Isabella Klais / Aufbruch - Wir für Deutschland!
Unser Freund Notan Dickerle hatte Gelegenheit, als Münchener einen Teil des Lebens und Wirkens Hans-Jochen Vogels aus nächster Nähe mitzuerleben. Daher war er besonders dafür prädestiniert, den Verstorbenen mit einem kompetenten Urteil über sein Wirken zu verabschieden. Man darf vermuten, daß Hans-Jochen Vogel sich in Notans Worten wiedergefunden und treffend beschrieben gefühlt hätte.
Ein Politiker für viele Aufgaben – zum Tod des SPD-Politikers Hans-Jochen Vogel
von Notan Dickerle, Anwärter auf den Leuchtturmpreis für mutigen Journalismus gegen “Bunt”
Wenn es ein Guiness-Buch der Rekorde speziell für Politker und die von ihnen wahrgenommene Vielfalt von Kandidaturen und Funktionen gäbe, Hans-Jochen Vogel wäre zumindest für Deutschland einer der ersten Adressen. Er war auf jeden Fall der einzige, der Bürgermeister von zwei verschiedenen Millionenstädten war und das noch dazu von zwei so verschiedenartigen wie München und Berlin. Zugegeben, sein Amt in Berlin übte er nur vier Monate aus, das in München hingegen zwölf Jahre. 1960 hatte er dort im relativ zarten Alter von vierunddreißig den legendären Thomas Wimmer beerbt, 1966 gelang ihm die Wiederwahl mit astronomischen 78% - eigentlich der frühe Zenith seiner Karriere. Das Internationale Olympische Komitee hatte kurz zuvor München die Olympischen Sommerspiele für 1972 zugesprochen, gegen die Konkurrenz glanzvoller Namen wie Detroit, Madrid und Montreal. Es war eine Zeit, zu der sich die Bevölkerung für die Abhaltung sportlicher Großereignisse im eigenen Revier noch begeistern konnte.
Als die Spiele begannen war Vogel allerdings nicht mehr im Amt: die Parteilinke hatte dem in München gerne ironisch als “königlich-bayerischer Sozialdemokrat” apostrophierten OB die Lust auf eine erneute Kandidatur genommen. Der nicht in Bayern sondern im niedersächsischen Göttingen geborene und sozialisierte Vogel ging statt dessen in die Bundespolitik, wurde zunächst im Kabinett Brandt II Minister für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau, unter dem ihm politisch näherstehenden Helmut Schmidt schließlich Bundesminister für Justiz. Nach dem erfolgreichen Misstrauensvotum der CDU präsentierte sich die SPD 1983 mit Hans-Jochen Vogel als Kanzlerkandidaten. Die Union mit Helmut Kohl gewann die Wahl deutlich, die SPD fiel auf ihr Ergebnis von 1965 zurück.
Auch der Versuch, in Bayern den seinerzeit sehr populären CSU-Ministerpräsidenten Alfons Goppel abzulösen, scheiterte. Vogel war nie wirklich beliebt im Sinne von volksnah; er war kein Kumpeltyp, hatte vielmehr etwas von einem Oberlehrer. Besucher, die sich verspäteten, soll er nicht mehr empfangen haben. Unvergessen die Parodie eines Kabarettisten auf Vogel mit der salbungsvoll-nasalen Replik auf einen ihn umständlich anredenden Journalisten: “Nur kommod! Sie können ruhig 'Herr Doktor' zu mir sagen!” Im bürgerlichen Milieu war der Politiker indes fest verankert, eine SPD mit oder unter Vogel schreckte dort niemanden ab. Dieser übernahm nach seiner gescheiterten Kanzlerkandidatur den Fraktionsvorsitz von Herbert Wehner und 1987 auch den Vorsitz der Partei. Die Linke löste ihr Problem mit Politikern wie Schmidt und Vogel durch die Gründung einer neuen Partei: 1983 zogen erstmals die Grünen in den Bundestag ein.
Wie andere Politiker der Erlebnisgeneration kandidierte Hans-Jochen Vogel 1994 nicht mehr für einen Sitz im Parlament. Im Gegensatz zu seinem jüngeren und jovialeren Bruder Bernhard, dessen parallel verlaufende Karriere in der CDU in der alten Bundesrepublik gelegentlich zum Anlaß für “politische Ornithologie” genommen wurde, strebte Hans-Jochen nach der deutschen Wiedervereinigung nicht mehr nach politischen Weihen sondern verabschiedete sich in den Ruhestand. Im Alter von 80 Jahren zog er in ein Wohnstift der Augustinum Gruppe in München und empfahl Senioren generell, einen solchen Schritt rechtzeitig zu tun. Trotz Erkrankung an Parkinson äusserte sich Vogel bis vor kurzem gerne zu tagespolitischen Fragen wie Migration oder Mietpreisbremse. Zuletzt war er der älteste noch lebende deutsche Minister gewesen, am 26. Juli ist er gestorben. Wir verlieren mit ihm nicht unbedingt einen Charismatiker, aber einen Politiker mit Handschlagqualität, der Vertrauen vermittelte und von dem man bedenkenlos einen Gebrauchtwagen gekauft hätte. Der gegenwärtig stattfindende Umbau des Rechtsstaats in einen Gesinnungsstaat wäre mit dem Justizminister Hans-Jochen Vogel nicht möglich gewesen. Er möge in Frieden ruhen!
Wieso kommst Du nicht rüber zu Hive? Hier ist doch tote Hose, sieht man ja auch an den Rewards. Ich habe alle Steem zu Hive konvertiert, kann Dir also hier keine vernünftigen Upvotes geben.
www.peakd.com, die gleichen Schlüssel funktionieren
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Du hast völlig Recht. Zur Zeit benutze ich das hier noch als eine Art Archiv. Ich wollte nicht noch eine Plattform eröffnen, die auch letztlich nicht besser ist als steemit zu guten Zeiten. Ich befinde mich noch in der Überlegungsphase. Ich sehe hier technisch durchaus positive Veränderungen. So ganz verstehe ich nicht, daß man nicht hier und dort mitliest, wenn einen der Inhalt interessiert.
Aber nett von Dir, daß Du noch vorbeischaust. Tu' das doch gerne wieder.
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Gern. Du kannst gerne auch auf meinem Blog auf Hive nachlesen, schreibe auch ab und an über politische Themen, z.B gerade jetzt.
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Das mache ich doch glatt! Danke Dir!
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