Isabella Klais / Aufbruch - Wir für Deutschland!
„Dir habe ich mein Abitur zu verdanken.“ sagte bei einem unserer letzten Klassentreffen eine Schulkameradin. Sie spielte mit dieser Aussage auf die Nachhilfe an, die ich ihr seinerzeit freiwillig, eigeninitiativ und ohne Gegenleistung in Französisch erteilt hatte. Ganz ohne Profit war der Einsatz auch für mich nicht geblieben: Bei den Erklärungen, die ich gegeben hatte, waren auch mir selbst bestimmte Zusammenhänge klarer geworden. Nur was man selbst total verstanden hat, kann man weitergeben. „Freiwillig“ und „eigeninitiativ“ sind dabei die entscheidenden Schlüsselbegriffe. Wäre ich zu der Aktion aufgefordert worden, hätte ich mich dem verweigert.
Hetty Berg, die neue Direktorin des jüdischen Museums in Berlin, traf eine entscheidende und sehr kluge Aussage. Sie sprach sich gegen verpflichtende Besuche von Schulen in dem von ihr geleiteten Hause aus mit dem Argument, sie hoffe, ein so ansprechendes Angebot bereitzuhalten, daß die Schüler freiwillig kämen. Mit diesem anspruchsvollen Ansatz dürfte ihr das gelingen. Neugier wecken; Freude am Lernen bereiten: Allein dieser Weg führt zum Erfolg. Zwangsweise schleichen nur innere Emigranten zwischen den Exponaten hindurch und warten mit verschlossenem Geist darauf, daß es endlich zu Ende geht.
Die Geschichte der Juden in Deutschland: Früher widmete ich mich ihr mit lebhaftem Interesse und aufrichtiger Anteilnahme. Ich besuchte in Israel die Gedenkstätte Yad va Schem, wo ich einen Freund des legendären Jerusalemer Bürgermeisters Teddy Kollek kennenlernte, mit dem ich noch über lange Jahre in freundschaftlichem Kontakt blieb. Seit der Einführung der Strafbewehrung der Leugnung des Holocausts in Deutschland ziehe ich mich auf den Standpunkt zurück, als Nicht-Zeitzeuge könne ich dazu inhaltlich keine Aussage treffen. Ich will überzeugt und nicht bedroht werden. Wer die besseren Argumente besitzt und die Wahrheit auf seiner Seite weiß, braucht sie nicht rabiat mit den Mitteln des Strafrechts anderen aufzuzwingen. Das ist intellektuell erbärmlich.
Die absolut gleichberechtigte Stellung der Frauen in der Gesellschaft - nicht zu verwechseln mit ihrer heute geforderten Privilegierung - wurde von mir militant verfochten. Rechte und Pflichten müssen miteinander korrelieren. Die Einführung des obligatorischen Militärdienstes für Frauen, im Hinblick auf die glaubwürdige Öffnung aller Hierarchien für sie auch in diesem Bereich, war für mich von grundlegender Bedeutung, ebenso wie die Abschaffung der Diktatur des Namens(un)rechtes, das Frauen ihre Identität nahm. Inzwischen ist das, wenn auch viel zu spät, alles erreicht.
Nun aber treten zwei merkwürdige Phänomene auf: Ein Teil der Frauen gibt freiwillig Rechte preis und spielt „Weibchen“. Ein anderer Teil fordert Privilegierungen ein, die ihm auf dem Arbeitsmarkt die Marktgängigkeit nehmen und zu Benachteiligungen - leider auch oft für andere - führen, die er sich selbst zuzuschreiben hat. Um der Selbstversklavung durch Mehrfachbelastung zu entgehen, wird versucht, Konsequenzen eigener Entscheidungen anderen aufzubürden. Mit der permanenten und penetranten Fokussierung auf die Eigenschaft „Frau“ wird die Ungleichheit gerade herausgestellt. Erst, wenn diese Eigenschaft kein Thema mehr ist, besteht Gleichheit. Warum also redet man ständig darüber? Wie steht es um die paritätische Besetzung von Posten mit allen existenten Augenfarben, Haarfarben, Körpergrößen, Gewichtsklassen? Oh doch, diese Frage ist ernst gemeint, ebenso wie die nach der Besetzung mit Frauen. Mit den Auswahlkriterien der fachlich-intellektuellen Fähigkeit, der persönlichen Eignung und der Einsatzbereitschaft als einzigen Maßstäben der Selektion sollten doch alle phänotypischen Erscheinungsformen der Menschheit adäquat Berücksichtigung finden.
Ähnlich verhält es sich mit der Sprache. Während ich früher auf der femininen Version der Berufsbezeichnung bestand, sehe ich heute keine Veranlassung mehr, die Eigenschaft „feminin“ herauszustellen und verwende ausschließlich das generische Maskulinum, das man nicht den Männern allein zu überlassen braucht.
Wenn Minderheiten in der Werbung, wie es derzeit geschieht, umgekehrt proportional zu ihrem zahlenmäßigen Anteil an der deutschen Gesellschaft dargestellt werden, ohne daß sich dies durch das beworbene Produkt, bzw. die beworbene Leistung rechtfertigen würde, ruft dies Abwehrhaltung hervor. Nicht daß man etwas gegen Minderheiten hätte, aber man will nicht zwangserzogen werden. Derart beworbene Produkte werden von mir systematisch boykottiert.
Die genannten Beispiele zeigen, welch unterschiedlichen Blickwinkel man haben kann, daß aber nicht alles nur eine Frage der Perspektive darstellt. Man sollte schon sehr genau den Einsatz von Mitteln anhand ihrer Folgen überprüfen, sonst erweist sich schnell das Gut-Gemeinte als der größte Feind des Guten.
https://www.msn.com/de-de/nachrichten/politik/j%C3%BCdisches-museum-berlin-mehr-besucher-aus-deutschland-erreichen/ar-BB1aqLmF?ocid=msedgdhp
https://www.msn.com/de-de/unterhaltung/tv/neue-intendantin-nach-72-jahren-r%C3%BCckt-mit-katja-wildermuth-erstmals-eine-frau-an-die-spitze-des-bayerischen-rundfunk/ar-BB1alYCJ?ocid=msedgdhp
https://www.msn.com/de-de/sport/fussball/seifert-nachfolge-holzh%C3%A4user-schl%C3%A4gt-frau-vor/ar-BB1aqFIU?ocid=msedgdhp