Woher kommt unserer unaufhaltbarer Konsum?

in deutsch •  6 years ago  (edited)

Quelle

Wir alle kennen folgende Situation: Nach einer harten Woche lockt es uns am Wochenende in das Kaufhaus. Wie ferngesteuert wandeln wir durch die einzelnen Geschäfte und unsere Einkaufstaschen füllen sich allmählich. Zuhause leeren wir die Taschen und stellen fest, dass wir die gekauften Dinge in Wahrheit gar nicht benötigt hätten. Wir verstauen sie in Kästen, um sie nie wieder anzusehen. Nach einigen Jahren werfen wir sie dann weg, weil wir Platz für wieder neue Dinge benötigen.

Mit dieser kurzen Geschichte möchte ich dich herzlich zu meinem heutigen Blog-Beitrag zum Thema nachhaltigen Konsum willkommen heißen. In den nachfolgenden Zeilen werde ich die Gründe aufzeigen, warum wir überhaupt konsumieren und wie beeinflussbar wir Menschen tatsächlich sind. Die im vorherigen Absatz dargestellte Geschichte ist eine perfekte Einleitung für die Frage: "Warum konsumieren wir?"

Der Konsum war vor einigen Jahrhunderten längst nicht so ausgeprägt, wie er es heute ist. Konsumgüter konnten sich nur die Adeligen und sehr reichen Könige leisten. Im 13. Jahrhundert hatte die Mittelschicht so wenig Einkommen, dass es gerade für das Überleben ausreichte. Außerdem galt damals, so wenig wie möglich zu konsumieren, da man durch das Anhäufen von Gütern die Seele verkaufte. Dieser stark von der Kirche geprägte Glaubenssatz änderte sich im 15. und 16. Jahrhundert dramatisch, wodurch Konsum erstmals als etwas Positives definiert wurde.

Später verdiente auch die höhere Mittelschicht mehr, sodass sich nun auch Rechtsanwälte, Zahnärzte und Händler vereinzelt Konsumgüter leisten konnten. Erst während der industriellen Revolution wurden Konsumgüter der breiten Masse zugänglich, da die Industrialisierung zum einen für ein höheres Einkommen auch bei der niedrigeren Bevölkerungsschichten sorgte und zum anderen Konsumgüter in Serie produziert werden konnten.

Heutzutage ist man es gewohnt, am Vormittag shoppen zu gehen, sich dabei in drei unterschiedlichen Kaffeehäusern mit Freunden zu treffen, zu Mittag fein in einem Restaurant zu essen, am Nachmittag zu Kollegen aufs Land zu fahren, danach noch schnell sein Kind wohinzubringen und am Abend noch den nächsten Urlaub zu buchen. In unserer hektischen Zeit befinden wir uns wahrlich in einem Konsumrausch. Kein Wunder, dass der ökologische Fußabdruck eines durchschnittlichen Europäers alles andere als eine rosige Zukunft verspricht.

Zunächst konsumieren wir, damit wir unsere täglichen Grundbedürfnisse befriedigen können. Der Mensch ist praktisch dazu gezwungen, zu konsumieren. Täglich müssen wir verschiedenste Nahrungsmittel zu uns nehmen, genug drinken, duschen und die Toilette besuchen. Dies sind aber nur die elementarsten Bedürfnisse, die ein Mensch haben kann. Daneben gibt es zick tausende andere kleine Bedürfnisse, die jeden Tag vom freien Markt gestillt werden müssen und dazu zähle ich noch nicht einmal das neue Iphone.

Unsere Vorfahren waren stark von einem Mangeldenken geprägt. Bei den Jägern und Sammlern hieß es, so viel zu horten, wie nur irgendwie möglich. Gewissermaßen hat sich dieses Verhalten bis heute durchgeschlagen. Es wird immer mehr gekauft und immer weniger das Gekaufte konsumiert. Besonders stark fällt dies bei "Fast-Clothing" auf. Einige große Kleidungsproduzenten stellen ihre Kleidung nunmehr mit dem Bewusstsein her, dass sie einmal getragen und dann nach Jahren in den Müll geworfen wird.

Einige wollen der geplanten Obsoleszenz die Schuld in die Schuhe schieben. Dies allerdings erfolglos: Die Produkte werden in so kurzen Zeitabständen ausgetauscht, dass die fehlerhaften Teilchen, die nach 2 Jahren zu einem geplanten Versagen des Gerätes führen sollen, gar nicht mehr zum Zug kommen. Die Schuld trägt damit wieder der Konsument.

