Isabella Klais / Aufbruch - Wir für Deutschland!
Émmanuel Macrons Ankündigung, die französische Verwaltungshochschule École Nationale d‘ Administration auflösen zu wollen, sorgte im Sommer 2019 für Aufsehen. Er folgte damit einer nicht nur aus den Reihen der Gilets Jaunes (Gelbwesten)-Bewegung geäußerten Kritik an dieser Institution, der Abgehobenheit vom Rest der Bevölkerung vorgeworfen wird.
Die ENA, eine post-universitäre Ausbildungsstätte, gilt als Kaderschmiede, aus der sich Frankreichs Führungspersonal für Politik und Verwaltung, zum Teil auch für die Wirtschaft, rekrutiert. Auf Führungsrollen in der Wirtschaft bereiten jedoch auch andere Institute für Graduiertenstudien (Grandes Écoles) vor.
Mißtrauen in der Öffentlichkeit erweckt das Netzwerk der Absolventen. Fast alle französischen Staatspräsidenten, Ministerpräsidenten und viele Minister haben die Ausbildung an der ENA durchlaufen. Auch außerhalb von Politik und Verwaltung trifft man in Frankreich Enarchen auf Führungspositionen an.
Eine derartige Netzwerkbildung ist seitens der ENA, wie auch seitens vergleichbarer Institute anderer Staaten, durchaus angestrebt. Das Leitmotiv besteht in der Erzielung von Synergieeffekten nach der Devise: „Man kennt und hilft einander über Zuständigkeitsgrenzen hinweg.“. Dies kann jedoch auch in negativer Ausprägung auftreten und Nepotismus fördern. Nicht unterschätzen sollte man dabei jedoch das Korrektiv der Rivalität. Eine gemeinsam absolvierte Ausbildung fördert nicht unbedingt Freundschaften, denn man ist sich der Tatsache bewußt, daß der heutige Studienkollege der künftige Konkurrent um begehrte Positionen ist.
Bei der Beurteilung der Leistung der ENA sollte man bedenken, daß Repräsentation eine Kunst darstellt, in der Frankreich es zu Meisterleistungen gebracht hat und noch immer bringt. Im Lichte des schönen Scheines erscheint eben vieles etwas vorteilhafter. Das führt nicht selten dazu, daß ausländische Schulen der Versuchung erliegen, in peinlich-bemühter Art an den legendären Ruf der ENA anzudocken, anstatt sich auf eigene Meriten zu besinnen.
Die fachliche Wissensvermittlung präsentierte sich zumindest Mitte der 80er Jahre des letzten Jahrhunderts so, daß sie mit den Worten „Dort wird auch nur mit Wasser gekocht.“ nicht unangemessen umschrieben worden wäre.
Die ENA dient auch der Förderung der francophonie in den ehemaligen französischen Kolonien, wo sie über Ableger verfügt. Auf diese Weise lernt man die künftige Führungselite in den betreffenden Staaten kennen und erschließt sich den Kontakt zu ihr mit dem Ziel der Einflußnahme.
Früherer Kritik an dieser Schule wurde entsprochen durch ihre Verbannung an die Peripherie. Sie mußte ihren angestammten Platz in Paris verlassen und nach Straßburg umziehen. Nun soll sie ganz verschwinden. Ehe man sie weiter demontiert, anstatt sie zu reformieren, wäre die Abschaffung sicher die konsequentere und logischere Option.
Letztlich aber wird die ENA als etablierte Struktur zum Bauernopfer auf dem Altar eines falsch verstandenen Populismus. Man könnte sie auch erhalten, restrukturieren und sinnvoll nutzen. Das aber wäre schon fast unfranzösisch, da unspektakulär.
Man könnte die ENA auch nach Deutschland exportieren, wo ihr größenwahnsinniger Adept inzwischen, zumindest dem Namen nach, über sie hinausgewachsen ist. Während das Vorbild sich noch immer tiefstapelnd einfach „école“, d. h. Schule, nennt, mutierte die Verwaltungshochschule Speyer zur „Universität“. Dort würde man der vertriebenen ENA sicher mit Begeisterung Asyl gewähren.
Nun, so ungewöhnlich ist das alles nicht, und auch kein französisches Phänomen.
Sowohl Freimaurerlogen wie auch Studentenverbindungen sagt man ähnliche Einflußnahme nach, und das in Europa ebenso wie in Amerika.
Das man dafür eine spezielle (und wahrscheinlich auch noch staatlich finanzierte) Institution hat, macht in Frankreich sinn, gehört doch eine gewisse Arroganz dort zum guten Ton.
Und auch eine Schließng dieser Schule wird an der Bildung von Seilschaften nichts ändern, so wie überall auf der Welt.
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