Bestätigung Veterinäramt Afrikanische Schweinepest

in deutsch •  5 years ago 

Gesendet: Freitag, 25. Oktober 2019 um 09:46 Uhr
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An: pss2.....
Betreff: Tierseuchenbekämpfung; Bekämpfung der Afrikanische Schweinepest - Jagdpachtvertrag

HMUKLV Wiesbaden, 25. Oktober 2019

V 4 19 b 26 42 02

Tierseuchenbekämpfung; Bekämpfung der Afrikanischen Schweinepest (ASP)

Ihr Mailanfrage vom 23.10.2019

Sehr geehrter Herr Saar,

als Jagdgenossenschaftsmitglied fragen Sie an, ob durch die gesetzliche Änderungen der Schweinepestverordnung dies Auswirkungen auf die mit einem Jagdpachtvertrag verbundenen Verpflichtungen haben und in wie weit Jagdrecht hiervon berührt sind.

In Einvernehmen mit der Obersten Jagdbehörde meines Hauses teile ich hierzu folgendes mit:

Ihr Anfrage bezieht sich auf die Änderungen der Schweinepestverordnung durch die Erste Verordnung zur Änderung der Schweinepest-VO vom 20. Dezember 2018, (BGBl. I Nr. 47 S. 2595), diese war Gegenstand der Bundesratsdrucksache 556/18, auf die Sie sich offenbar beziehen.
Insbesondere sind hierbei der § 14d Abs.5 b und Abs. 6 bedeutsam. Darin wird der zuständigen Veterinärbehörde die Befugnis gegeben, - soweit es aus Gründen der Tierseuchenbekämpfung im gefährdeten Gebiet erforderlich ist, den Jagdausübungsberechtigten zur Suche nach verendeten Wildschweinen zu verpflichten. Ist eine unverzügliche und wirksame Suche durch den Jagdausübungsberechtigten nicht sichergestellt, hat dieser eine solche Suche durch andere Personen zu dulden und bei einer solchen Suche mitzuwirken. § 14a Absatz 8, 9 und 10 gilt für das gefährdete Gebiet entsprechend. Nach Abs. 6 gilt, dass wenn eine unverzügliche und wirksame verstärkte Bejagung durch den Jagdausübungsberechtigten nach den der zuständigen Behörde vorliegenden Erkenntnissen nicht hinreichend sichergestellt werden kann, obwohl eine Anordnung nach Satz 1 in Verbindung mit § 14a Absatz 8 Nummer 1 getroffen worden ist, die zuständige Veterinärbehörde Behörde das Recht hat, im gefährdeten Gebiet die Bejagung durch andere Personen als den Jagdausübungsberechtigten vornehmen zu lassen. In diesem Fall ist der Jagdausübungsberechtigte verpflichtet, die Bejagung durch diese Personen zu dulden und die erforderliche Hilfe zu leisten.
Die Möglichkeiten der Anordnungen beziehen sich auf § 6 Abs. 1 Nr. 28, 28 a, 28 b und 28c des Gesetzes zur Vorbeugung vor und Bekämpfung von Tierseuchen (Tiergesundheitsgesetz - TierGesG) (BGBl. I Nr. 39 vom 27. November 2018, S. 1939), die durch die Schweinepest-Verordnung umgesetzt werden.
Es handelt sich im Einzelnen um die Anordnung der verstärkten Bejagung oder Verbote oder Beschränkungen der Jagd (im Sinne der Verordnungsermächtigung nach § 6 Abs. 1 Nr. 28), die Suche nach verendeten wildlebenden Tieren an Örtlichkeiten oder in Gebieten, an oder in denen sich seuchenkranke, verdächtige oder empfängliche Tiere aufhalten oder aufgehalten haben, einschließlich ihrer Duldung (im Sinne der Verordnungsermächtigung nach § 6 Abs. 1 Nr. 28a), Anordnung des Verbots oder die Beschränkung der Nutzung landwirtschaftlicher oder forstwirtschaftlicher Flächen an Örtlichkeiten oder in Gebieten, an oder in denen sich seuchenkranke oder verdächtige Tiere aufhalten (im Sinne der Verordnungsermächtigung nach § 6 Abs. 1 Nr. 28b) sowie das Anlegen von Jagdschneisen (im Sinne der Verordnungsermächtigung nach § 6 Abs. 1 Nr. 28 c).
Es sind Möglichkeiten der zuständigen Veterinärbehörde im Falle des Ausbruchs des ASP bei Wildschweinen im Rahmen der Tierseuchenbekämpfung strategische Bekämpfungsmaßnahmen im Einzelfall anzuordnen. Dies stellt somit den "Handwerkskasten" der lokalen Veterinärbehörde dar, die von diesen Möglichkeiten Gebrauch machen kann. Es stellt aber keine Verpflichtung dar ist und muss in jedem Einzelfall - je nach Sachlage strategisch entschieden werden.

