Das Geschenk

in deutsch •  3 years ago  (edited)

Isabella Klais / Aufbruch - Wir für Deutschland!

Die Weihnachtszeit ist die Zeit des Schenkens.

Ein Geschenk soll Freude bereiten und ggf. Dankbarkeit oder Reue bezeugen. Dies entspricht einer uralten Tradition der Menschheit, die sogar im Tierreich Beachtung findet, wenn Futtergeschenke einander dargebracht werden.

Bedauerlicherweise verkommt der Austausch von Geschenken oft zu einem Ritual, mit dem viele Menschen einer eher als lästig empfundenen Pflicht nachkommen. Dementsprechend phantasie- und lieblos werden die Gaben dann ausgewählt. Von den derart Bedachten bleibt das natürlich nicht unbemerkt, auch wenn die Schenker dies fälschlicherweise annehmen, oder sich zumindest der Bequemlichkeit wegen einreden.
Ein Geschenk läßt durchaus erkennen, ob der Schenkende sich Gedanken über Wünsche, Vorlieben und ggf. auch Abneigungen sowie die individuellen Lebensumstände des Adressaten gemacht hat. Dessen ungeachtet kann das Ausgewählte sich dennoch als Fehlgriff erweisen, doch was zählt, sind allein der gute Wille und die aufgewandte Mühe. Letzteres fehlt, wenn der Anlaß für Geschenke als Gelegenheit zur Entsorgung dessen mißbraucht wird, was der Schenker selbst loswerden möchte, es sei denn, er wüßte genau, daß es dem zu Beschenkenden Freude bereiten würde. Nicht ersterer ist der Maßstab, sondern letzterer. Daher kann es durchaus geboten sein, etwas entgegen dem eigenen Geschmack zu verschenken, wenn man sicher ist, daß es dem des mit der Gabe zu Bedenkenden entspricht.
Dürfen erhaltene Geschenke weiterverschenkt werden? Warum nicht, wenn absolut sichergestellt ist, daß es der Erstschenker nicht erfährt. Wenn etwas achtlos bei einem herumgammelt, aber woanders Wertschätzung erführe, wäre es schade, nicht so damit zu verfahren.
Darf man Gebrauchtes verschenken? Nur Banausen würden dies vorbehaltlos verneinen, denn die wertvollsten Objekte sind oft jahrhunderte~, wenn nicht gar jahrtausendealt. Aber auch ein nicht ganz so alter Gegenstand, der im Handel nicht mehr erhältlich, aber gut erhalten ist, kann gerade deswegen Freude bereiten.
Ich selbst erhielt von einer Freundin vor Jahren einen Kristalladventskranz geschenkt, den ich bei ihr zuvor bewundert hatte. Ich freute mich unbändig und halte ihn sehr in Ehren. Besorgt machte mich nur der Gedanke, ob er ihr nicht fehlen würde.
Der Anglizismus „preloved“, mit dem Dinge aus zweiter Hand gerne versehen werden, stellt einen Euphemismus dar, der auf Schadhaftigkeit verweist. Derartiges verbietet sich zur Weitergabe als Geschenk. Auch alte Sachen können perfekt in Ordnung sein, wenn sie sich zuvor in guten Händen befanden, die sorgsam und pfleglich mit ihnen umgingen.
Der Preis eines Geschenkes ist nur insofern von Bedeutung, als er nicht so hoch sein sollte, daß er den Beschenkten in Verlegenheit bringt, weil er sich zu einer Erwiderung in gleicher Höhe genötigt empfindet, sich dazu aber nicht in der Lage sieht. Andererseits erweist sich auch das Billigteil vom Wühltisch nicht als Hit.

Der wohlerzogene Beschenkte verleiht ausnahmslos immer seiner Freude, auch wenn nicht wirklich vorhanden, Ausdruck. Doch mit ein wenig Überlegung und Empathie sollte die Überraschung viel häufiger gelingen, sodaß sich auch auf Seiten des Schenkers Freude darüber einstellt, daß das Geschenk gut angekommen ist.

Das Titelbild zeigt eine Halskette aus Gold und Karneol, Ägypten, Neues Reich, 18. Dynastie, 15. bis 14. Jahrhundert vor Christus. Sie verkörpert ein nicht alltägliches Stück aus x-ter Hand und sollte ob ihres Alters nicht als „alter Schinken“ verachtet werden.

https://www.dw.com/de/secondhand-geschenke-zu-weihnachten-peinlich-oder-hip/a-60008827

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Timeo Danaos, et dona ferentes...