "Fratelli D'Italia" (geführt von Giorgia Meloni, 4,3%) und "Noi con l'Italia" (eine Kleinpartei aus dem Umfeld der Forza Italia, 1,3%).
Eigentlich hätte Forza Italia die führende Partei des Centrodestra werden sollen, ginge es nach den ersten Wahlumfragen. Doch nach dem Wahlgang fand sich die Partei von Silvio Berlusconi plötzlich hinter der Lega um Matteo Salvini wieder, die diesen Vorteil gleich auszuspielen wusste und es schaffte, gemeinsam mit der Fünf-Sterne-Bewegung einen Koalitionsvertrag auszuhandeln. Womit sämtliche vor der Wahl prognostizierten Szenarien hinfällig sein sollten. Die nationale Koalition des Centrodestra lag in Scherben. Verständlich also, dass Berlusconis Partei, nach dem sie die Führung im Mitte-Rechts-Lager verloren hatte, sich gegen die Fünf-Sterne-Bewegung positionierte - und damit letztlich gegen die Regierung in toto.
Weiters auf der Oppositionsbank finden sich, logischerweise, die ehemaligen Regierungsparteien. Allen voran der sozialdemokratische Partito Democratico, der sich mit nur noch 18,7 Prozent der Stimmen begnügen musste. Zudem dessen "Zweigstellen" auf der Linken: "Liberi e Uguali" mit 3,4 Prozent und die Bewegung "+Europa" mit 2,5 Prozent der Stimmen.
Die Regierungsparteien und ihre Positionen
Die Fünf-Sterne-Bewegung und die Lega gehören beide ins Lager der Populisten (eine in Italien nicht ganz so verschmähte Bezeichnung), dennoch trennen beide durchaus signifikante Unterschiede. Während erstere vergleichbar sind mit anderen, auch auf europäischer Ebene wirkenden Populisten - etwa Syriza oder Podemos - und sich vor allem auf den Kampf gegen grassierende Korruption und die überbordenden Privilegien der Politikerkaste fokussierten, ist die Lega eine einzigartige Erscheinung. Ist sie doch ursprünglich eine regionalistisch orientierte und - in gewisser Hinsicht - identitär orientierte Partei.
Wie zuvor erwähnt, standen sich beide Parteien im Wahlkampf noch als eindeutige Kontrahenten gegenüber. Dies lag nicht zuletzt daran, dass die Fünf-Sterne-Bewegung ihren anfänglich sehr ausgeprägten EU-skeptischen Kurs zwischenzeitlich abgelegt hatte. Forderte sie zuvor bisweilen einen Ausstieg Italiens sowohl aus der EU sowie aus der Einheitswährung Euro, nahm sie zunehmend moderatere und reformorientierte Positionen ein, die den Forderungen der EU-freundlichen Mitte-Links-Parteien deutlich näher zu stehen schienen. So kam es zunächst zu einer politisch stärkeren Gegnerschaft zwischen beiden Parteien, obwohl beide in zahlreichen Fragen durchaus ähnliche Ansichten vertraten. Jedoch war die Lega seit jeher auf einen eindeutigen Oppositionskurs gegen die derzeitigen europäischen Institutionen und den Euro eingeschworen.
Mit den bald nach der Wahl einsetzenden Koalitionsgesprächen rückte der gegenseitige Konsens jedoch wieder in den Vordergrund und begründete den Kompromiss, der folglich in der Regierungsbildung münden sollte.
Der Koalitionsvertrag
Die gelb-grüne Koalition verständigte sich rasch auf einige programmatische Punkte, nach dem in den Wochen zuvor diverse Koalitionsversuche gescheitert waren. Hauptaugenmerke beider Parteien, die sich im Koalitionsvertrag nun wiederfinden, sind die folgenden: Bekämpfung der illegalen Zuwanderung; Verringerung der Steuerlast (inklusive der Anbahnung einer sogenannten "Flat Tax"); ein bedingungsloses Grundeinkommen; Rückbau zahlreicher durch die Vorgängerregierung umgesetzten Reformprogramme sowie das Vorhaben, die Souveränität und das Selbstbestimmungsrecht Italiens zu stärken.
