Der zweite Tag in Moskau!

in deutsch •  4 years ago 

Wir haben die erste Nacht gut geschlafen, obwohl es tierisch laut war, und marschieren nach einem ordentlichen Frühstück - Bockwürste, Eier, Speck und natürlich die legendären buterbrody (Butterbrote), frohen Mutes los.

Hinter einem Buterbrod, gleichsam der Persiflage auf die spanischen Tapas, verbirgt sich lustigerweise das Gegenteil eines Butterbrots, nämlich eine Scheibe Weißbrot OHNE Butter, aber dafür mit Wurst oder Käse drauf.

Wir laufen erstmal zum Kreml oder fahren mit der METRO. Die Moskauer Metro ist das schnellste und sicherste Verkehrsmittel und weltweit bekannt für seine sowjetbarocken-Prunkstationen, die unter Väterchen Stalin gebaut wurden - jedenfalls der innere Ring. Sie befördert bis zu 10 Millionen Menschen am Tag, fährt zu Stoßzeiten im 30-Sekundentakt, ist pünktlich wie eine Atom-Uhr und liegt hin und wieder 100 Meter unter der Erde. Sie donnert außerdem mit bis zu 80 km/h durch die Tunnel, was fünfmal so schnell ist wie die Berliner-U-Bahn, die eigentlich nur quietschend vor sich hinkreucht.

Allein die Fahrt mit einer Rolltreppe rauf oder runter ist ein Erlebnis, denn die Dinger rauschen in einem Tempo, dass einem beim ersten Mal mulmig wird. Man muss auch wirklich aufpassen beim "Abspringen" am Schluss.

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Preislich und von der Bequemlichkeit her bietet sich eine Drei-Tages-Karte oder Wochenkarte an. Und man darf keine Platzangst haben und muss sich an Menschenmengen gewöhnen, die wir hier nur im Fußballstadion kennen. Selbstverständlich ist alles picobello sauber und die Leute verhalten sich deutlich höflicher und zivilisierter als in Berlin in öffentlichen Verkehrsmitteln. Pöbelnde Asis oder Leute, die ihre verdreckten Schuhe auf die Sitzbank legen, haben dort eine Halbwertzeit von ca. 10 Sekunden.

Spätestens, wenn man am Kreml angelangt ist, merkt man, dass China und Russland mittlerweile Kumpels sind irgendwie. Russland hatte die Hand nach Europa ausgestreckt und ist angespuckt worden, jetzt wendet man sich eben wieder nach Osten. Und spätestens, wenn man die chinesischen HORDEN - anders kann man es nicht sagen - am Kreml gesehen hat, bekommt man eine Bewusstseinserweiterung. Leroy würde sowas ja nie sagen, aber die Russen reden frei von der Schnauze noch, und mein Kumpel in Moskau hat sie als stinkende, pöbelnde, furzende, schubsende und wenig nett anzuschauende Mischpoke bezeichnet. Für diese Charaktersierung habe ich ihn scharf kritisiert, bis ich an der Kasse für den Zutritt zum Kreml stand. Das ist Nahkampf.

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Bis vor wenigen Jahren war der Zutritt zum Kreml, also dem inneren Machtzentrum der Russisschen Föderation und Sitz des Präsidenten wie auch einem gigantischen Freilandmuseum mit Schatzkammern, Kirchen und anderen historischen Ensembles, noch vollkommen frei und unbegrenzt - die Tore standen offen. Mit dem Ansturm der Barbaren hat sich das geändert.

Wer es schafft, Tickets für die Rüstkammer zu bekommen, wo u.a. das Zarengold liegt, sollte es unbedingt machen. Dürfte aber schwierig werden - es sei denn, man kümmert sich vorher drum oder überlässt seinem Fünf-Sterne-Hotel-Portier die Sache.

Es lohnt sich aber schon der ganze normale Zutritt zum Kreml, wo man das komplette Areal abmarschieren kann und die meisten Kirchen betreten oder einfach nur verweilen und sich an der Herrlichkeit und Ruhe erfreuen, die das ganze Areal durchdringt.

Ein Mega-Highlight, das Leroy einmal das Glück zu betrachten hatte, ist, wenn der jetzige Zar Putin mit seiner Kfz-Kolonne ein- oder ausfährt. Fast so geil wie zu Sowjetzeiten. Fast so geil, weil die damals mit den Monster-SILS fuhren und heute noch nur fette Benze.

