Das Ende einer guten Sache?

in deutsch •  last year  (edited)

Isabella Klais / Aufbruch - Wir für Deutschland!

Engagement auf zivilgesellschaftlicher Ebene gerät immer mehr in Konflikt mit der Demokratie. Minderheiten versuchen, ihre Ziele, für die sie im demokratischen Wettstreit keine Mehrheit erzielen können, ohne demokratische Legitimation mit Gewalt durchzusetzen.

Zivilgesellschaftliche Initiative muß nicht per se dem Mehrheitswillen entgegenstehen, denn sie kann für sich den Vorteil der schnellen Reaktion auf Mißstände oder erkannte Notwendigkeit verbuchen, wo die Herbeiführung von zeitraubenden Mehrheitsentscheiden zu schwerfällig, und das Ziel bei weiterem Zuwarten nicht mehr umzusetzen wäre.
Solche Konstellationen treten typischerweise im Umweltbereich und beim Denkmalschutz auf, wo es oftmals die Schaffung vollendeter Tatsachen zu verhindern gilt. Hier wurde auf diese Weise in der Vergangenheit schon sehr Wertvolles geleistet, wofür man später dankbar war.

Dieser konstruktive und richtige Ansatz wird jedoch immer häufiger mißbraucht, um vollendete Tatsachen zu schaffen, deren Kosten und sonstige Folgen der dazu nicht befragten Allgemeinheit, deren entgegenstehender Wille oftmals sogar bekannt ist, aufgezwungen werden.
Dies kam am deutlichsten durch die Bahnhofsklatscher und den gesamten Gutmenschen-Sumpf im Rahmen der Umvolkungsaktion des Kasner-Regimes zum Ausdruck und setzt sich mit den Klimaklebern fort.

Demokratie braucht nicht immer zum Besten einer Nation zu sein, wenn die Masse sich (noch) nicht auf der Höhe der Erkenntnis befindet. Dies kommt im Zeitalter der medialen Desinformation und bewußten Irreführung leider allzu oft vor. Bisweilen aber liegen auch Bequemlichkeit, Apathie oder Egoismen dem falschen Beharrungsvermögen der Gesellschaft zu Grunde. Dann wäre es durchaus zum Besten aller, ginge eine aufgeklärte und einsichtige echte Elite in Führerschaft voran. Dies bekämpfte Idiokratien und Ochlokratien, wie man sie derzeit antrifft.
Dieser Ansatz ist nicht ungefährlich, da mißbrauchsanfällig. Er kann und darf ohnehin nur für eine Übergangszeit gelten. Er ist in Zeiten und unter despotischen Verhältnissen wie diesen die einzige Möglichkeit, kurz vor dem Abgrund eine Wende herbeizuführen unter Ausschaltung debiler und verbrecherischer Elemente, die eine Anscheinsdemokratie inszenieren mit dem Mißbrauch der Institute und Institutionen, von Rechtsstaat und Demokratie.

Anlage 1

RT-DE
vom 26. Juni 2023

Die Rolle der NGOs – oder wie die simulierte Demokratie die reale erdrückt

Mittlerweile hat man in Deutschland das Gefühl, Politik und öffentliche Meinung wären eine Art Waschmaschinenprogramm. Irgendjemand drückt auf den Knopf, und dann wird eingeseift, gespült und geschleudert, und bei Bedarf geht es in die nächste Runde.

von Dagmar Henn

Warum verbietet Russland den WWF? Warum werden in Deutschland die Klimakleber so viel freundlicher behandelt, als es einst gegenüber jenen üblich war, die Atomwaffenlager blockierten? Und wie kommt es dazu, dass sich inzwischen die politischen Interessen der Reichen vollständig durchsetzen?

Diese Themen hängen alle zusammen, und sie haben mit dem Stichwort NGO (Nichtregierungsorganisation) zu tun. Und auch mit einer Entkernung demokratischer Prozesse, die inzwischen auf hohen Touren läuft, mit einem eingebauten Selbstverstärker.

