Isabella Klais / Aufbruch - Wir für Deutschland!
Die Schule war wirklich nicht so seines. Obwohl Sohn zweier Lehrer und Bruder eines späteren Universitätsdozenten, kehrte er ihr nach der 10. Klasse den Rücken und dürfte froh gewesen sein, die täglichen Hänseleien seiner Mitschüler erst einmal hinter sich gelassen zu haben. Unbeabsichtigt hatte er schon dort für Humor gesorgt - nicht zuletzt dank seiner markanten Physionomie mit dem durch eine angeborene Lidschwäche hängenden rechten Auge. Den unfreiwilligen Klassenclown konnten sich auch die Lehrkräfte für allfällige Strafen gut einprägen.
Karl Dall zog es auf die Bühne, wo er aus den ihm mitgegebenen Voraussetzungen das Beste machte. An der Seite des Liedermachers Ingo Insterburg gelang dem Ostfriesen der Durchbruch zu einer Karriere im Fach „schräger Humor“. Aus zahlreichen Unterhaltungssendungen des Fernsehens war Karl Dall seit den 70er Jahren nach der Trennung von Ingo Insterburg nicht mehr hinwegzudenken. Gerne besetzte man ihn allein oder zusammen mit bekannten Kollegen. Als Blödelbarde stürmte er die Charts. Als Schauspieler zeichnete er sich durch Wandlungsfähigkeit, Mut zum Experiment und zur Improvisation aus. Seine Respektlosigkeit vor bekannten Namen schreckte diese nicht ab. Es galt als Ehre, von ihm aufs Korn genommen zu werden. So vielseitig er war, widerstand er beharrlich der Versuchung, sich in einschlägigen Müll-Sendungen für viel Geld zu kompromittieren.
Selbstkritisch bezeichnete er sich im Hinblick auf seine schulischen Fehlleistungen als untaugliches Vorbild.
Wirklich? Damit stellte er sein Licht gehörig unter den Scheffel.
Heute ist es Usus, für die Kompensation eigener Defizite andere in die Pflicht zu nehmen und larmoyant auf Inklusion zu klagen. Mit Imperfektionen wird gehadert. Abweichungen von der Norm werden zur Regel erklärt.
Mit derartigem Vorgehen wäre Karl Dall in der Masse untergegangen und als gescheiterte Existenz geendet. So aber machte er seine Defizite klug zur Besonderheit und hob sich aus der Beliebigkeit heraus. Anstatt auf Inklusion zu bestehen, wurde seine Exklusion zum Markenzeichen.
Karl Dall gibt sehr wohl ein sogar leuchtendes Vorbild ab, das steht für
- Mut zum Anderssein,
- Annahme der eigenen Unzulänglichkeiten, um sie zu Vorteilen zu wandeln,
- Eigeninitiative anstelle von Verzagtheit, aber auch anstelle des Erhebens von Forderungen.
Seine akademisch gebildete Familie, aber auch seine ehemaligen Peiniger aus der gemeinsamen Schulzeit ließ er mit seinem Erfolg weit hinter sich. So schnell kann das Blatt sich wenden und einen Verlierer zum Gewinner werden lassen, aber auch umgekehrt.
Der Komiker Karl Dall verstarb am 23. November 2020 an den Folgen eines Schlaganfalles im Alter von 79 Jahren. Mit ihm ging ein Großer. Mögen sich andere an ihm orientieren als Mutmacher und Wegweiser.
Wer definiert denn Nachteile? Karl Dall bewies, wie vermeintliche Nachteile sich als Vorteile erweisen können. Da wir doch alle auf die eine oder andere Weise imperfekt sind, sollten wir uns stets als Lichtblick seiner erinnern.
