Freiblog - Der Öffentliche Rundfunk.

in deutsch •  7 years ago 

In meinem neuen Format Freiblog, geht es um alle Themen die nicht mit dem Thema Verschwörungstheorien und Verschwörungstheoretikern zu tun haben.

In der Schweiz wurde über die Abschaffung des Beitrags für den schweizerischen öffentlichen Rundfunk abgestimmt. Das Ergebnis fällt mit 71,6% für den Erhalt des öffentlichen Rundfunk, genauer gesagt den Rundfunkbeitrag der in der Schweiz Billag heißt, ziemlich deutlich aus. Trotz dieses recht eindeutigen Ergebnis, sollte man sich genauer mit dem Thema öffentlich rechtlicher Rundfunk beschäftigen, denn in ganz Europa gibt es immer mehr Kritiker der öffentlich-rechtlichen Sender. Zunächst ein paar Fakten zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk in der Schweiz. Man bezahlt in der Schweiz umgerechnet 390€ für den öffentlichen Rundfunk. Im europäischen Vergleich belegt die Schweiz damit den Spitzenplatz in Puncto Kosten. In der Schweiz gibt es die Besonderheit, nämlich das auch private Sender Geld aus dem Billag bekommen können. Den größten Anteil aus dem Billag-Topf geht an die Schweizerische Radio- und Fernsehgesellschaft, kurz SRG. Die SRG ist laut eigenen Angaben ein "unabhängiges Medienhaus" das "privatrechtlich organisiert" ist. Gleichzeitig finanziert sich das Unternehmen auch laut eigenen Angaben "zu 75% aus Gebühren", womit der Billag gemeint ist und nur zu "25% über kommerzielle Angebote." Genau genommen ist dann der SRG auch zum Teil ein privater Sender. Das Außergewöhnliche am SRG ist, dass er sein Programm auf mehreren Sprachen produziert, nämlich in den vier Landesprachen Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.

Kommen wir nun dazu was die No-Billag Initiative für Argumente gegen den Billag vorbringt. Das oberste Anliegen der Initiative "No-Billag" ist, dass man den Billag in seiner jetzigen Form als "Zwangsgebühr" abschafft und die Bürger nur noch dafür zahlen, was sie auch sehen wollen. Die weiteren Argumente werde ich in zwei Kategorien aufteilen. In der einen Kategorie geht es um das Thema Kosten. Umgerechnet 390€ im Jahr, als Pflichtabgabe für einen öffentlichen Rundfunk, sei zu viel Geld und würde den Bürger in seiner Freiheit und Selbstbestimmung beschneiden, außerdem wäre das Geld besser investiert, wenn der Bürger es frei zu Verfügung hätte, da dann mehr Branchen von dem Geld profitieren können und die Wirtschaft dadurch angekurbelt wird. Ein weiterer Kritikpunkt sind die Pensionen und Gehälter die SRG Mitarbeiter in Spitzenpositionen beziehen, die aus der Sicht der Initiative zu hoch sind. Diese Argumente sind teilweise nachvollziehbar, haben aber auch Schwächen. 390€ für etwas zu bezahlen zu müssen, das man im Zweifel gar nicht oder nur selten benutzt, ist ganz klar fragwürdig. Ich würde aber nicht so weit gehen und sagen das es ein schwerer Eingriff in die Freiheit und Selbstbestimmung des Bürgers ist, außerdem kann man in der Schweiz davon befreit werden den Billag zahlen zu müssen. Dies geht wenn man Rentner ist und zu seiner Rente noch Ergänzungsleistungen vom Staat erhält. Zugegeben, das System ist nicht perfekt, eigentlich sollten auch Menschen die keine Rentner sind und mit ihrem Einkommen unter dem Existenzminimum liegen, von der Pflichtabgabe des Billags befreit werden können. Das Argument das das Geld welches man für den Billag ausgeben muss, besser in den freien Markt fließen sollte und somit die Wirtschaft davon mehr profitieren würde halte ich für falsch. Das Geld, das in den öffentlichen Rundfunk durch den Billag fließt, wird indirekt durch Gehälter oder Pensionen und direkt durch Investitionen in die Produktion von Inhalten wieder reinvestiert und kurbelt somit die Wirtschaft an. Wenn man das Geld den Bürgern geben würde, geht natürlich auch ein Teil des Geldes zurück in den Markt, aber man kann nicht davon ausgehen das im Zweifel immer mehr Geld in den Markt zurückfließen würde, als wenn man das Geld in den Billag steckt. Das Argument der breiteren Fächerung des Geldes, wenn das Geld den Bürgern frei zu Verfügung steht stimmt natürlich, es würde aber auch dazu führen, das das Geld stückhaft in verschiedensten Branchen ankommen würde und dann der große Effekt auf die Wirtschaft ausbleiben würde. An der Diskussion von Gehälter und Pensionen will ich mich in diesem nicht beteiligen, weil ich mir dazu keine abschließende Meinung gebildet habe. Ich kann verstehen, wenn man die Gehälter und Pensionen für die Mitarbeiter im öffentlichen Rundfunk, insbesondere in Spitzenpositionen für zu hoch hält. Ich kann aber auch verstehen wenn man sagt, dass die Höhe der Gehälter und Pensionen in ihrer Höhe angemessen sind, wenn man sie mit denen im Privatfernsehen vergleicht.