Dabei muss man zugeben, Demokratie ist langweilig und anstrengend. Sie macht vor allem jenen, die demokratische Entscheidungen vorbereiten, viel Arbeit. Es ist nicht nur im Bundestag so, dass man für einen Beschluss über einen Antrag eine schriftliche Vorlage braucht, damit man den Inhalt wirklich diskutieren kann; diese Vorlage sollte auch nicht erst auf einer Versammlung zugehen. Wenn sich mehr als fünf Leute versammeln, muss außerdem ein Raum organisiert werden, ab fünfzig eine Lautsprecheranlage, und in jeder Form von Partei oder auch nur Verein braucht es Protokolle, Konten, und zuletzt – Geld. Das alles wird aufgewandt, damit Menschen eine Stellung zu Themen beziehen, die sie unter Umständen nicht wirklich interessieren. Oder Kandidaten aufstellen, die ohnehin keine Chance haben.

Das klingt schon furchtbar. Aber Demokratie, gleich wo, hat eine Voraussetzung: Information – und eine zweite: Zeit. Wie demokratisch eine Versammlung ist, lässt sich unter anderem an der Redezeit erkennen, die jedem Teilnehmer einer Debatte zugestanden wird. Bundesparteitage parlamentarischer Parteien liegen meist bei drei Minuten. Das bedeutet, völlig neue Fragen kann man gar nicht aufwerfen, weil die Zeit nicht reicht, selbst wenn man es schon geschafft hat, delegiert zu werden und dann auch noch das Wort erteilt zu bekommen.

Also kann man das ganze nervende Zeug doch einfach lassen, oder? Nein, kann man nicht. Denn wenn gesellschaftliche, wirtschaftliche Macht ungleich verteilt ist, haben die Unteren nur einen Joker – ihre schiere Zahl. Damit diese Zahl wirksam werden kann, brauchen sie Organisation. Und damit diese Organisation weder von den Eigeninteressen eventueller Hauptamtlicher noch von außen manipuliert werden kann, und damit sie über Handlungsfähigkeit politische Wirksamkeit entfalten kann, braucht sie viel Demokratie; denn es geht um eine Zusammenarbeit von Gleichen, nicht um eine Kommandostruktur wie in Betrieben und beim Militär.

Man kann es unschwer erkennen: Als Gegenpol zu diesen Mühen braucht es auch Erfolge. Die dauern normalerweise; hinter der Einführung eines Sozialtickets in München steckten drei Jahre politischer Arbeit, und das ist eine kleine Frage auf der untersten politischen Ebene.

Und da kommen nun die NGOs ins Spiel. Als Greenpeace, gewissermaßen der Eisbrecher dieser Variante in Deutschland, die ersten Schlagzeilen mit seinen Aktionen machte, erzeugte das große Bewunderung, durch die schnelle Bekanntheit und auch durch die Kühnheit der Aktionen. Jeder, der sich durch das demokratische Prozedere quälte, erblasste vor Neid. Aber erst nach einigen Jahren, die man in dieser mühsamen demokratischen Welt verbracht hat, kann man erkennen, dass es für Erfolge wie die von Greenpeace drei Dinge braucht: professionelle Planung, die auf diesem Niveau nur funktioniert, wenn die Planer davon auch leben können, also bezahlt werden; viel Geld, um alles erforderliche Material zu haben; und dann noch Sympathien in der Medienlandschaft, wobei egal ist, ob die echt oder erkauft sind.

Demokratische Strukturen? Wehrt man damit ab, dass diese der nötigen Geheimhaltung für solche Aktionen im Weg stünden. Und schon verrutschen die Erwartungen für das Verhältnis zwischen Aufwand und Wirkung, und die langweiligen Sitzungen werden noch etwas langweiliger. Denn eigentlich wäre man doch auch gerne auf den bunten Fotos von den kühnen Aktionen.

Aktionen, die Aufmerksamkeit erregten, gab es schon wesentlich früher. Man denke an Manolis Glezos, der im besetzten Athen 1941 auf der Akropolis die Hakenkreuzfahne herunterriss. Oder die Jugendlichen, die 1950 Helgoland besetzten, das von den Briten als Bombenübungsgelände genutzt wurde. Aber hinter diesen sichtbaren Handlungen standen immer ganze Organisationen. Das Symbol hatte einen sozialen Inhalt.

