Was bisher geschah: Banke-Tau besiegte die Biestjaeger und vergnügt stapft der Mammutide wieder Richtung Pyramide. Dort wartet schon jemand auf die menschliche Fracht.
Banke-Tau war ganz in Gedanken als er auf einem kleinen Platz den Karren abgestellt hatte und er schlug den rautenförmigen Gong vor dem Eingang zum Kerkertempel. Vorhin waren ihm schon einige Echsen begegnet, die kurz anhielten um seine Beute zu begutachten. Nur einmal wagte es eine dieser widerlich zischenden Kreaturen sie anzufassen und Banke-Tau hatte ihr, mit einem zärtlichen Nasenstüber, die Schnauze gebrochen. Ein menschlich wirkender Priester schälte sich aus dem Dunkel des Eingangs heraus und bei dem Anblick der Gefangenen breitete sich ein zufriedenes Lächeln auf seinem Gesicht aus. Er war klein und mickrig, doch es ging eine gewisse Stärke von ihm aus, die Banke-Tau nicht geheuer war. Er liess sich seine Gefühle nicht ansehen und zeigte auf das Gestell.
»Das sind wohl die, die ihr gesucht habt, Regulan«, sagte er.
Der Priester stützte sich auf seinen Stab als er die Beute in Augenschein nahm.
»Ja«, antwortete er zufrieden. »Das sind sie. Ihr habt gute Arbeit geleistet, Banke-Tau.«
Der Bakhauva schnaubte als Antwort nur.
»Habt ihr etwas anderes erwartet?«
»Nein, natürlich nicht. Wo habt ihr sie gefunden?«
»Draußen in eurem Wald.«
Der Priester überlegte, wobei er den Stab in seinen Händen drehte.
»Im Wald hinter der schwarzen Pyramide?«
»Ja«, sagte Banke-Tau ungeduldig. Diese Priester hatten einfach kein Vertrauen zu ihm als Krieger. Sie waren tückische und hinterhältige Wesen, die den Geschmack des Sieges nie verstehen, nie schmecken würden. Banke-Tau atmete tief ein.
Der Priester bemerkte seine Unruhe und beschloss, ihn hinein zu geleiten. Er ging einige Schritte voraus und winkte ihn hinter sich her.
Im Tempel hingen Fackeln in gegossenen Händen an den steinigen, schwarz glänzenden Mauern. Beiderseits hinter dem Eingang waren die Wachstuben, in denen Echsen saßen und tranken. Manche polierten ihre Waffen und mehrere spielten ein Spiel das aus vielen Holzstäbchen bestand und das Banke-Tau nie interessiert hatte.
Das klopfende Geräusch des Stabes auf dem harten Boden war für Minuten das einzige was Banke-Tau hörte. Der Gang führte in einem sanftem Gefälle und bogenförmig auf die nächste Ebene herunter. Hier gab es auch die ersten Zellen, die von einigen Gefangenen belegt wurden. Und der schwere Geruch von Blut wurde überlagert von einem anderen der aus der darunter gelegenen Ebene stammte. Der Priester führte Banke-Tau vor eine Steintür die er aufrecht durchgehen konnte. Doch zuerst ging der Priester zu der rechten Seite und hielt einen Ring seiner Hand vor ein stumpf leuchtendes und rotes Auge, das zu einer monströsen Fratze gehörte. Ein Stein der Säule glitt zur Seite und ein schwer aussehender Hebel kam hervor, den der Priester mit etwas Anstrengung umlegte. Ein Poltern erklang hinter der Tür und Banke-Tau hörte dicke Kettenglieder rasseln. Langsam schwang die Tür auf und der Priester ging wieder voraus. Überflüssigerweise winkte er dem Bakhauva zu folgen.
»Was habt ihr eigentlich mit diesen Menschen vor, Regulan?«, fragte er nur um die Zeit rumzukriegen, nicht das es ihn wirklich interessiert hätte.
Der Regulan verlangsamte seine Schritte.
»Sie sind in den Energieturm eingedrungen und haben den Genstrukturisten und seine beiden Gehilfen getötet. Ausserdem nehme ich an, das sie für das Abfallen des Energieniveaus verantwortlich sind.«
»Und das mit dem Turm ist schlecht, nehme ich an?«
Der Regulan drehte sich um. Unverständnis zeigte sich auf seinem Gesicht. Seine Kieferknochen mahlten sichtbar.
Jetzt wird er mir eine Predigt halten über die heilige Mission und das Kind und das übliche Geplapper, fürchtete der Bakhauva schon und machte sich auf den Wortschwall bereit. Der Regulan sah jedoch davon ab und stampfte einmal mit seinem Stab auf den Boden.
»Ja«, sagte er beherrscht. »Das ist schlecht. Nun haben wir keine Möglichkeit mehr das Kind zu untersuchen. Und es sah so vielversprechend aus.« Die letzten Worte kamen mit einem Anflug von Sehnsucht und Bedauern heraus.
