Der besondere Kuchen

in deutsch •  5 years ago  (edited)

Als ich am Montag auf "meine" Station kam, stand ein halber Apfelkuchen auf dem Tisch.

Nun gehören selbstgebackener Kuchen und Anästhesie- bzw. Intensivpflege zusammen wie Pech und Schwefel. Natürlich werden auch Kekse und Schokoriegel genascht. Es gibt durchaus richtige Pausen, die meistens eingehalten werden, aber manchmal braucht man einfach etwas zwischen die Kiemen.
Ein Stück Kuchen ist dagegen schon mehr als ein Snack, es können auch die Ärzte zugreifen (und das tun sie auch) und der soziale Wert ist ebenfalls höher, weil über den Kuchen gesprochen wird (mit viel Lob, wenn er gut war, und mit schonungsloser Kritik, wenn nicht). Und es gibt immer Anlässe, Kuchen zu backen: einen Geburtstag, einen Abschied, weil eine junge Ärztin weiterrotiert, usw.

Es war also mehr oder weniger klar, daß ich ohne Aufforderung auch einen Kuchen mitbringen würde.

Meine Woche auf der Intensivstation ging von Montag bis Freitag. Da ich am Donnerstagabend keine Zeit zum Backen haben würde, zog ich dies auf Mittwoch vor. Auf dem Heimweg begann ich dann, zu grübeln: sollte ich eine der Zitronenkuchen-Fertigmischungen nehmen oder nicht? Was für ein Kuchen sollte es überhaupt sein? Apfelkuchen kam ja eher nicht in Frage. Sollte ich lieber Muffins machen? Oder etwas mit Blätterteig?

Schließlich verwarf ich die Idee, einen Schokokuchen zu machen. Gugelhupf mit Schokoanteil hatte es nämlich am Dienstag gegeben, gebacken vom Stationsassistenten. Außerdem wird mein Lieblings-Schokokuchen super mächtig, was die Kalorien angeht. Und teuer sind die Zutaten auch.

Also entschied ich mich dann doch für die Fertigmischung. In den Teig zuzugeben waren: Margarine oder Butter, Eier und etwas Milch.

Ich hatte ausnahmsweise keine Kuhmilch im Hause, aber zwei Tetrapaks Mandelmilch, einer davon offen. Mit etwas Panik inspizierte ich den Inhalt von beiden. Doch, der war noch okay, kein weiterer Gang zum Supermarkt nötig.

Ich vermengte die Zutaten also zu einem normalen Rührteig. Die Mandelmilch tat ihren Job, der Teig sah prima aus. Ab in die Kastenform und im Ofen nach Packungsanweisung gebacken.
Danach war der Kuchen noch nicht ganz durch, also ließ ich ihn im ausgeschalteten Ofen weiterbacken und verwarf den Plan, die beiliegende Glasur anzurühren und über den Kuchen zu gießen. Es hätte eh nur unnötig gekrümelt.

Am nächsten Morgen nahm ich den Kuchen mitsamt dem Backpapier aus der Kastenform, packte ihn in Alufolie und trug ihn zur Klinik. Nach der morgendlichen allgemeinen Übergabe packte ich den Kuchen in der Küche aus, stellte ihn auf einen großen Teller und ging dann den anderen Pflegekräften nach zum 2. Teil der Übergabe. Ich hatte, was das anwesende Team anging, keinen guten Tag erwischt, und beschloß, der Dinge zu harren.

Eine gute halbe Stunde später waren die Stationssekretärin und der Stationsassistent da und kommentierten den "Kuchenfund" sehr schnell. Die zwei sind nicht in die eigentliche Pflege eingebunden und mit ihrer positiven Einstellung ein bißchen der Gegenpol gegen die hin und wieder gedrückte Stimmung.

"Der Kuchen riecht so gut. Wer hat den denn mitgebracht?"
"Ich."
"Ja, wenn der von dir ist, mußt du den anschneiden."
Was ich nicht tat, da ich schon einen Krümel beim Auspacken genascht hatte und außerdem der Kuchen ja für die anderen gedacht war.

Irgendwann zwischen acht und halb neun hat sich dann also einer erbarmt und angeschnitten und dann war auch ziemlich schnell, noch deutlich vor elf Uhr, die Hälfte weg. Was auch wieder herumerzählt wurde. Kuchen als Anschauungsobjekt: man guckt wirklich, wieviel noch da ist.

"Der ist wirklich gut" kam dann vom Stationsassistenten, "wir haben hier ja Erfahrung mit Kuchen. Backen kannst du definitiv."

Im Laufe des Tages und noch am nächsten Tag haben sich andere aus dem Team für den Kuchen bedankt.

Völliger Unterschied zu dem Erlebnis vor eineinhalb Jahren in der Anästhesie eines anderen Hauses, als ich zwei Kuchen mitbrachte, die beide nichts geworden waren.
Das hat mir schon Auftrieb gegeben.

Und wer hätte gedacht, daß die kleine Änderung mit der Mandelmilch, die ja eigentlich ein Fehler war, sich so positiv auswirkt?

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schöner artikel....hat spass gemacht ihn zu lesen....

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