Organisationen wie Greenpeace tauchten auf, ohne einen solchen Inhalt zu besitzen. Man durfte Geld spenden, später eine Zeitung abonnieren, aber nicht mitentscheiden oder mitmachen. Ein klassischer Verein, die Kernstruktur der gesellschaftlichen Organisation in Deutschland, bietet immer beide Optionen, unterschiedliche Formen der Beteiligung. Selbst Kirchen tun das in unterschiedlichem Ausmaß – man kann zu Weihnachten mal vorbeikommen, man kann aber auch im Gemeindevorstand arbeiten.

Nun gibt es für eine Wirksamkeit, die den eher langsamen und bescheidenen Durchschnitt übertrifft, nur zwei Möglichkeiten – entweder eine größere Zahl Menschen arbeitet sehr eng zusammen und verbringt überproportional viel Zeit mit der Sache, um die es geht; oder es gibt irgendwie viel Geld und es werden Menschen dafür bezahlt. Jeder, der so etwas schon einmal organisiert hat, konnte erkennen, dass der Maidan mit viel Geld aufgeblasen wurde; die Lautsprecheranlage war eines der Indizien dafür. Je weniger Menschen diese Kenntnisse haben, desto schwerer setzt sich solches Wissen allerdings in der Gesellschaft durch.

Die künstlichen Strukturen, die nur mit Geld aufgezogen werden, schaffen es leicht, ihre Anliegen in die Medien zu bringen. Viel leichter, als es wirklichen Organisationen von unten gelingt. Wenn die eigene Reichweite durch die Zahl der Flugblätter begrenzt ist, der Konkurrent um die politische Aufmerksamkeit aber in den Fernsehnachrichten landet, obwohl wesentlich weniger Menschen dahinter stehen, welche Auswirkungen hat das langfristig? Wenn die Aktionen, mit denen man Aufmerksamkeit suchen kann, durch den Mangel an Mitteln scharf begrenzt sind?

Es entmutigt viele, die überlegen, ob sie sich in irgendeiner Weise politisch einmischen wollen. Es schwächt die Ausdauer all jener, die es dennoch tun, ohne sich davon ihren Lebensunterhalt zu erwarten. Und es führt am Ende dazu, dass die Menge irgendwie gesellschaftlich engagierter Menschen immer weiter abnimmt. Vor allem bei unmittelbar politischen Themen.

Tatsächlich sind die großen Massenorganisationen inzwischen weitgehend tot. Die Gewerkschaften existieren nur noch durch ihre hauptamtliche Struktur, haben auf vielen Ebenen Schwierigkeiten, ihre ehrenamtlichen Positionen überhaupt noch zu besetzen, und begreifen sich daher inzwischen fast als Dienstleister, wie eine Art Versicherung für erträgliche Arbeitsverhältnisse. Der Zustand der Parteien ist nicht wesentlich besser. Vereine jedwelcher Art bekamen durch die Lockdowns den Todesstoß. Dafür machen Klimakleber Furore, die tun, als seien sie überparteilich, aber in Wirklichkeit den Grünen zuarbeiten, und die für ihre kriminellen Aktionen auch noch bezahlt werden.

Der Trick dabei ist, so zu tun, als wäre das Thema unpolitisch und beträfe alle. Würde man das mit den Problemen Alleinerziehender versuchen, es würde nicht gelingen; das sind eben die Probleme Alleinerziehender. Da ist es gelungen, alle sozialen Themen aufzuspalten, weil die Gesamtsicht, dass für das Wohl des Landes auch für das Wohl materiell benachteiligter Minderheiten gesorgt werden muss, schon wieder als national verpönt ist.