Dann heißt es, sich sofort in Sicherheit zu bewegen. Die Miliz fängt vorher an wild zu pfeifen und zu gestikulieren und dann rennen sie los. Die verstehen null Spaß und prügeln sofort auf Dich ein, wenn Du nicht flitzt - was ohnehin lebensnotwendig ist, denn unter 100 km/h bewegt sich die Kolonne mit ihren Panzerfahrzeugen nicht. Die röhren auch mit derselben Geschwindigkeit durch die Zufahrten, und da ist ungelogen rechts und links max 5 cm Platz. Unten sieht man einen Teil der Flotte im Wartezustand.

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Einige Stunden bringt man sicher im Kreml zu, ein wenig Verweilen in den Parks dort sorgt für Entspannung, die wir auch brauchen, wenn wir den Kreml danach in Richtung Rotem Platz und einem Besuch im legendären Kaufhaus GUM verlassen.

Hier kann man sich z.B. mit einer Mobilfunkkarte, z.B. bei MTS (bitte MTS, hier bin ich Aktionär!) oder bei Megafone (auch gut) holt, um während des Aufenthalts billig zu telefonieren. Es kostet sonst ein Vermögen, wenn man anruft oder angerufen wird. Ein Prepaid-Vertrag ist in fünf Minuten abgeschlossen, man braucht nur seinen Pass.

Das Ding ist ein korrekter Luxus-Schuppen geworden, wo man herrlichst in einem der Cafés abhängen kann und den Neureichen beim Shoppen zusehen. Es gibt allerdings auch ganz normale Geschäfte mit normalen Preisen und übrigens - Geheimtipp - eine erstklassige und günstige Kantine im Obergeschoss. Dort könnte man beispielsweise eine große Portion Pelmeni mit Fleisch oder Käse bzw. Gemüse zu sich nehmen - die russischen Ravioli. Dazu Essig oder Saure Sahne - lecker.

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Danach seid Ihr erstmal vollkommen fertig von dem Trubel und den neuen Eindrücken und schleicht zu Eurem Hotel hoch. Die Tverskaya, um die herum ich mich einbuchen würde, ist übrigens eine sechsspurige Einbahnstraße, wo, wenn kein Stau ist, auch mit 100 Sachen langgerast wird.

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Man sollte auf keinen Fall auf die Idee kommen, Straßen in Moskau zu überqueren. Es wird garantiert nicht gebremst, im Gegenteil, die geben noch Gas, um Euch auszuknipsen. Fußgänger haben auf Moskauer Straßen nix zu suchen, dafür gibt es alle paar Meter Unterführungen, die eigens für die sichere Überquerung genutzt werden können.

Abends gönnen wir uns was und gehen in einen georgischen Laden. Der "Georgier um die Ecke" ist für die Russen das, was für uns die Pizzeria ist. Die georgische Küche ist zweifelsfrei eine der besten Küchen der Welt und da es genügend Georgier in Moskau gibt, bekommt man hier einen wirklich guten Einblick. Es kann sein, dass man reservieren muss oder etwas draußen warten, weil die hippen Läden ständig voll sind, aber sie sind klein, gemütlich, bezahlbar und wirklich gut.

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Vielleicht noch ein paar Worte zur Bestellkultur. Wer in Russland essen geht, vor allem wenn er nicht alleine unterwegs ist, sollte nicht knauserig sein. Es wird bestellt, dass sich die Tische biegen. Wenn der Teller aufgegessen wird, muss nachbestellt werden, der Tisch muss noch gut gedeckt und belegt sein, wenn alle satt sind, sonst wird nachgeordert. Lieber das Doppelte, hält länger. Wer dafür zu geizig ist, sollte zu Hause bleiben. Die Idee des "Getrennt-Bezahlens" ist hier entweder vollkommen unbekannt oder wird für eine Geisteskrankheit gehalten, die unter Freunden zur sofortigen Exkommunikation für alle Zeiten führt. Es wird entweder geteilt, wobei jeder was auf den Tisch wirft, bis es passt (eher selten) oder einer bezahlt alles. Wenn Essen und Bedienung wirklich gut waren und der Russe einen geilen Abend hatte, legt er auch mal 50% Trinkgeld auf den Tisch, v.a. wenn es ihm nicht weh tut.

Wenn wir uns von dem Gelage erholt haben und das erste Mal georgischen Wein im Tonkrug gereift getrunken haben, fallen wir ins Bett und freuen uns auf den morgigen Tag!

Warum Leroy sich das manchmal leistet? Mühsam nährt sich das Eichhörnchen! Aber wenn ich nicht genug Kohle habe, fahre ich nicht nach Russland, dann bleib ich auf der Datsche.

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Ein interessanter Bericht, wie war denn so die Fahrt mit der Moskauer Metro?

Geil, hört alles hoch interessant an 👍

Interessanter Post, danke!