Es war einmal … ein kleines Mädchen. Voller Vorfreude wartete sie auf Heiligabend. Es lebte in der DDR. Die DDR-Wirtschaft war von zwei Dingen geprägt: Mangel und Pläne und Schokolade stand noch nicht auf der To Do-Liste der Planwirtschaft. Ich erinnere mich, dass ich voller Ungeduld jeden Tag eine Tür in einem Adventskalender mit einem Bildchen öffnete. Erst mit etwas zehn Jahren bekam ich endlich einen Kalender mit Schokolade. Während einer Recherchen zu meinem Blogartikel 2017 begegneten mir DDR-Kalender. Auf einem sehe ich den Weihnachtsmann mit dem Trabant vor dem Haus stehen. Auf einem anderen erblicke einen Plattenbau, indem die Fenster des Hochhauses auch gleichzeitig die Fenster des Kalenders sind.
Es war einmal … von einer, die auszog, die Tradition des Adventskalenders weiterzugeben. Die stillen, besinnlichen Wochen des Jahres sind für uns Eltern oft eine besonders stressige Zeit, da wir nicht nur Berufsalltag, Kinder und private Verpflichtungen unter einen Hut bringen sollen, sondern auch noch diverse Weihnachtseinkäufe zu tätigen sind. Ich stellte meine Weihnachtsfeste unter das Motto: “Lieber ein paar Geschenke weniger unter dem Weihnachtsbaum, dafür mehr Zeit mit meinen Töchtern verbringen“. Weihnachtszeit ist für mich Bastelzeit.
Wer verkürzt sich die Wartezeit bis Weihnachten nicht gern mit einem Adventskalender?
Vor einunddreißig Jahren war mein erster selbstgebastelter Adventskalender eine Eisenbahn aus Streichholzschachteln. Weihnachten bedeutet auch, sich bis zum Fest zu gedulden. Das konnte ich mit Basteln gut überbrücken, und obendrein war die Streichholzeisenbahn in der DDR ein einmaliges Geschenk für meine Tochter.
Es war einmal … eine tapfere Schneiderin, die kleine Säckchen nähte und anschließend mit kleinen Überraschungen füllte. Heutzutage kann man alles fertig und einzeln kaufen. In den Zeiten des Internets ist alles ganz einfach. Aber – ist es dasselbe?
Es war einmal … eine Großmutter, die wusste gar nicht, wie sie Weihnachten im Pflegeheim feiern wird. Einmal bastelte ich auch ihr und allen Mitbewohnerinnen und -bewohnern einen musikalischen Adventskalender. Hinter jedem Türchen verbarg sich ein Weihnachtslied, welches wir anschließend alle gemeinsam sangen. Auch Menschen mit Demenz bereitet ein Adventskalender 24 Tage lang Vergnügen und geleitet sie stimmungsvoll durch die Weihnachtszeit. Selbst wenn sie ihre eigenen Kinder nicht mehr erkennen und die Erinnerungen schwinden: Etwas bleibt im Gedächtnis von Betroffenen fest verankert – die Musik. Das Musik die Stimmung und das Gedächtnis beeinflusst, erlebe ich immer montags zur Singstunde im Pflegeheim. Schon nach wenigen Takten erkennen sie die Volks- oder Weihnachtslieder wieder und können mitsummen. Es kommt vor, dass Heimbewohner, die nicht mehr sprechen können, plötzlich ganze Liedtexte singen. Wenn das geschieht, bin ich immer wieder beeindruckt und freue mich sehr.
Es war einmal … eine reife Frau, die anderen Frauen hilft, dass sie ihre kraftvolle Weiblichkeit entdecken und zum Wohle kraftvoller Beziehungen einsetzen. Was sich wohl hinter dem nächsten Türchen verbirgt? Mir ist es vollkommen egal, wie alt ich bin: Für mich ist es eine Freude, jeden Tag ein Türchen zu öffnen. Ich glaube, dass es anderen genauso geht. Gemeinsam mit anderen Frauen initiierte ich im letzten Jahr den Selbstliebe-Online-Adventskalender. Es war mir eine große Ehre und Freude, Frauen in der Vorweihnachtszeit durch den Bereich Selbstliebe begleiten zu dürfen. Ich wünsche uns allen sehr, dass wir immer wieder unseren inneren Raum der Selbstliebe in den Alltag integrieren.