Man nehme, so der Trick, ein Thema, das als allumfassendes Gutes taugt, wie den Tierschutz oder seit einiger Zeit das Klima. Dann sorgen Kampagnen künstlicher Organisationen dafür, das Thema in der Gesellschaft zu setzen, bis es als das allumfassende Gute anerkannt ist. Und dann erst werden die konkreten Forderungen lanciert, die – wie beispielsweise die CO2-Abgabe – letztlich unmittelbar den Interessen von Kapitalanlegern dienen; zu diesem Zeitpunkt muss allerdings jeder, der versucht, dagegen anzutreten, sich erst einmal durch die Hirsebreimauer des "allumfassenden Guten" fressen. Wie kannst du nur gegen Klimaschutz sein? Gegen Tierschutz? Gegen Menschenrechte?

Dass die Organisationen selbst schon durch ihre Struktur toxisch sind, macht sich erst nach langer Zeit bemerkbar. Und da ist ein Kreislauf, der sich selbst stetig verstärkt. Demokratie ist nämlich nicht nur mühsam, man muss sie lernen. Man muss erlebt haben, dass jemand völlig anderer Meinung und trotzdem sogar ein guter Freund sein kann. Man muss erlebt haben, wie groß der Abstand zwischen Wort und Tat ist. Tat in diesem Sinne bedeutet, tatsächlich eine größere Menge Menschen in Bewegung zu versetzen.

Dass völlig symbolische Handlungen inzwischen politisch wirksam sind, wenn sie den "richtigen" Interessen dienen, hat auch zur Folge, dass das Wort und die Tat gleichgesetzt werden. Ohne die grundlegende soziale Erfahrung führt das dann zur Entstehung dieser Blasen, im weiteren Verlauf dann zur Sortierung des sozialen Umfelds nach Aussagen, dann zu Redeverboten. An dem Punkt sind wir mittlerweile angekommen, und die verschiedenen Spielarten des "allumfassenden Guten", die über die Jahre hinweg ins Spiel gebracht wurden, haben geradezu einen Reflex geschaffen, die künstliche Bewegung für echter zu halten als die echte.

Corona war ein Beispiel. Früher waren große Demonstrationen immer ein Beleg dafür, dass sich nennenswerte Teile der Gesellschaft an einem gewissen Punkt einig waren. Bei der großen Demonstration im Bonner Hofgarten beispielsweise, gegen die Pershing-Raketen. Inzwischen gibt es zwei Sorten von Demonstrationen: Die einen, die mit an der Szenerie der künstlichen Organisationen hängen – wie etwa "Unteilbar" – sind mit einem vorgegebenen entleerten Thema versehen, das man nur noch schlucken oder lassen kann; nicht einmal die Spitzen beteiligter Organisationen dürfen noch mitentscheiden. Oder es ist gleich völlig synthetisch, wie Fridays For Future. Die anderen entstehen amorph, wie die Corona-Proteste, erreichen sogar beträchtliche Größe, werden aber schlicht über die Redeverbote dämonisiert oder gleich ganz verschwiegen. Zu einer wirklichen Organisation kann es in den meisten Fällen gar nicht mehr kommen.

Die Kombination aus Redeverboten, künstlich finanzierter politischer Landschaft und kontrollierten Medien hat zwei Effekte – zum einen werden die auch in der inneren Verfasstheit demokratischen Strukturen weiter geschwächt, was zuallererst die Durchsetzbarkeit der Interessen des ärmeren Teils der Gesellschaft zusätzlich verringert; und zum anderen können diese künstlichen Strukturen von ihren Geldgebern als zusätzliche Lobbykanäle genutzt werden. Bei Bedarf entsteht so ein geschlossener Kreislauf – eine "Bewegung" setzt ein Thema, ein über eine Stiftung finanzierter Lehrstuhl oder ein Institut oder gar mehrere Institute stützen das Ganze, die entsprechend geneigten, eben ihren Eigentümern verpflichteten Medien greifen das auf, und schon wirkt jeder, der nicht mitmacht, wie ein komischer Außenseiter, wenn nicht gar eine hoffnungslos rückständige Gestalt.

