Isabella Klais / Aufbruch - Wir für Deutschland!
In die Schlagzeilen geriet die parlamentarische Immunität, bzw. ihre Aufhebung durch das Parlament in letzter Zeit nicht nur in Deutschland, wo gegen zahlreiche Delinquenten aus den Reihen von CDU und CSU ermittelt wird, sondern auch im Zusammenhang mit dem katalanischen Abgeordneten des Europäischen Parlamentes Charles Puigdemont, der durch Spanien der Verfolgung ausgesetzt ist wegen seiner auf Abspaltung Kataloniens von Spanien gerichteten Politik.
Die parlamentarische Immunität bezweckt den Schutz eines politischen Mandatsträgers vor der Strafverfolgung aufgrund von Vorgängen im Zusammenhang mit seinem Mandat.
Ihren Ursprung findet die parlamentarische Immunität in einer Zeit im 19. Jahrhundert, als die Divergenz zwischen den Regenten und der Legislative noch dezidierter ausgeprägt war als heute, wo keine stringente und klare Gewaltentrennung mehr existiert und Regierungsmitglieder mit ihrem Abgeordnetenmandat sich selbst kontrollieren. Seinerzeit sollte Regenten ein Riegel vorgeschoben werden, die mit Mitteln der Strafverfolgung ihre politische Opposition auszuschalten versuchten.
Während die Aufhebung der Immunität der deutschen Straftäter in einwandfreier Weise korrekt erfolgte, da ihre Verfehlungen sich gegen das Volk gerichtet hatten und in Mißbrauch ihres Mandates geschehen waren, wirft der Fall Puigdemont Fragen auf.
Das Europäische Parlament hob die Immunität Charles Puigdemonts auf ohne Sachprüfung der Anschuldigungen. Begründet wurde die Entscheidung rein formal damit, daß die gegen ihn erhobenen Vorwürfe aus einer Zeit vor seiner Eigenschaft als Europaparlamentarier stammten. Damit folgte das Europäische Parlament seiner bisher geübten Praxis in derartigen Fällen.
Unter teleologischen Aspekten erscheint diese Haltung als fragwürdig, denn der Parlamentarier wird sein Amt, in das er gewählt wurde, nun nicht mehr ungehindert ausüben können, wenn er sich strafrechtlich verantworten muß. Gerade dies aber soll seine Immunität garantieren. Auch der Verweis auf den Ursprung der Anschuldigungen als vor seiner Abgeordnetenzeit liegend ändert daran nichts.
Die Frage, die sich hier ergibt, läuft vielmehr darauf hinaus, ob die Wählerschaft mit der Wahl einer Person diese einer bereits im Gange befindlichen Strafverfolgung entziehen kann. Nimmt man den Wählerwillen ernst und stellt ihn als das Votum des Souveräns absolut, wird man dies bejahen und die Strafverfolgung für die Dauer des Parlamentsmandates aussetzen müssen.
Das Europäische Parlament blieb seiner Rechtstradition verhaftet, die einen formaleren Ansatz wählt.
Diese Linie ist möglich, aber nicht unbedingt zwingend.
Eine Auslieferung Charles Puigdemonts an Spanien ist hiermit noch nicht präjudiziert, da sie der Prüfung weiterer Aspekte unterliegt (z. B. der Erwartung fairen Verfahrens in Spanien).