Dies alles hat mit einem Jagdpachtvertrag und dem eigentlichen Jagdrecht nichts zu tun. Vielmehr handelt es sich um reines Tierseuchenrecht.

Es gilt hierbei anzumerken, dass sowohl im Fall der verstärkten Bejagung als auch im Fall der Suche nach Kadavern die Verpflichtung nicht vollständig auf den Jagdausübungsberechtigten abgewälzt werden kann, sondern vielmehr die für die Seuchenbekämpfung zuständige Veterinärbehörde, wenn sie Erkenntnisse hat, dass dieser dem nicht nachkommen kann, selbst und in eigenem Auftrag Personen beauftragen, was der jeweilige Jagdsausübungsberechtigte zu dulden hat. Soweit der Jagdausübungsberechtigte selbst tätig wird, hat er für die Verpflichtungen nach Nr. 28 (§ 14 d Abs. 5 b) und 28 a (§ 14 d Abs. 6) i. S. von § 6 Abs. 9 Satz 1 TierGesG in Hessen einen Entschädigungsanspruch. Dort ist ausgeführt, dass der Jagdausübungsberechtigte, dem auf Grund einer Rechtsverordnung nach Absatz 1 Nummer 28 oder 28a oder auf Grund entsprechend angeordneter Maßnahmen ein erhöhter Aufwand entsteht oder dessen Jagdausübung verboten oder beschränkt wird, ihm für hierdurch entstehenden Aufwand oder Schaden angemessenen Ersatz nach den jeweiligen landesrechtlichen Vorschriften über die Inanspruchnahme als Nichtstörer verlangen kann. Nach hessischem Recht sind hierbei die §§ 64 und 65 des Hessisches Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung (HSOG) in der Fassung vom 14. Januar 2005 (GVBl. I S. 14), zuletzt geändert durch Art. 2 des Gesetzes zur Regelung des Rechts der Hilfen und Unterbringung bei psychischen Krankheiten vom 4. Mai 2017 (GVBl. S. 66) einschlägig. Zum Schadensausgleich verpflichtende Tatbestände sind demnach:
(1) Erleidet eine Person infolge einer rechtmäßigen Inanspruchnahme nach § 9 einen Schaden, so ist ihr ein angemessener Ausgleich zu gewähren. Das Gleiche gilt, wenn eine Person durch eine rechtswidrige Maßnahme der Gefahrenabwehr- oder der Polizeibehörden einen Schaden erleidet.
(2) Ein Ersatzanspruch besteht nicht, soweit die Maßnahme zum Schutz der Person oder des Vermögens der geschädigten Person getroffen worden ist.
(3) Der Ausgleich ist auch Personen zu gewähren, die mit Zustimmung der Gefahrenabwehr- oder der Polizeibehörden bei der Wahrnehmung von Aufgaben dieser Behörden freiwillig mitgewirkt oder Sachen zur Verfügung gestellt und dadurch einen Schaden erlitten haben.
(4) Weiter gehende Ersatzansprüche, insbesondere aus Amtspflichtverletzung, bleiben unberührt.
(1) Der Ausgleich nach § 64 wird grundsätzlich nur für Vermögensschaden gewährt. Für entgangenen Gewinn, der über den Ausfall des gewöhnlichen Verdienstes oder Nutzungsentgeltes hinausgeht, und für Nachteile, die nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Maßnahme der Gefahrenabwehr- oder der Polizeibehörde stehen, ist ein Ausgleich zu gewähren, wenn und soweit dies zur Abwendung unbilliger Härten geboten erscheint.
(2) Bei einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit oder bei einer Freiheitsentziehung ist auch der Schaden, der nicht Vermögensschaden ist, angemessen auszugleichen.

Zusammenfassend ist das Folgende festzustellen:
Zuständige Behörde beim Ausbruch der ASP ist die Veterinärbehörde des Landkreises und der kreisfreien Stadt. Diese Behörde hat umfassende Möglichkeiten der strategischen Tierseuchenbekämpfung und hat in jedem Einfall entsprechende Entscheidungen zu treffen.
Sämtliche Kosten hierzu, wie z.B. die Beseitigung von Kadavern, die Einrichtung und Betreibung von Sammelstellen und notwendige Personal- und Sachkosten gehen zu Lasten der anordnenden Behörde und sind nicht dem jeweiligen Jagdausübungsberechtigten aufzuerlegen. Der Entschädigungsanspruch richtet sich nach den Bestimmungen über die Entschädigung für den Nichtstörer nach hessischem Polizeirecht. Regelungen in Jagdpachtverträgen bleiben im Tierseuchenfall hiervon unberührt. Dies hat mit einem Pachtvertrag nichts zu tun, außer dass der Pächter durch den Vertrag zum potenziellen Adressaten einer solchen Verfügung werden kann. Ob eine Jagdgenossenschaft einen potzenziellen Pächter über diese Risiken aufklären muss, stelle ich anheim.
Im Grundsatz würde ich erwarten, dass jeder pachtfähige Jäger weiß, dass der Ausbruch der ASP droht und dass er dann Schwierigkeiten bekommen kann. Das könnte möglicherweise eher für Jagdgenossenschaften problematisch werden, wenn sie aufgrund dessen keine interessierten Jagdpächter finden. Zur Ausgestaltung von Jagdpachtverträgen bietet es sich an, privatrechtlichen Rat einzuholen um für alle Beteiligten für Rechtssicherheit in Pachtverträgen zu sorgen. Diese Aufgabe kann von hier aus nicht geleistet werden.

Ich hoffe Ihnen die notwendigen Informationen gegeben zu haben.

Mit freundlichen Grüßen

Im Auftrag,

Dr. Thomas Fröhlich

Hessisches Ministerium für Umwelt, Klimaschutz,
Landwirtschaft und Verbraucherschutz
Referatsleiter V 4
"Allgemeine Tierhygiene, Tierseuchenbekämpfung,
Tiergesundheitsdienste"

Mainzer Straße 80
65189 Wiesbaden
Tel.:+49 (0) 611 / 815 - 1450
Fax:+49 (0) 611 / 327 18 1499
E-mail: [email protected]mailto:[email protected]
Internet: www.umwelt.hessen.dehttp://www.umwelt.hessen.de/

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Oh je wenn unsere Vorfahren auch durch so einen Paragrafen und Verordnungsdschungel hätten stapfen müssen wir wären niemals erfunden worden ;)

Es lebe die Bürokratie und der Seuchenschutz !

Alles richtig gemacht, weiter viel Erfolg...

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Danke, habe mich auch beim Amt bedankt für die Bestätigung was ich wohl als einziger richtig erkannt habe! 😉🎉🤹‍♂️🎊😅

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Es gibt niemals eine Vertragsregelung im Jagdpachtvertrag die den Pächter komplett entlastet da das Jagdrecht keine Rolle spielt und wer der Jagdausübungsberechtigte ist hat die Aufgaben des Veterinäramtes umzusetzen und die Kosten zu tragen die Anfallen bei Suche und Entsorgung zur Verwahrstelle.