Man kann natürlich, und sei es erst an dem Punkt, wo die Forderungen konkret werden, nachweisen, welchen Interessen das Drama dient. Die konkrete Gestalt, die das Thema "Klimaschutz" annimmt, liefert international Entwicklungshindernisse und Schutzzölle gegen arme Länder, eine Steigerung ihrer Erpressbarkeit durch Aushungern, Zwang zur Annahme Abhängigkeit erzeugender Kredite für erneuerbare Energien, und zuletzt externe Kontrolle; im Inneren sind diese Hindernisse ein ungeheurer Angriff auf den Lebensstandard der einfachen Bürger, die bekanntlich weder heizen noch Fleisch essen noch in den Urlaub fahren sollen (wobei alle Strukturen, die an diesem Punkt Widerstand leisten müssten, längst übernommen sind, wie die meisten Gewerkschaften). Hätte man dieses Paket am Anfang auf den Tisch gelegt, als das Thema erst gesetzt wurde, es hätte schnell Widerstand erzeugt. Jetzt steht davor die Mauer aus Hirsebrei, das "allumfassend Gute".

Welche Möglichkeiten gibt es, eine solche Entwicklung zu verhindern? Im Grunde nur eine: Jede Organisation, jeder Verein, jede Partei muss im Inneren demokratisch verfasst sein, und eine Finanzierung politischer Tätigkeit, und sei es auch für das "allumfassend Gute" durch Großspenden ist verboten. Aus dem Ausland betriebene Organisationen müssen das offenlegen (ja, auch Greenpeace gehört dazu, oder der WWF), und wenn sie versuchen, politischen Einfluss auszuüben, der disproportional zur Zahl der beteiligten (sprich in dieser Organisation stimmberechtigten) Menschen ist, werden sie verboten.

Das klingt radikal. Aber es ist unmöglich, die reale Demokratie, in all ihrer majestätischen Trägheit, ihrer mühsamen Egalität, zu bewahren, wenn Strukturen die Landschaft bestimmen, die durch Talmi entmündigen und durch die Hintertür den ganz materiellen Interessen kleiner Eliten dienen.

https://rtde.site/meinung/173365-wie-simulierte-reale-demokratie-erdrueckt/

Anlage 2

RT-DE
vom 19. Juni 2021

Wie man Demokratie verhindert: Ein paar Worte über NGOs

Nichtregierungsorganisationen oder NGOs wurden im politischen Leben auch bei uns in den letzten Jahrzehnten immer wichtiger. Aber ist das wirklich ein Gewinn an Demokratie, wie das vor allem behauptet wird, wenn es irgendwo Auseinandersetzungen um NGOs gibt, oder eher das Gegenteil?

von Dagmar Henn

Irgendwie gelten sie als die Guten: die NGOs, oder Nicht-Regierungsorganisationen, wie man auf Deutsch sagt. Darum lässt es sich auch leicht skandalisieren, wenn irgendwo ihre Tätigkeit eingeschränkt wird. Allerdings finden sich unter diesem Etikett völlig verschiedene Organisationen, und während bei klassischen Vereinen und Verbänden relativ klar ist, wer dahinter steht und wessen Interessen vertreten werden, ist das bei vielen NGOs nicht so leicht zu erkennen. Auffällig ist allerdings, dass im Verlauf der letzten Jahrzehnte Organisationen, die von Großspendern abhängig sind oder gleich direkt von ihnen betrieben werden, immer mehr Einfluss gewinnen.

Der Begriff besagt oft nicht einmal das, was er besagen soll. Die Auslandsstiftungen der deutschen Parteien gelten im Ausland auch als NGOs, obwohl ihre Mittel vollständig vom Auswärtigen Amt stammen. Auch wenn man die Strukturen betrachtet, die im Verlauf der letzten Jahre beispielsweise mit der Internetzensur beauftragt wurden, wie Correctiv, handelt es sich dabei um vorwiegend staatlich finanzierte Akteure; und in den Fällen, in denen staatliche Mittel keine Rolle spielen, treten an deren Stelle Großspenden. Für die Spender hat das einen doppelten Nutzen – zum einen können sie ihre Spenden steuermindernd geltend machen, zum anderen können sie die betreffenden Organisationen letztlich in ihrem eigenen Interesse einsetzen.