Andere widerrum bezeichnen die Marketingfirmen und deren Kampagnen als größte Umweltsünder, da diese ja die ahnungslosen Konsumenten zum Kauf von solcher Produkte verleiten, die sie eigentlich gar nicht benötigen. Nur wenige erkennen, dass die Konsumenten hier wieder nur einen Sündenbock suchen wollen, ohne dabei sich selbst in Betracht zu ziehen. Die freie Konsumentscheidung ist demnach nur eine Illusion.

Viele Menschen versuchen durch ihren unaufhaltbaren Konsum Glück im Leben zu finden, Ängste und Sorgen zu überdecken, aber scheinbar erfolglos. Das Stadium des Glücklichseins hält dabei nur kurz an, bis ein nächstes Konsumgut gekauft werden muss, um wieder einen kurzen Dopamin-Kick zu erhalten. Wir Menschen konsumieren unaufhörlich, ohne das uns die Folgen davon wirklich bewusst sind. Wollen wir weiterhin diesen Planeten am Leben erhalten, müssen wir unseren Konsumgürtel erheblich enger schnallen, auch wenn es in Zukunft damit etwas ungemütlich wird.



Sagt mir ruhig mal in die Kommentare, was ihr dazu denkt! ;-)

euer @infinitelearning
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Ich denke, das Konsumbedürfnis (im Extremfall Konsumrausch) hat folgende Gründe:

  1. Etwas zu kaufen bringt einen "Kick", auch neuronal (Dopamin wird ausgeschüttet), so wie früher ein Jagderfolg erzielt wurde. Man hatte etwas für sich eingefangen, die Neurotransmitterausschüttung war die Belohnung dafür, heute sind es halt materielle Produkte.
  2. Sinnfindung angesichts einer Sinnleere.
  3. Konkurrenzdenken: "Wenn der Nachbar XY hat, dann will ich mindestens auch so was haben". Auch stark bei Urlaubsreisen. Für manche ist es soo wichtig, bei den Kollegen angeben zu können, wo sie hinfahren.

Ich gehe in einen "Konsumtempel" nur, wenn ich konkret etwas brauche.
Falls ich etwas kaufen will, stelle ich mir vor dem Zücken der Geldbörse immer die Kontrollfrage: "Brauche ich das WIRKLICH?". Hat mir schon etliche € erspart :)

Ich bin betreffend deiner Punkte sehr ähnlicher Ansicht. Sehr viel spielt meiner Meinung nach das Konkurrenzdenken beim Konsumverhalten mit. Viele Menschen Leben nach dem Grundsatz: "Ich kaufe, also bin ich." - was natürlich alles andere als eine gesunde menschliche Psyche darstellt.

Dein Hinweis am Ende hat mich an einen Beitrag erinnert, den ich vor einigen Wochen gelesen hatte, worin es um sogenannte Frugalisten ging, die bewusst konsumieren. Haben sie ein konkretes Bedürnis entwickelt, warten sie 30 Tage ab. Stellen sie dann fest, dass sie das Gut noch immer benötigen, wird es gekauft. Meistens vergeht ihnen die Lust aber nach wenigen Tagen - weswegen die meisten Frugalisten mit ihrer Methode sich im wahrsten Sinne des Wortes reich sparen können.

Danke für deinen konstruktiven Kommentar! :)

Ja, wir sollten so viele Leute wie möglich aus der Konsumhamsterrad herauslösen. Aus diesem Kreislauf aus oft sinnentleerter Arbeit und Geldausgeben für sinnlose Produkte.

  ·  6 years ago (edited)

Nucleus Accumbens. Das Belohnungszentrum und somit auch Suchtzentrum ist voll von dopaminergen Verbindungen --> Nachfrage + Angebot! (marketing-optimiert durch angestellte Neurobiologen und Psychologen)

Enthaltsamkeit oder Nachhaltigkeit könnte man genauso sexy vermarkten. Unter Studenten ist es ja üblich sich aufzuwerten in dem man betont wie nachhaltig man ist. Produkte müssen nicht materiell sein aber scheinbar gibt es eine Präferenz.

Aber abgesehen von all unserer Wertung ist es, weil es so evolvierte. Es ist natürlich. Auch der chinesische Plastik Becher ist natürlich. Ebenso natürlich wie die Ameisen, welche Pilze kultivieren und Blattläuse farmen, denen sie sedierende Stoffe verabreichen und sogar die Flügel stutzen (wie wir es mit Mastvieh machen).

