Immer für ne Überraschung gut!

In Brandenburg gibt es nicht nur knorzige, schlechtgelaunte Herrschaften. Hier sind auch einige abgefahrene Freaks ansässig, die sich teilweise hinter einer gewöhnlichen Spießerfassade verbergen.

So geschehen gestern, als Leroy mit Engelszunge auf seine drei Kinder eingeredet hatte, sie mögen ihm doch bitte bei seinem Samstagsspaziergang begleiten. Im pubertierenden Alter eine fast nicht zu verwirklichende Aufgabe, die mir diesmal durch eine günstige Fügung des Schicksals wie auch paar kleinen Tricks gelungen war.

Wenn die Brut erstmal am Laufen ist und das Genörgel aufgehört hat, ergeben sich nach einiger Zeit dann eben doch ganz interessante Gespräche, die sich nicht ergeben, wenn man zu Hause oder in der Datsche abhängt und jeder an seinen Geräten rumdaddelt. Was man da so über Gepflogenheiten in der Schule erfährt, ist recht aufschlussreich. Mittlerweile habe ich mich Gott sei Dank daran gewöhnt, dass wir offenbar wieder in einer neuen Art DDR leben, auch wenn es eigentlich schade ist.

Wozu die ganze Vorrede?

Wir unterhielten uns gerade über das nervige Thema Politik, das ich zwar äußerst ungern erörtere, bei dem ich aber angesichts des fortgeschrittenen Alters des Nachwuchses mittlerweile keine Hemmungen mehr zeige, meine Meinung ungeschminkt einzubringen, jedenfalls wenn ich direkt angesprochen werde. Als ich gerade dabei war, den Lieben zu erklären, wie unsere so genannte Demokratie im Rahmen des Parteienstaats in einer konkreten Frage funktioniert und warum man sich über bestimmte Dinge nicht wundern muss, wenn man sieht, wie die Parteien Einfluss auf die Wahllisten haben, hörte ich aus einem Garten eine Stimme brüllen, dass die Kids ordentlich zuhören sollen, was ihr Vater ihnen da erzählt, "weil dit nämlich richtich is und sie dit inne Schule nicht so lernen".

Wir blieben natürlich stehen, als ein Herr in Gartenarbeitsmontur zum seinem Tor kam und uns "uff ne Limo für die Piepels und n Pils für Sie" einlud, was eine willkommene Abwechslung war. Der Typ war wirklich drollig und ziemlich originell, v.a. nahm er kein Blatt vor den Mund. Heute fast eine Seltenheit, wenn man es nicht gerade mit internationalen oder nationalen Sozialisten zu tun hat.

Nach zwei Bieren einigten er und ich uns zum Amüsement meiner Kinder darauf, dass wir von geistig Behinderten regiert werden, egal um welche Partei es geht. Damit war eigentlich alles gesagt. Danach ging es nur noch um die Lieblingssorte Kartoffeln, wobei ich wertvolle Tipps zur Ertragssteigerung bekam.

Als wir gingen, wurden wir eingeladen, einfach in seinen Garten zu kommen das nächste Mal, wenn wir Grillduft wahrnehmen würden. Angenehme Gäste seien immer willkommen, und bei ihm im Garten müsse sich auch niemand "n Kaffeefilter vor de Fresse hängen".

Die Rotznasen meinten danach, dass "der Alte ziemlich sehr cool war", aber wenn sie wiedergeben, was der so behauptet hätte, sie bestimmt von der Schule fliegen würden. Seit Neuestem kann man offenbar wieder von der Schule fliegen - zu Leroys Zeiten war das eigentlich unmöglich. Mir war zwar nicht bewusst, dass irgendwas Anstößiges geäußert worden war, aber gut.

Sollen sie eben ihren Mund in der Schule halten und gut zuhören, was richtig ist. Was falsch ist, wissen sie ja offenbar ganz genau.