Als der Begriff NGO aufkam, ging es unter anderem um die Einbindung von realen Organisationen realer Menschen wie z. B. von Gewerkschaften, Berufs- oder Frauenverbänden in die Debatten innerhalb der Vereinten Nationen, die ja grundsätzlich aus Regierungen bestehen. Damals war das eine nötige und sinnvolle Erweiterung, die es ermöglichte, soziale und soziokulturelle Entwicklungen früher aufzugreifen. Schließlich umfasst die Menschenrechtscharta der UN nicht nur politische, sondern auch soziale Menschenrechte.

Innerhalb der BRD galt dieser Begriff bis in die 1980er Jahre schlicht für die vorhandenen Vereine und Verbände. Sie wurden üblicherweise von jenen finanziert, deren Interessen sie vertraten. Der Regelfall war tatsächlich eine demokratische Binnenstruktur, bei der sich eventuell vorhandene hauptamtliche Apparate den inhaltlichen Entscheidungen der ehrenamtlichen Führung unterzuordnen hatten, zumindest in der Theorie. Eine Vorgabe, die so auch für die Parteien gilt, die juristisch in Deutschland eine Sonderform des Vereins sind.

Der Wellenbrecher für die Etablierung des Mythos der NGO als einer neuen Form des Guten war Greenpeace. Die Aktionen, die die Organisation bekannt machten, waren spektakulär und erzielten ein – im Verhältnis zum Aufwand – ungeheures Medienecho. Jeder Verein, der sich jahrelang zu seinem Thema abmühte, wurde da blass vor Neid. Greenpeace schien gerade für die Jüngeren das Versprechen, Themen schneller auf die Tagesordnung setzen zu können, als das durch die bekannten demokratischen Strukturen der vorhandenen Verbände möglich war, die wesentlich langsamer auf Veränderungen reagierten.

Diese Langsamkeit war allerdings eine Folge der demokratischen Struktur, und die Schnelligkeit und Effizienz, die Greenpeace ausstrahlte, eine Folge dessen, dass diese Organisation nur sehr begrenzt als demokratisch betrachtet werden kann.

Demokratische Entscheidungen sind, das kann jeder bestätigen, der zumindest schon einmal in einem Verein aktiv war, naturgemäß langsam. Solange die Struktur tatsächlich demokratisches Leben aufweist, die Mitglieder also aktiv inhaltlich mitbestimmen wollen, muss überzeugt werden, bis eine Mehrheit eine Position unterstützt. Im Gegensatz dazu können zentral gelenkte Organisationen sehr schnell bestimmte Entscheidungen treffen und umsetzen. Allerdings funktioniert das für gesellschaftliche Prozesse nicht, in denen unterschiedliche Interessen aufeinanderstoßen, und in denen sich Einstellungen in der Breite verändern müssen, um bestimmte Veränderungen zu erreichen.

In der Praxis ist jede Organisation gezwungen, eine Balance zwischen Demokratie und Effizienz zu finden. Dass gerade in den 1980er Jahren der Glaube an die Effizienz ohne Demokratie in der BRD so um sich greifen konnte, hatte zwei Gründe. Der eine war die beginnende neoliberale Seelenmassage, die – klar im Interesse der großen Konzerne, die ja völlig demokratiefreie Zonen sind – die Vorstellung verbreitete, privat sei immer besser als öffentlich, wegen der höheren Effizienz. Der andere war die Erfahrung der Protagonisten der 68er Revolte, mit ihren Vorstellungen von Veränderung geradewegs gegen die Wand gelaufen zu sein.

Eine zentralistische Organisation, die keine demokratischen Prozesse beachten muss, lässt sich natürlich auch leichter an die Vorgaben einer Medienlandschaft anpassen, die von PR beherrscht wird. Was getan wird, und wie es getan wird, ist nicht mehr Ausdruck der Bedürfnisse der Beteiligten, sondern wird von der möglichst großen medialen Reichweite bestimmt. Die spektakulären Aktionen, die Greenpeace so viel Bewunderung eintrugen, waren eine Mischung aus Kommandoaktion und Werbekampagne, deren Ziel mindestens ebenso sehr in der Erzeugung von Spendenbereitschaft lag wie in der Vermittlung einer inhaltlichen Botschaft.

