In memoriam Javier Pérez de Cuéllar

in deutsch •  5 years ago  (edited)

Isabella Klais / Aufbruch - Wir für Deutschland!

Generalsekretäre der Vereinten Nationen teilen sich in zwei Gruppen ein: Die einen sind eher General, die anderen eher Sekretär.
Die Generäle zeichnen sich durch eigene Initiativen und selbst definierte Ziele aus, die sie aktiv umzusetzen versuchen. Das bringt es mit sich, daß sie des öfteren in Konflikt mit einzelnen Mitgliedstaaten geraten, insbesondere solchen aus der Gruppe der Veto-Mächte des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen. Daher ist Generälen meistens nur eine Amtszeit beschieden (Ausnahme: Kofi Annan). Ihre Wiederwahl scheitert oft an den Staaten, mit denen sie es sich während ihrer ersten Amtszeit verdarben.
Die Sekretäre dagegen sehen sich als Ausführungsorgan der Entscheidungen der Mitgliedstaaten und neigen dazu, sich selbst zurückzunehmen. Dafür werden sie in der Regel mit einer zweiten Amtszeit belohnt.
Die relative Bedeutungslosigkeit der Vereinten Nationen im Rahmen der Friedenssicherung - ihrer eigentlichen Aufgabe - hängt nicht zuletzt damit zusammen, daß das Potential dynamischer und visionär-inspirierter Führer nicht geschätzt und genutzt, sondern behindert wird. Stattdessen gibt man reinen Verwaltern den Vorzug, die Vorgaben exekutieren, von denen jedoch keine Impulse ausgehen. Da, bedingt durch die zahlreichen Partikularinteressen der Mitgliedstaaten, unter ihnen wenig Einigkeit herrscht, ist auch die Anzahl der Vorgaben limitiert, und es herrscht Stagnation vor.

Javier Pérez de Cuéllar zählte zu den Sekretären. Damit hob er sich deutlich ab von seinem Vorgänger Kurt Waldheim und seinem Nachfolger Butrus Butrus Ghali, die beide mit dezidiert eigenem Profil und Programm angetreten waren und dies auch unbeirrt verfolgten. Nicht unerwartet scheiterte die Wiederwahl Kurt Waldheims an China und die Butrus Butrus Ghalis an den USA.
Nach einer glücklosen ersten Amtszeit war Javier Pérez de Cuéllar geneigt, aufzugeben. Doch die Mitgliedstaaten schätzten den diskreten und loyalen Mann, der ihre Kreise nicht störte und niemandem in die Quere kam. Die Erfolge, die sich während der zweiten Amtszeit einstellten, hatten weitestgehend andere Ursachen als seinen Einsatz. So hing der Abzug Rußlands aus Afghanistan mit dem von den USA geförderten Aufstieg der Taliban zusammen, deren asymmetrischer Kampfstil Rußland einen Zermürbungskrieg aufzwang, der schließlich zur Aufgabe Rußlands in Afghanistan führte.

Auch Pérez de Cuéllars innenpolitische Ambitionen auf das Präsidentenamt in seiner Heimat Peru verliefen glücklos. Daher zog es ihn wieder zurück in die Diplomatie. Er diente zuletzt seinem Land als Botschafter in Paris.

Jetzt verstarb er im methusalemischen Alter von 100 Jahren. Vielleicht war es seine unaufgeregt gelassene Art, die ihm dieses hohe Alter ermöglichte.

https://www.sueddeutsche.de/politik/perez-de-cuellar-un-generalsekretaer-1.4832367

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