Es ist illusorisch, dass man das Natürliche bzw. Evolution (technische Evolution oder Evolution der Dinge im Allgemeinen aufhalten kann). Genauso illusorisch wie eine Welt ohne Aggression und Leid. Das sind supra additive Effekte die größer sind als wir und vor allem größer als der Einzelne oder auch hunderte von Einzelnen. *Heist natürlich nicht dass es nicht dazu kommen wird, dass wir gezwungen werden gewisse Dinge zu unterlassen, bzw. reguliert zu werden. Spätestens wenn die Kinder der einflussreicheren Knoten im System vor Microplastik aufplatzen

Ist es nicht auch so, dass der Konsum eine der stärksten Triebfedern für unsere Weiterentwicklung ist?

Ich meine, würden wir Menschen keinen Drang nach mehr materiellem, als wir gerade so zum Überleben brauchen hätten, dann wäre Weiterbildung, effizienteres Arbeiten ja gar nicht notwendig und wir würden stagnieren.

Sprich die Konsumsucht, nach materiellem und damit verbundener Anerkennung durch andere Menschen (weil die Konsum auch geil finden) ist doch der (stärkste) Grund warum wir überhaupt Arbeiten etc.

Von daher würde ich auch sagen, dass man diesen Drang gar nicht wirklich bekämpfen kann (und mMn auch gar nicht unbedingt sollte).

Wenn man großen beruflichen Erfolg haben will halte ich es sogar für notwendig eine starke Gier nach Reichtum zu entwickeln:D (warum sollte man sonst so hart und zielstrebig arbeiten)(abgesehen von persönlicher Weiterentwicklung die auch Antrieb ist)

Gibt ja richtige Geld Affirmationen, Autosuggestion um den Wunsch nach Geld zu stärken usw.

Wollen wir weiterhin diesen Planeten am Leben erhalten, müssen wir unseren Konsumgürtel erheblich enger schnallen, auch wenn es in Zukunft damit etwas ungemütlich wird.

Und die Welt wird sich dadurch natürlich verändern aber das ist unumgänglich. Würden wir das verhindern wollen dürften wir uns auch nicht mehr in diesem maße fortpflanzen usw. Durch unsere bloße Existenz wird die Welt ja verändert, was an sich in keinster Weise "schlecht" ist. Führt nur dazu, dass wir uns ebenfalls anpassen müssen (an neue Anforderungen), da die Veränderung der Welt wie gesagt unumgänglich ist (und natürlich, und außerdem wer will schon Stillstand:D)

Verschiedene Tiere sind schon immer ausgestorben. Dafür werden neue kommen, alte werden sich verändern müssen... auch das Klima hat sich schon oft verändert. Manche Gattungen kamen mit den Veränderungen nicht klar andere schon.

@urdreamscometrue Ja, kann deinem Kommentar vollkommen zustimmen. Der Haken an der ganzen Sache ist jedoch der, dass wir (meiner Meinung nach) nicht wirklich checken, dass wir gerade am eigenen Ast sägen, auf dem wir sitzen.

Ich habe für dieses Phänomen eine gute Metapher entwickelt:
Schauen wir nach links, sehen wir einen Menschen sitzen, schauen wir nach vorne, rechts und nach hinten, ebenso. Nur wenige Menschen sitzen am Bootsrand und erkennen, dass wir alle im selben Boot sitzen. Erst dann, wenn das Wasser in das Boot eindringt und unsere Füße nass werden, wird die Masse wach. Nur dann ist es zu spät.

Hey, ja da hast du wohl Recht. Das die Menscheit unseren Planeten verändert ist zwar unumgänglich und an sich nichts "schlechtes" aber wir müssen uns natürlich anpassen und überlegen, wie wir am besten weiterleben können.

Unser veränderter Lebensstil wird uns eben doch gefährlich (Ernährung, Bewegungsmangel und so weiter).

Unser Leben (Alltag) verändert sich gerade schneller, als unser Körper sich anpassen kann. Eine Art zu schneller Fortschritt:D

Aber Leben bedeutet eben Veränderung.