In der anderen Kategorie geht es um Medienvielfalt und Medienfreiheit. Beim Thema Medienvielfalt, bringt die No-Billag Initiative ein sehr klassisch liberales Argument. Durch mehr Wettbewerb steigt die Qualität und Vielfalt des Angebotes. Was gegen dieses Argument spricht, ist das öffentlich-rechtliche Sender oft eine deutlich höhere Qualität im Bereich der Nachrichten oder generell bei Informativen und bildenden Formaten im Vergleich zu ihren privaten Konkurrenten haben, die ihren Fokus meist auf Unterhaltungsformate legen. Das liegt daran, dass sich Nachrichten und Dokus oft nicht rechnen, weil sie extrem Aufwendig in ihrer Produktion sind. D.h. die Qualität wird sich vielleicht im Bereich im des Entertainments verbessern, aber das sie sich im Bereich der Informativen Unterhaltung verbessert ist fragwürdig.
Die Medienfreiheit würde von der Abschaffung des Billags als Pflichtabgabe laut der Initiative wie die Medienvielfalt auch profitieren. Die Sender würden dann kritischer über Politiker berichten und ihre Rolle als Vierte Gewalt im Staat besser ausfüllen, so das Argument der Initiative. Das sich diese Thesen bestätigen würden, ist aus meiner Sicht genauso unwahrscheinlich wie die der größeren Medienvielfalt. Was man kritisch anmerken kann und was die Initiative auch tut, ist das in den Aufsichtsräten die den SRG kontrollieren sollen auch Politiker sitzen. Dadurch kann die Unabhängigkeit gefährdet sein andererseits kann man auch argumentieren das in diesen Aufsichtsräten nicht nur Politiker sitzen. Es gibt z.B. die Delegiertenversammlung in der Zuschauer des SRG sitzen. Diese Delegiertenversammlung ist in 5 Publikumsräte aufgeteilt, die jeweils einen Sender der SRG repräsentieren. Diese Publikumsräte wählen dann 5 Ombudsstellen, die Beanstandungen am Programm prüfen und dann als Vermittler zwischen den Menschen die etwas an dem Programm zu beanstanden haben und der Redaktion fungieren. Ich bezweifle das es so etwas in einem privaten Fernseh- oder Radiosender geben würde. Was noch anzumerken ist, dass auch öffentlich-rechtliche Sender natürlich nie vollkommen neutral und ausgewogen berichten. Wenn man sich aber mal Sender wie FOX oder Servus TV anschaut, geben die privaten Sender nicht unbedingt ein sehr neutrales Bild ab und wenn solche Sender dann die einzige Informationsquelle im Fernsehen wären, bin ich froh über die öffentliche Konkurrenz.

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Quellen:

Öffentlicher Rundfunk Kosten in Europa
http://www.ard.de/download/1254622/index.pdf

Billag Verteilung
https://www.bakom.admin.ch/bakom/de/home/elektronische-medien/informationen-ueber-radio-und-fernsehveranstalter.html

No-Billag Initiative
https://nobillag.ch/wp-content/uploads/2017/11/Argumentarium_No-Billag-Initiative-1.pdf

Die SRG
https://www.srgssr.ch/de/wer-wir-sind/organisation/unternehmen/
https://www.srgssr.ch/fileadmin/dam/documents/qualitaet/srgssr_aufsichtsorgane_de.pdf

Das Ergebnis
http://www.zeit.de/kultur/2018-03/schweizer-laut-trendrechnung-gegen-abschaffung-der-rundfunkgebuehren

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Das ist bislang der beste und neutralste Beitrag den ich zu der Debatte gelsen habe. Dafür will ich mich an dieser Stelle schon mal bedanken. Ansonsten habe ich noch einige Anmerkungen, die ich anfügen möchte.

Kommen wir zur privatrechtlichen Organisation des Schweizer Rundfunks. Hier möchte ich anmerken, dass das zwar ein fundamentaler Unterschied zum System in Deutschland ist, jedoch auch in Deutschland der private Markt vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk profitiert.

Zum einen wird eine gewisse Art der Qualitätssicherung im privaten Rundfunk Deutschland durch die Landesmedienanstalten vorgenommen. Diese werden teilweise durch den Rundfunkbeitrag finanziert.

