Mein Buch!

in deutsch •  6 years ago 

Hier habe ich einen kleinen Abschnitt aus meinem Buch,

Hashimoto & Ich, mein Leben,

Für euch bereit

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Eines Abends saß ich mit Marc auf dem Balkon. Wir legten den Kopf in den Nacken, schauten zum Himmel hinauf, wo die ersten Sterne schimmerten. Der Abend war lau, voll der Düfte des Sommers und des Glücks. Wir genossen diese Stunden zu zweit. Aber auch dieser wunderschöne Abend ging zur Neige, wir räumten auf und gingen ins Schlafzimmer, denn am Morgen musste Marc arbeiten. Im Bett sprachen wir noch einmal über den Tag, lachten über dieses und jenes, was Lena tagsüber angestellt hatte. Das Glück war perfekt.
Wir wünschten uns eine gute Nacht. Wenig später hörte ich Marcs regelmäßigen Atem. Er schlief. Ich lauschte den Geräuschen der Nacht, weil ich völlig aufgewühlt war, wie unter Strom. Ich wusste nicht, warum es mir so ging. Mein Körper war mir fremd, ich fühlte mich nicht mehr in ihm zuhause. Mir wurde komisch, ich fühlte meinen Herzschlag in jeder Pore, jeder Zelle. Meine Atmung wurde flach, kurz. Panik breitete sich in mir aus, wie die Kreise im Wasser, wenn Marc einen
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Stein über das Wasser flippen ließ. Ich stand auf, tigerte rastlos durch die Wohnung, um mich zu beruhigen. Aber es half nichts. Ich trank Wasser. Mein Mund war spröde und ausgetrocknet. Was sollte ich machen? Was war mit mir los? Ich war so unruhig, dass ich zuletzt aus dem Haus floh. Ich konnte es mir nicht erklären, aber Angst hatte ich, bodenlose, tiefschwarze Angst, die mein Herz umklammerte.
Es war mitten in der Nacht. Ich ging die Straße entlang, hatte einen Jogginganzug an, den Schlüssel in der Hand. Draußen ging es mir ein wenig besser. Was war los mit mir? Was machte ich hier? Fragen rasten durch meinen Kopf.
Ich war durcheinander, fühlte mich wie in einem schlechten Film, der vor mir ablief und in dem ich eine Rolle spielte, die ich nicht kannte.
Kurz darauf ging ich nach Hause, doch sobald ich wieder im Treppenhaus war, raste mein Herz. Die Panik stieg, sie schwappte wie eine Welle über mir zusammen. Ich hatte Todesängste, fürchtete hier und jetzt zu sterben.
Sofort verließ ich das Haus, stieg ins Auto und fuhr los; heulte mir die Augen aus. Ich hatte keine Ahnung, was los war, als ich einfach nur durch die Gegend fuhr. Ziellos und getrieben, voller Panik, steuerte ich den Wagen. Ich wollte nur eins: mich beruhigen, wieder runterkommen, den Pulsschlag normalisieren, Ruhe finden. Was war mit mir geschehen?
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Eigentlich hätte ich Marc wecken müssen. Vielleicht habe ich einfach nicht daran gedacht, getrieben von der Angst. Ich kann es mir bis heute nicht beantworten.
Glaubte ich, Marc würde mich nicht ernst nehmen? Ich weiß es leider nicht, und werde es niemals beantworten können. Was geschehen ist, ist geschehen.
Zuletzt fuhr ich ins Krankenhaus, voller Panik und im Glauben, dass ich sterben würde. Ich berichtete den Ärzten, was passiert war; sagte, dass mein Körper mir einen Streich spiele und ich Todesängste hätte.
Sie untersuchten mich nicht, aber sie gaben mir ein Beruhigungsmittel mit und schimpften, weil ich in diesem Zustand Auto gefahren war.
Sie wollten Marc anrufen, damit er mich abholen käme, aber ich erwiderte, dass das nicht ginge, weil ich das Auto hätte. Also gaben sie mir das Medikament mit nach Hause aber sie hätten mich in dem Zustand nicht gehen lassen dürfen.
Ich las den Beipackzettel. Man hatte mir ein Psychopharmakon verschrieben. Ein Mittel zur Behandlung von Depressionen. Ich entschied mich, es nicht zu nehmen. Sie hatten mich nicht untersucht. Wer wusste denn schon, was mit mir los war? Ich war mit dieser neuen Situation überfordert. Aber ich würde niemals Medikamente nehmen, wenn man mich nicht untersucht und die Ursache eindeutig festgestellt hatte.
Ich verbrachte den Rest der Nacht draußen, ganz allein mit meiner Panik und meinen Ängsten. Fast
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schien es mir, als wenn ich vor einem Karussell wartete, das sich immer nur im Kreis drehte, ohne anzuhalten. Wo sollte ich hinfahren, um diesem Grauen zu entkommen?
Mit wem könnte ich reden? Ich war völlig hilflos, ohnmächtig und allein. Meine Mutter hätte ich in dieser Nacht gebraucht, aber ich traute mich nicht, zu ihr zu fahren. Ich fühlte mich so einsam und leer wie noch nie zuvor. Niemand wusste, wo ich eigentlich war.
Kurz nach sechs Uhr morgens hielt ich noch beim
Bäcker an, holte mir einen Kaffee und fuhr nach Hause. Marc und die Kinder waren auf, als ich mit dem Kaffee in der Hand hereinkam. „Wo kommst du den her?“
Ich erzählte ihm, was passiert war. „Ich will zu meinem Hausarzt nach Köln.“
Marc nahm sich frei. Wir fuhren los, und unterwegs berichtete ich erst ihm, was ich in der Nacht erlebt hatte, später dann auch meinem Hausarzt.
„Haben Sie Suizidgedanken?“, fragte er und setzte sich. „Wollen Sie sich das Leben nehmen?“
„Nein“, antwortete ich. „Im Gegenteil. Ich habe Angst, der Tod kommt mich holen, und keiner merkt das.“
Gleichzeitig hatte ich Angst: Würden sie mich für verrückt halten? Würden sie mich ernst nehmen? Oder würde ich jetzt direkt in eine geschlossene Anstalt eingewiesen werden? Was ging in Marc vor?
Mein Arzt wurde bleich.
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„Was ist?“, fragte ich.
„Eigentlich haben nur ältere Menschen diese Angst.“ Keiner von uns wusste, dass diese Probleme von der Schilddrüse herrührten. Vielmehr dachten wir, dass mich die ganze Situation überfordert hätte.

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Es liest sich gut. Gratulation! Hoffe, es kaufen viele :-).

Dankeschön

Hallo @biggi, der Ausschnitt hat mir sehr gut gefallen. Alles Gute für Dein Buch! Liebe Grüße Alexa