Und Veränderung ist unbedingt notwendig für eine Entwicklung und Fortschritt! ;-)

@lauch3d Das mit dem Mikroplastik ist natürlich eine schwierige Sache. Hab dazu vor ein paar Wochen einen Artikel von Wiener Forschern gelesen, die Mikroplastik erstmals im Menschen nachgewiesen haben. Vielleicht kommt dazu noch ein #de-stem Beitrag von mir, um das ganze zu erläutern. In der Tat ist es eine schwierige Abwägungsfrage, ob Evolution überhaupt nachhaltig möglich ist.

Der Trick ist auch am Wochenende zu arbeiten, dann kommt man gar nicht auf Konsumgedanken.

:-))

Denke das Konsumverhalten hängt auch davon ab, womit man sich identifiziert. Dinge die einem gehören, werden ein Teil von mir.
Man will es vielleicht nicht glauben, dennoch, als Beispiel, der Kratzer am Auto tut weh, so als hätte man selbst einen Kratzer abbekommen.
Ich vermute, wenn wir aufhören würden uns mit Dingen auf diese Art zu verbinden, bräuchten auch weniger Zeug um uns gut zu fühlen.

Interessanter Ansatz, nur wie schaffen wir das, was du im letzten Satz beschrieben hast? ;-)

Durch das bewußte Priorisieren vielleicht. Z.B. hatten wir ein rel. teures Sofa, wo wir die Panik bekamen, wenn mal ein Fleck drauf kam. Als dann unser erstes Kind da war, war es auf einmal völlig nebensächlich, was mit dem Sofa los war, Hauptsache unserer Kleinen ging es gut.

Vielleicht hilft es schon, etwas feinfühliger zu werden - ob man Dinge dazu benutzt, selbst besser da zu stehen. Hat man das auf dem Schirm, erübrigt sich vielleicht so mancher Kauf. Dann müssen es nicht unbedingt die besten Laufschuhe im Universum oder das aktuell weltbeste Handy sein.

Mal ehrlich - was interessiert den Menschen die uns nahe stehen, was wir so an Zeug haben. Denen ist das völlig egal. Wichtig ist einzig, dass wir da sind. Einfach weil man der ist, der man eben ist. Mehr braucht es nicht und mehr geht auch nicht.

Ist nur eine spontane Idee, den goldenen Schlüssel hab ich auch noch nicht gefunden.

Der Trick ist, Kryptowährungen zu seinem Konsumgut zu machen. Ich bin nicht süchtig nach Technik, Essen oder so etwas. Sondern süchtig nach Kryptos. So verliert man sein Geld nicht sondern wandelt es um.

Interessante Denkweise. Leider geben aber Kryptos (noch) kein Dach über den Kopf und man kann sie (noch) nicht essen. Allerdings, und da gebe ich dir recht, könnte man Kryptos als Statussymbol etablieren. Was das alles erfordert, mag ich gar nicht erahnen.

Du holst dir ja Konsumgüter erst, nachdem du die grundlegenden Dinge bereits hast.

Hi,

durch Zufall auf diesen hervorragenden Beitrag gestoßen.

Kann mich meinen Vorrednern nur anschließen. Es hat natürlich was mit dem Belohnungssystem zu tun, aber selbstverständlich auch mit der heutigen Welt wo die meisten Menschen keine wirklichen Werte mehr haben oder schaffen und deshalb irgendeine Ersatzbefriedigung suchen.

Ich will schon längst auch mal einen Beitrag zum Thema machen, aber komme irgendwie nie dazu. Mal schauen ob ich's bis zum Jahresende schaffe.

Bis dahin resteem ich einfach mal diesen hier und empfehle dir zum Abschluß noch den Autor und Hochschuldozenten Niko Paech.

Gib dem Konsumstress keine Chance

Beste Grüße

Chapper

Da gebe ich dir vollkommen recht. Vielen Dank für das Lob - würde mich freuen, vor Weihnachten noch deinen Aritkel zu lesen! :)

Liebe Grüße,
infinitelearning

Werd's versuchen!

Mal sehen wie konzentriert ich alles abhandeln kann, wobei es bei solchen kreativen Leistungen ja eher weniger auf das Abarbeiten, sondern vielmehr auf die Muse an. Und diese Muse zu kriegen ist denke ich viel schwieriger. Oft brauche ich 2 bis 3 Stunden Dudeldei bis es mich mal packt!

So ist es leider oder zum Glück (wie man will).

Viele Leute, die "nur" arbeiten verstehen dies oft nicht.

Na mal schauen wie sehr ich mich freischwimmen kann.

Gruß

Servus,

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