Zum anderen ist der öffentlich-rechtliche Rundfunk in Deutschland inzwischen zu einem großen Teil eine Plattform für private Produzenten geworden. Öffentlich-Rechtliche Rundfunkanstalten bestellen ein bestimmtes Programm von privaten Produzenten. Aus dem Umfeld der Funk-YouTuber konnte man schon hören, dass es dabei eine quasi vollständige inhaltliche Freiheit gibt. In diesem Fall reichen die privaten Produzenten Formatkonzepte ein, diese werden dann von Funk diskutiert und gemeinsam mit den Produzenten konkretisiert. Ab dann werden die Produzenten von Funk finanziert und durch Redakteure und Schulungen unterstützt, behalten aber bei den einzelnen Videos innerhalb der vereinbarten Formate ihre gestalterische Freiheit.

Unterschätzt wird meines Erachtens an dieser Stelle die Bedeutung der öffentlich-rechtlichen Aufträge an private Produzenten für die private Senderlandschaft. Die Aufträge sorgen dafür, dass es einen breiten Markt an Produzenten mit Erfahrung und Ausstattung gibt, die natürlich auch für private Anbieter produzieren können.

Zu deinen Ausführungen zu den finanziellen Argumenten der No Billig Initiative möchte ich verschiedene Punkte anmerken. Was zunächst die Befreiung vom Rundfunkbeitrag für Rentner betrifft, so muss ich sagen, dass mir die Lösung in Deutschland selbst etwas besser gefällt. Hier wird jeder befreit (nicht nur Rentner), der Sozialleistungen nach Hartz IV oder BAföG bezieht.

Was die Gehälter betrifft, so bin ich auch nicht an einem Punkt, dass ich abschließend sagen kann, ob diese zu hoch sind oder nicht. Was jedoch Spitzengehälter betrifft, so wird oft vergessen, was die Alternative wäre. Eine Alternative wäre die absolute Deckelung der Gehälter im öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Dann würde der private Rundfunk kompetente Mitarbeiter einfach durch ein höheres Gehalt abwerben und der öffentlich-rechtliche Rundfunk hätte höhere Kosten und Risiken durch Nachwuchsbildung.

Kommen wir zum Thema Freiheit und Vielfalt der Medien. Hier möchte ich noch etwas zum Bildungsprogrammen sagen. Tatsächlich sagte Dominik Kaisers, Geschäftsführer von 3+, dem Weltspiegel in einer Extra-Ausgabe sogar, dass sein Sender die Produktion von hochwertigen Nachrichteninhalten nicht für wirtschaftlich hält. Somit ist das Ende guter Nachrichtensendungen im Falle eines Endes des öffentlich-rechtlichen Rundfunks wohl mehr als nur eine diffuse Angst.

Was das Argument der Belebung des Medienmarkts durch Konkurrenz betrifft, so ist auch dieses durch diese Aussage ebenfalls schon geschwächt. In vielen Fällen bedeutet Konkurrenz auch Redundanz. Das macht für die Privatwirtschaft ohnehin schon unwirtschaftliche Produktionen wie Bildungsfernsehen noch schwieriger, da man letztlich immer die vollen Kosten, egal wie viel der Zielgruppe noch nicht durch die Konkurrenz versorgt ist. Bei physischen Gegenständen ist das etwas leichter. Hier könnte man einfach das Produktionsvolumen etwas reduzieren. Medienangebote werden jedoch ein mal produziert und dann an beliebig viele Zuschauer ausgestrahlt.

Dies führt zu einem weiteren Problem. Würden wir die aktuell öffentlich-rechtlichen Inhalte der Privatwirtschaft und insbesondere der Bezahlung nach Nutzung (durch Pay-TV oder Werbung) übergeben, würde dies sich sehr wohl auf die Inhalte auswirken, da die Zielgruppen dann relevant würden. So müssten sich die (Nachfolger der) öffentlich-rechtlichen Sender dann genauer überlegen, wie werberelevant oder zahlungsbereit eine Zielgruppe beispielsweise einer bestimmten Sendung wäre. Diese müsste dann angepasst oder gar gestrichen werden. Somit würde die Vielfalt nicht wie erhofft größer sondern gar kleiner werden, da nur noch für diese speziellen Zielgruppen Programm gemacht würde.

Erstmal Dankeschön für dein Lob. :) Ich finde deine Ausführung echt interessant. Das Thema Funk ist meiner Meinung nach ein zweischneidiges Schwert. Einerseits finde ich es super das dort Youtuber unterstützt werden, die es ohne finanzielle Unterstützung schwer auf Youtube hätten. Walulis, Coldmirror oder Gametwo sind positive Beispiele für den Nutzen von Funk. Andererseits gibt es dort auch einige Kanäle oder besser gesagt Kanalkonzepte, die eher darauf ausgelegt sind, möglichst viele Klicks mit möglichst stumpfen Content zu generieren. Da zeigt sich mal wieder, das beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk die Quote oder im Fall von Funk die Klicks eine zu große Rolle spielen.
Zum Thema Medienvielfalt und die aktuelle Entwicklung des Privaten Fernsehens kann ich das Video von Walulis sehr empfehlen. Es gibt einen guten Einblick wie sich die Senderchefs den (wirtschaftlich) optimalen Fernsehsender vorstellen.

Video: