Der Regisseur Uwe Boll tritt das Gedenken an die Opfer mit seinem geplanten Filmprojekt mit Füßen.
Regisseur Uwe Boll will einen Film über den rassistischen Anschlag von Hanau veröffentlichen.
Angehörige der Opfer baten um den Abbruch des Projekts.
Boll sagt, die Hinterbliebenen sollten den Film lieber nicht ansehen.
Aktuelle Meldungen der Stadt Hanau
Sehr geehrter Herr Dr. Boll,
mit fassungslosem Entsetzen haben wir die Berichterstattung in der BILD Zeitung zu Ihrem
jüngsten Filmprojekt über das Attentat in Hanau aufgenommen. Wir alle – die Familien der
Opfer, der Magistrat sowie die Stadtverordnetenvorsteherin und die Fraktionen – fordern Sie
mit Nachdruck auf, die Vorbereitungen sofort einzustellen und auf die Dreharbeiten zur
Realisierung dieses Films zu verzichten.
Die pseudodokumentarische Ausrichtung kann nicht davon ablenken, dass es Ihnen hier
allein darum geht, einen persönlichen Nutzen aus der öffentlichen Aufmerksamkeit zu
ziehen, die das schreckliche Attentat in unserer Stadt nach wie vor erhält. Unter dem
Deckmäntelchen der Aufklärung und Kunst nutzen Sie das unbeschreibliche Leid der Opfer
und ihrer Angehörigen, um Ihren Wunsch nach Publicity und die blutrünstige Sensationsgier
Ihres Publikums zu befriedigen.
Das Attentat des 19. Februars 2020 hat viele Wunden gerissen – in den betroffenen Familien,
in der ganzen Stadtgesellschaft. Die Stadt ist seither nicht mehr dieselbe und wir alle tun
unser Bestes, um die Ereignisse angemessen zu verarbeiten. Es übersteigt unsere
Vorstellungskraft, welche Geisteshaltung notwendig ist, um den gewaltsamen Tod von neun
Mitmenschen in einer Art und Weise filmisch umzusetzen, die nach Ihren eigenen Worten zu
hart für die öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten ist.
Die Unverfrorenheit Ihres Vorgehens zeigt sich auch darin, dass Sie im Vorfeld keinen
Kontakt zu den betroffenen Familien gesucht haben. Diese haben von Ihren Plänen ebenso
wie die Opfervereine und wir aus der Presse erfahren. Die dabei veröffentlichten
Szenenbilder sind für die Angehörigen der Ermordeten unerträglich und verunglimpfen die
Toten mit einer kaum zu überbietenden Respektlosigkeit.
Wir appellieren noch einmal alle gemeinsam an Sie, den dringenden Wunsch der
Angehörigen anzuerkennen und auf die sensationslüsterne filmische Aufarbeitung des
Attentats zu verzichten.
Sollten Sie sich über das große Entsetzen und die Trauer der Familien hinwegsetzen und den
Film dennoch drehen, so fordern wir Sie dringend auf, die Persönlichkeitsrechte der
Angehörigen, deren Pietätsempfinden und die fortwirkende Menschenwürde der
Verstorbenen zu beachten. Andernfalls werden wir umgehend Strafanzeige erstatten und
Unterlassungsklage erheben.
Gleiches gilt für unwahre Tatsachenbehauptungen: In der Presse werden Sie mit den Worten
„Das Ordnungsamt Hanau versagte jahrelang“ zitiert. Da die Stadt Hanau nicht zuständige
Waffenbehörde ist, fordern wir Sie auf, diese Aussage zu unterlassen. Auch hier müssen Sie
sonst mit juristischen Schritten rechnen.
Sehr geehrter Herr Dr. Boll, seien Sie versichert: Wir werden gemeinsam alle Hebel in
Bewegung setzen, um dieser Verzerrung der schrecklichen Ereignisse vom 19. Februar 2020
entgegenzutreten.
Hochachtungsvoll
Claus Kaminsky, Oberbürgermeister
Beate Funck, Stadtverordnetenvorsteherin
W.-Axel Weiss-Thiel, Bürgermeister
Thomas Morlock, Stadtrat
Für die Parteien in der Stadtverordnetenversammlung
Dr. Max Bieri, SPD-Fraktion
Isabelle Hemsley, CDU-Fraktion
Stefan Weiß, Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen
Bert-Rüdiger Förster, Fraktion Die Republikaner
Oliver Rehbein, Fraktion Bürger für Hanau
Holger B. Vogt, FDP-Fraktion
Robert Erkan, Fraktionslos
Die Familien der Opfer
Gültekin - Gürbüz - Hashemi - Kierpacz - Kurtović - Păun - Saraçoğlu - Unvar - Velkov
Pressekontakt: Stadt Hanau, Güzin Langner, Telefon 06181/295-929
Stadt Hanau
Öffentlichkeitsarbeit
Am Markt 14-18
63450 Hanau
Source: Pressestelle, "Stadt Hanau"
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