Die Spender sind bei Greenpeace und anderen Organisationen, die einem ähnlichen Muster folgen, völlig von den Entscheidungen abgekoppelt. Sie dürfen sich zwar so fühlen, als hätten sie etwas Gutes getan, aber die Definition, worin dieses Gute besteht, entzieht sich ihrem Einfluss. Letztlich wird damit die eigentlich auch mit der Spende angestrebte politische Handlung eingedampft auf eine Kaufentscheidung und an die Stelle der Teilnahme an politischen Prozessen tritt eine Wahl zwischen zu konsumierenden Produkten.

Traditionelle Organisationsformen wie etwa die Gewerkschaften gingen davon aus, dass die Mitglieder nicht nur Finanzquelle, sondern ebenso Handelnde und Entscheidende sind. So sieht es auch das deutsche Vereinsrecht vor; weshalb man bei den neuen Formen der NGOs oft zwei Vereine findet; einen kleinen mit handverlesener Mitgliedschaft, der in sich demokratisch ist und die Entscheidungen trifft, und einen großen, einen Förderverein, der die Gelder einsammelt und dessen Mitglieder keinerlei Mitbestimmungsrechte haben.

(Wer ein Beispiel für diese Organisationsform sehen will, kann das auf der Webseite von Campact tun. Der eigentliche Verein, der die politische Richtung bestimmt, hat ganze zwölf Mitglieder... das Fußvolk darf spenden und die Kampagnen ausführen.)

Die Erfolge, die das Modell Werbekampagne mit angeschlossener Spendenbüchse dabei erzielte, politische Themen zu setzen, führten dazu, dass sich auch in den Gewerkschaften und Parteien die Vorstellung der "Kampagnenfähigkeit" verbreitete; oft schlicht, weil es schwerer wurde, mit traditionell formulierten politischen Themen in der Öffentlichkeit durchzudringen. Der Preis dafür bestand in einem Verlust an innerer Demokratie und einer Verstärkung der Spaltung zwischen Berufspolitikern mit ihrem Apparat und Mitgliedern, die teils inzwischen bereits daran gewöhnt waren, Spenden und die Durchführung vorgegebener Werbemaßnahmen mit politischer Aktivität zu verwechseln.

Das waren jetzt nur die Folgen der Entstehung der ersten Generation von neuen NGOs. Inzwischen hat man es bereits mit einer zweiten Generation zu tun, die das undemokratische Modell fortführt, aber zusätzlich noch Großspender ins Spiel bringt (wie z. B. Human Rights Watch). In manchen Fällen (wie bei Amnesty International) ist eine solche NGO der ersten Generation mittlerweile zusätzlich noch in den Sog der Großspender geraten. Es ist auch wesentlich leichter, eine Organisation unter Kontrolle zu bringen oder zu korrumpieren, die nur eine Handvoll Mitglieder umfasst; bei Hunderttausenden wird das bedeutend schwerer.

Eine solche NGO der zweiten Generation legt nicht einmal mehr Wert auf einen Förderverein und dessen Mitglieder, da der Finanzbedarf für den hauptamtlichen Apparat bereits durch die Großspender gedeckt ist. Die Entscheidung, für welche Themen sie sich einsetzt, welche Aussagen sie macht, liegt logischerweise letztlich bei diesem (oder diesen) Großspendern. Vor der Erfindung der Kategorie NGO und ihrer Glorifizierung durch Greenpeace etc. wären solche Strukturen sogleich als Lobbyorganisationen für eben diese Großspender klassifiziert worden. Inzwischen werden sie aber behandelt, als hätten sie die gleiche politische Legitimität wie Gewerkschaften und ähnliche Mitgliedsorganisationen. Schlimmer noch – ihre Glaubwürdigkeit wird höher eingeschätzt als jene der Parteien, die zumindest ein Grundmaß an innerer Demokratie gehalten haben.

Wenn nun unterschiedliche NGOs, die alle am Tropf, sagen wir mal, einer Open Society Foundation des George Soros hängen, gemeinsam handeln, erweckt das den Anschein eines breiten gesellschaftlichen Bündnisses, ohne dass real mehr vorhanden ist als einige Hauptamtliche und ein paar volle Konten. Im Gegensatz zu wirklichen politischen Bündnissen, in denen die Verhandlungen über die Grundlagen, über Aufrufe und Aktionen immer kompliziert, mühsam und langwierig sind, können sich diese Apparate auf einen kleinen Hinweis der Spendengeber hin leicht verständigen. Die Simulation von Politik ist leichter zu haben als das wirkliche Ding.

Das, was in der "naturwüchsigen", tatsächlich demokratischen Variante der Erfahrung und Kooperation hunderter ehrenamtlich aktiver Personen bedarf, wie die Organisation einer bundesweiten Demonstration, kann von diesen mit viel Geld versehenen Hauptamtlichenapparaten im Dienste von Oligarchen geradezu aus dem Ärmel geschüttelt werden. Die Finanzierung großer Bühnen, von Sonderzügen und Bussen, die Produktion von Flugblättern, Webseiten und Transparenten, die erforderliche Pressearbeit, alles kein Problem. Nur wirkliche Bürger, also politisch engagierte ganz gewöhnliche Menschen, wird man in diesen Zusammenhängen nicht finden.

Im Angloamerikanischen gibt es dafür den schönen Begriff "Astroturfing". Astroturf ist die Markenbezeichnung des größten Kunstrasenherstellers. Der Kunstrasen wurde zum Bild für künstlich erzeugte Bewegungen, weil der Begriff für von Mitgliedern aufgebaute Organisationen "grassroots organisation", Graswurzelorganisation ist. Gräser wachsen von unten nach oben. Kunstrasen wird von oben verlegt und sieht nur so aus, als wäre er gewachsen.

Die letzte große Astroturfing-Kampagne in der BRD war "Fridays for Future". Überhaupt ist die ganze Klimawandel-Szene voll mit NGOs der zweiten Generation; klassische Mitgliederorganisationen finden sich so gut wie überhaupt nicht. Dazu kommen dann Stiftungen und Forschungsinstitute, deren Finanzquellen erstaunlicherweise wieder die gleichen Oligarchen sind...

Ganz unabhängig von der politischen Bewertung der gesetzten Inhalte und der Frage, wessen Interessen damit durchgesetzt werden, gegen wen – unter dem Etikett NGO verbergen sich überwiegend Organisationen, die schon durch ihre Struktur und ihre Vorgehensweise für das demokratische Leben eines jeden Landes toxisch sind. Dafür müssen sie nicht einmal aus dem Ausland finanziert und gegen die Souveränität gerichtet sein. Ein Blick auf die Bertelsmann Stiftung, die NGOs, die sie fördert, das sie umgebende Netzwerk an Instituten und ihre vielfältigen Methoden, die politischen Interessen der Bertelsmann AG in der politischen Landschaft durchzusetzen, genügt.

Die Frage sollte folglich nicht sein, Handlungsfreiheit für alle NGOs zu fordern oder Länder zu kritisieren, die das Astroturfing begrenzen wollen. Die Frage lautet, wie es gelingen kann, an die Stelle der Simulation von Demokratie durch Kunstrasenstrukturen wieder eine wirkliche, lebendige, authentische Demokratie zu setzen. Oder zum Mindesten zu verhindern, in einer Art Matrix-Republik zu erwachen, in deren politischen Diskurs sich nur noch die unterschiedlichen Oligarchen bespielen.

https://rtde.site/meinung/119126-wie-man-demokratie-verhindert-ngo/

9bb3618926f7cab352a6b6e66e0cc5b2-969768638.png

Authors get paid when people like you upvote their post.
If you enjoyed what you read here, create your account today and start earning FREE STEEM!