Die Delegitimierung des Staates wird zunehmend als Werkzeug verwendet, um legitime Kritik zu ersticken und jene zum Schweigen zu bringen, die berechtigte Fragen stellen. In dem Moment, in dem jegliche Opposition oder Skepsis gegenüber der Regierung oder ihren Institutionen als "Delegitimierung" gebrandmarkt wird, entsteht ein Klima der Unterdrückung, das gefährlich für die Demokratie ist. Denn in einer funktionierenden Demokratie muss der Staat ständig hinterfragt werden dürfen. Die Autorität eines Staates sollte nicht auf unantastbarem Respekt beruhen, sondern auf der ständigen Überprüfung durch seine Bürger.
In vielen Fällen wird der Vorwurf der Delegitimierung gegen Menschen erhoben, die einfach nur Kritik äußern – ob es nun um die Handhabung der Pandemiebekämpfung, den Umgang mit wirtschaftlichen Krisen oder außenpolitische Entscheidungen geht. Statt sich der Kritik zu stellen und auf die Sorgen der Bevölkerung einzugehen, reagieren Regierungen zunehmend mit dem Totschlagargument der Delegitimierung. Dabei wird oft jede Form von Opposition, die nicht in den gängigen politischen Rahmen passt, als feindlich oder subversiv abgetan.
Diese Strategie verfolgt das Ziel, Kritiker zu marginalisieren und ihre Positionen ins Abseits zu drängen. Wer als Staatsfeind gebrandmarkt wird, verliert schnell seine gesellschaftliche Legitimation, was zur Folge hat, dass legitime Diskurse über Fehlverhalten oder Missstände gar nicht erst zustande kommen. Besonders gefährlich wird dies, wenn Medien und politische Gegner in denselben Topf geworfen werden. Plötzlich steht nicht mehr die sachliche Auseinandersetzung mit Themen im Vordergrund, sondern die pauschale Abwehr von Kritik.
Besonders autoritäre Regierungen neigen dazu, jegliche kritische Stimme als Bedrohung ihrer Legitimität zu werten. Wenn der Staat nicht bereit ist, seine Entscheidungen zu reflektieren und sich konstruktiver Kritik zu stellen, wird er früher oder später in einen Zustand der Selbstherrlichkeit verfallen. Das hat fatale Folgen: Die Bürgerinnen und Bürger verlieren das Vertrauen in demokratische Prozesse, weil sie den Eindruck gewinnen, dass ihre Stimme nicht zählt. Sie werden nicht gehört, sondern als Bedrohung abgestempelt.
Ein weiteres Problem besteht darin, dass der Begriff der Delegitimierung oft missbräuchlich verwendet wird, um bestehende Machtverhältnisse zu zementieren. Es entsteht ein Paradox: Der Staat, der eigentlich der Garant für Freiheit und Demokratie sein sollte, nutzt seine Macht, um kritische Stimmen systematisch zu unterdrücken. In diesem Kontext wird die öffentliche Meinung manipuliert, und es entsteht der Eindruck, dass jede Kritik von innen oder außen eine Gefahr für die Stabilität des Staates sei.
Diese Dynamik erstickt jede echte Debatte und fördert ein Klima der Angst und Konformität. Diejenigen, die es wagen, den Staat in Frage zu stellen, werden diffamiert und isoliert. Doch eine Demokratie braucht die kritische Auseinandersetzung. Wenn der Staat sich dem entzieht, wird er zur bloßen Machtausübung, die ihre Legitimität nicht mehr durch das Volk, sondern durch Angst und Schweigen aufrechterhält.
Die Gefahr liegt darin, dass eine solche Strategie langfristig den Keim für echte Destabilisierung legt. Wenn der Raum für legitime Kritik immer enger wird, suchen die Menschen nach Alternativen, oft außerhalb der etablierten politischen Kanäle. Radikale Bewegungen, die sich von staatlichen Strukturen völlig abwenden, gewinnen an Zulauf. Anstatt also durch den Vorwurf der Delegitimierung Stabilität zu schaffen, erreichen Regierungen oft das Gegenteil: Sie tragen selbst zur Erosion des gesellschaftlichen Zusammenhalts bei.
Delegitimierung wird damit nicht nur als Vorwurf gegen extreme Positionen verwendet, sondern gegen jeden, der das System herausfordert. Doch gerade diese Herausforderung ist es, die eine Demokratie am Leben hält. Es ist gefährlich, Kritik als bloßen Akt der Untergrabung zu interpretieren, anstatt sie als notwendigen Teil des politischen Prozesses zu akzeptieren. Der Vorwurf der Delegitimierung sollte nicht dazu benutzt werden, um Menschen zum Schweigen zu bringen – er sollte vielmehr als Weckruf dienen, um zu hinterfragen, warum so viele Menschen das Vertrauen in staatliche Institutionen verlieren.
Quelle Screenshot: https://www.kas.de/de/web/extremismus/verfassungsschutzrelevante-delegitimierung-des-staates