»Bis die Reparaturen abgeschlossen sind, wird wohl einige Zeit vergehen«, fügte er hinzu und seufzte. »Doch jetzt, da du uns die Übeltäter gebracht hast, werden wir bald erfahren was passiert ist und was sie hier überhaupt wollten.«
Für Banke-Tau war eindeutig klar, das die Fremden sie angegriffen hatten um die wachsende Herrschaft der Crocylen zu beenden. Doch viel wahrscheinlicher wollten der Regulan und seine Gehilfen sie einfach nur foltern und quälen. Banke-Tau verabscheute die abartigen Methoden und Gelüste der Kapuzenträger. Er hatte sie noch nie gemocht und jedes mal wurde ihm schlecht, wenn er daran dachte wie diese Feiglinge nicht den Mut besaßen offen zu kämpfen, sondern nur ihre Blutgier zu befriedigen versuchten. Allen voran dieser widerliche Regulan Gressk. Mir kann zwar das Schicksal der Fremden egal sein, doch sie haben mir den besten Kampf seit langem beschert.
Regulan Gressk war einer der eifrigsten Verehrer in ihrem Kult gewesen, der sehr lange gebraucht hatte sich von der Niederlage vor dreihundert Jahren zu erholen. Doch die Entdeckung alter Artefakte brachte ihnen den nötigen Vorsprung um ihre Macht und Anhänger zu mehren. Heute waren sie wieder viele hundert, die bereit waren für das bald stattfindende Ereignis alles zu geben, sogar ihr Leben. In der Tempelstadt war eine ekstatische Vorfreude zu spüren, die jeden erfasst hatte und erregt erwarteten sie die Ankündigung des Rituals. Bis dahin vertrieben sich einige der niedrigeren Ränge der Strukturisten und Crocylen mit ihren Untersuchungen der mitgebrachten, größeren Proben. Gressk war einer der wenigen die nur zu Beschaffung von nötigen Kenntnissen folterte, er hielt es für besser den Geist für das Ritual zu reinigen statt ihn mit niederen Gelüsten zu befriedigen.
Nein, er war der Beste von ihnen, weit über ihnen stehend, verfeinerte er die Kunst seinen Proben das zu entlocken, was er wissen wollte. Seine Hochmut und der blinde Gehorsam der großen Matriarchin gegenüber, war belohnt worden als er zum Regulan ernannt wurde. Es war der zweithöchste Rang im Kult und er besaß Macht, die andere nie erreichen würden. Bald würde er wieder seiner hohen Kunst frönen und seiner verehrten Matriarchin dienen können. So lange war er ihr nun zu Diensten und es machte ihn stolz und glücklich, sie auch nach dem Ritual zu begleiten.
Banke-Tau wollte nur wieder in seine Gemächer zurück. Zu lange hielt er sich hier auf und seine Laune fiel jede Minute mehr und mehr ab. Das gefiel ihm nicht. Es würde seine Lust dämpfen und den süßen Geschmack des Sieges schmälern. Inzwischen standen sie vor einer ungewöhnlich sauberen Tür im hinteren Teil des Kerkers.
»Lege ihre Waffen beiseite und dann bringe sie hinein.«
Banke-Tau tat wie ihm geheißen und schnürte die Waffen sorgfältig zusammen. Danach trug er jeden einzeln in das Verlies. Die organischen Wände pulsierten in einem dunklen Grün und auf einen Befehl des Regulans wuchsen aus ihnen feste, tischähnliche Körper auf die Banke-Tau die Bewusstlosen legte. Sofort stülpte die Masse sich um die Gelenke und hielt sie fest. Nach getaner Arbeit begutachtete Gressk seine Proben. Das Zusammentreffen mit dem Bakhauva hatten sie in schlechter Verfassung überlebt, doch so waren sie nicht verwertbar entschied er. Deshalb entliess er Banke-Tau, der mit schnellen Schritten den Tempel verliess.
Im Verlies dagegen herrschte andächtige Ruhe.
Regulan Gressk machte sich daran seine Proben aufgrund seiner Kenntnisse vom Aufbau des Körpers zu versorgen und die zahlreichen Verletzungen zu beheben. Jeder seiner Bewegung war gekonnt und keine Geste verschwendet um die Vitalität der Exemplare wieder herzustellen. Er machte nur wenig von seiner aetherischen Heilkunst Gebrauch. Einzig das manuelle Wirken verschaffte ihm die Befriedigung und das Wissen seine Gegner ihm untertan zu machen. Gressk verbrachte den ganzen Abend bis spät in die Nacht hinein damit, die Proben auf die Befragungen der nächsten Tage vorzubereiten. Sie mussten vollkommen erholt sein um seiner Kunst gerecht werden zu können.
Die Zeit flog für ihn dahin und er sah die Monde aufsteigen als er mit ihnen fertig war. Sie atmeten und würden leben. Leben, um unter kunstvoller Anleitung dem Abgrund übergeben zu werden. Aber das würde lange dauern, er hatte der Matriarchin viele Fragen zu beantworten und er wollte sie alle ausreichend befragen. Das Mondlicht schien ihm auf das Gesicht. Nun war die Zeit der langen Meditation und dann würde er genug Kraft geschöpft haben um der großen Matriarchin wochenlang dienen zu können.
In sein Gemach zurück gekehrt, reinigte er sich, trank einen Sud aus Kräutern und begab sich in ein seltsam aussehendes schwebendes Gestell. Er rief Zisba und erteilte Order wie die Proben bis zu seinem Erwachen zu behandeln seien. Danach entspannte sich sein Körper, der Sud entfaltete seine Wirkung und er wechselte in den gewünschten Zustand über.
Fortsetzung folgt in Nr. 72 - Meister der Pyramide 2 von 10 ...
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