Wichtig zu erwähnen ist, dass dabei eine Vielzahl der im Koalitionsvertrag aufgenommenen Vorsätze durch die Lega eingebracht wurden. Wenngleich nur der kleinere Partner, hat Matteo Salvini es geschafft, durchaus viele zentrale Anliegen seiner Partei in das Regierungsprogramm einzubauen. Dies sollte nicht all zu sehr verwundern, ist die Fünf-Sterne-Bewegung doch eine noch sehr junge Partei, deren radikale Positionen der Anfangszeit sich zusehends verflüchtigten, um der Partei den Zugang zu größeren Wählerschichten nicht zu verbauen. Dass sie in Verhandlungen mit einer jahrzehntelang geformten, erfahrenen und in ihrem politischen Kurs fundierten Partei einiges an Verhandlungspositionen würde nicht durchsetzen können, war abzusehen. Hier spielte sicher auch das große Charisma eines Matteo Salvini eine nicht zu unterschätzende Rolle.
NGOs und illegale Einwanderer
Bemerkenswert in den letzten Monaten war der Einsatz von Matteo Salvini, der sich als Innenminister gleich mit den Schlepper-NGOs im Mittelmeer anlegte und deren Geschäftsgebahren offenlegte. Salvini änderte den Regierungskurs in Sachen Einwanderung fundamental und zeigte so einem immer größeren Bevölkerungsteil auf, dass fast alle illegal einströmenden Zuwanderer vorrangig aus ökonomischen Gründen nach Italien und Europa drängen. Dabei orientierte sich der Lega-Chef an der australischen "NO WAY"-Kampagne, auch mit dem Ziel, die Überfahrten auf dem Mittelmeer - und damit auch die Zahl der Ertrinkenden - zu reduzieren. Das gleiche Ziel verfolgte im Sommer letzten Jahres auch die Identitäre Bewegung mit der Mission "Defend Europe", welche ebenfalls die Aufmerksamkeit auf die zwielichtige Rolle der NGOs lenkte, die vor der lybischen Küste operieren.
Tatsache ist, dass die maßgeblichen Profiteure der Asylpolitik der Vorgängerregierung die zahlreichen Vorfeldorganisationen der linken Parteien waren. Jedoch nicht zuletzt auch die katholische Kirche sowie die Mafia und ihre Handlanger, besser bekannt als Schlepper und Menschenhändler. Zudem häufen sich die belegbaren Fälle, in denen vorgeblich aus karitativen Gründen operierende Initiativen rein monetäre Ziele verfolgen - und kräftig an der Asylindustrie verdienen.
Darüber hinaus hat Salvini versprochen eine Direktive zu erlassen, um straffällige Asylbewerber härter bestrafen zu können und Personen, die eine Gefahr für die öffentliche Ordnung darstellen, leichter abschieben zu können. Maßnahmen also, die bislang durch zahlreiche ineffektive juristische Hürden verlangsamt wenn nicht sogar blockiert werden.
Der Themenkomplex Migration löste derweil naturgemäß die größten Schockwellen innerhalb der Rest-EU aus. Salvinis Entscheidungen zwangen jedoch andere Regierungen zu immer eindeutigeren Positionen, die das Narrativ der Einwanderungsfanatiker immer weiter in Schieflage brachten.
Gegen den Euro
Ein anderer zentraler Aspekt der neuen Regierung ist die mehr oder weniger offenkundige Abneigung gegenüber den Institutionen der europäischen Währungsunion. Wenngleich es innerhalb des Koalitionsvertrages keine eindeutigen Forderungen diesbezüglich gibt, steht das Thema Euro in den Debatten des politischen Italiens fast täglich auf der Tagesordnung - auch dank der erklärten Feindschaft zahlreicher Lega-Vertreter gegenüber EU und Einheitswährung. Mit Claudio Borghi Aquilini und Alberto Bagnai ist die Eurokritik an zentralen Stellen des italienischen Parlamentarismus angekommen: nämlich beim Vorsitzenden des Haushaltsausschusses des Abgeordnetenhauses sowie beim Vorsitzenden der Finanzkommission des Senats. Ein von der Regierung nicht explizit verschriftliches Ziel, das jedoch gehandelt wird, ist die Vorbereitung eines möglichen Zusammenbruchs der Eurozone. Ein "Plan B" für den Fall der Fälle, falls sich die Situation um die Einheitswährung erneut zuspitzen sollte. Im Gegensatz zur Vorgängerregierung eine wesentliche Veränderung. Letztlich auch eine weitere Öffnung und Verschiebung des bekannten "Overtone-Window". Fällt doch hier eines der zentralen Tabus der vorhergehenden Mitte-Links-Regierung, nämlich die angebliche Unumkehrbarkeit des europäischen Währungsexperimentes. Treibende Kraft hinter dieser Entwicklung ist Europaminister Paolo Savona, ein angesehener Ökonom und ehemaliger Spitzenbeamter, der eigentlich Finanz- und Wirtschaftsminister werden sollte. Staatspräsident Mattarella legte gegen diese Nominierung jedoch sein Veto ein - Savona sei zu gefährlich für die Stabilität an den Finanzmärkten.
Italien zwischen den USA und Russland
Als großer Anhänger der Präsidenten beider Länder schlug Matteo Salvini angesichts des Dialogs zwischen beiden Staatschefs in Helsinki vor, das nächste Gipfeltreffen zwischen Trump und Putin in Italien auszurichten. Lega und Fünf-Sterne-Bewegung waren beide stets erklärte Gegner der Russland-Sanktionen. Nicht zuletzt Premierminister Giuseppe Conte verkündete erst kürzlich, dass Italien seine Position zu den nun seit Jahren andauernden Sanktionen zukünftig überdenken werde. Salvini könnte also auch entscheidender Begleiter und Protagonist einer neuen Phase der Verständigung zwischen den beiden Großmächten sein - und ferner die nun leeren Plätze anderer Regierungen einnehmen, die auch angesichts eines befürchteten "Handelskrieges" sowohl zu den USA als auch zu Russland auf Distanz gehen.
Der Erfolg Matteo Salvinis in Italien und Europa
Unter Matteo Salvini erreichte die Lega 17,4 Prozent der Stimmen bei der Wahl zum italienischen Abgeordnetenhaus. Nur zwei Wochen später hatte sich dieses Ergebnis in weiteren Umfragen bereits fast verdoppelt - auf nun bis zu 30,7 Prozent. Rekord für eine populistische Partei und so auch für die Lega, die bei den letzten Europawahlen nur knapp über 6 Prozent holte. Heute, vier Jahre später, ist Salvini einer der populärsten europäischen Politiker und zunehmend ein Symbol einer politischen Wende, an dem sich viele anderen populistische Bewegungen in Europa orientieren.
Salvini und die Idee der "Europäischen Lega"
Für Matteo Salvini steht fest: die Europawahl 2019 wird ein Aufeinanderprallen zwischen den Vertretern der Funktionseliten und den Parteien, die sich für die Interessen der jeweils einheimischen Bevölkerung einsetzen. Der Vorsitzende der Lega macht klar, dass die EU sich entweder von Grund auf reformiert - oder sich zerstört. Zudem forcierte Salvini auf der letzten Nationalversammlung seiner Partei die Idee einer "Europäsichen Lega", eine Front, bestehend aus allen verbündeten populistischen Parteien, die sich im gemeinsamen Kampf gegen die Hegemonie der Brüsseler Eurokraten vereint wissen. 2019 wird demnach ein entscheidendes Jahr für die Zukunft der Europäischen Union, aber auch für die europäischen Populisten. Für ein Europa letztlich, das womöglich nachhaltig gespalten ist in ein Europa der Völker einerseits und ein Europa der Banker und der globalistischen Gleichmacher andererseits.
Die Lega - wie geht es weiter?
Unter der Führung von Salvini erreichte die Lega mittlerweile Ergebnisse, die noch vor wenigen Jahren unvorstellbar waren. Nun findet sie sich in der Position wieder, tatsächlich etwas verändern zu können. Nicht nur für Italien, sondern auch für ganz Europa. Es ist eine Chance, die nicht liegen gelassen werden darf: die Lega und Matteo Salvini müssen alles tun, um die eigenen Versprechen und Ansprüche auch umzusetzen. Auch, um die Wähler weiterhin davon zu überzeugen, dass es sich lohnt, den Mut zu haben, non-konformistische Parteien wie die Lega zu wählen. So ist es jedenfalls kein Zufall, dass die neue Regierung den Beinamen "Regierung des Wandels" trägt - angesichts der vielen geplanten Veränderungen und dem Einsatz, der an den Tag gelegt wird, um diese auch tatsächlich erreichen zu können. Und um all der Last und den großen Hoffnungen der Italiener, die an die Bedeutung dieser Worte glauben, gerecht werden zu können.
Aber nicht nur die Italiener, sondern immer mehr Europäer haben seit langem auf diesen Wandel gewartet. Die Lega und ihr Vorsitzender Matteo Salvini haben nun Chance und Potential, auf dem "alten Kontinent" eine regelrechte Revolution ins Rollen zu bringen.
Wenn sie das schaffen, werden sie in die Geschichte eingehen.
von Alex Z. (twitter: @ThatZenDudee)
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Ich bin ein Testbot, wenn ich alles richtig gemacht habe, findest du dein Beitrag in meinem Report wieder.
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Mikrobi
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