Domino Day

in deutsch •  6 years ago 

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Wer kennt sie noch, diese Sendung, die einstmals im deutschen Fernsehen lief. In einer Halle werden tausende und abertausende Dominosteine über mehrere Tage aufgebaut, nur um sie dann in einer mehrstündigen Fernsehsendung umfallen zu lassen. Nicht immer gelang der Aufbau, wurde ein Dominostein zu früh aus Unachtsamkeit berührt, fielen ganze Strecken von Dominosteinen um und mussten neu aufgebaut werden. Manchmal reichte auch ein kleiner Windstoß, um das Gebilde umfallen zu lassen.

Zu Zeiten des Kalten Krieges, der Gewerkschaftsbewegung „Solidarność“ in Polen, der Veränderungen in Ungarn und Angesichts des polnischen Papstes, wurde oft über einen Dominoeffekt innerhalb der osteuropäischen Staaten diskutiert. Fällt ein Land, fällt ein zweites, sind die politischen Veränderungen auch innerhalb der anderen osteuropäischen Länder nicht mehr aufzuhalten. Letztlich kam es dann genauso, wenn auch durch zusätzlichen Druck, der durch zahllose Flüchtlinge aus der DDR entstand.

Wie der Spiegel-Online meldet, will Macron am kommenden Wochenende militärische Spezialkräfte zusammenziehen und diese bei den Protesten der Gelbwesten einsetzen (http://www.spiegel.de/politik/ausland/gelbwesten-proteste-in-paris-emmanuel-macron-schickt-elite-soldaten-a-1258871.html). Wer sich ein wenig auskennt, der weiß, dass solche Einheiten hauptsächlich in der Fremdenlegion zu finden sind. Also in einer Armee, die sich hauptsächlich nicht aus Franzosen rekrutiert, abgesehen von ihrer Führung.

Was lässt solch ein Einsatz erwarten?

Ein noch brutaleres Vorgehen der „Sicherheitskräfte“, noch mehr Verletzte, noch mehr Tote?

Ich hatte heute Morgen ein ausgedehntes Gespräch mit einer Französin bezüglich des Themas. Immer mehr Franzosen fühlen sich nicht nur abgehängt, sie sind es. In die Vororte von Paris traut sich die Polizei kaum noch, als Nichtbewohner sollte man dort auch keine Spaziergänge unternehmen. Wie sieht es in anderen europäischen Ländern aus?

Wo liegt die Arbeitslosenquote in Spanien, in Portugal, in Italien? Was geht in Griechenland ab und wie sieht es in einer der reichsten Städte Großbritanniens, in London, aus? Nicht viel besser. Welche Reaktionen kann man in Großbritannien erwarten, wenn es nicht zum Brexit kommt. Und damit meine ich auch die Form des Brexit, die mit dem bisherigen ausgehandelten Abkommen einhergeht. Denn dieses Abkommen würde das Land weitere zehn Jahre an die EU binden.

Wohin driftet Deutschland, wenn sich die Konjunkturaussichten in 2019 weiter verschlechtern, die Immobilienblase platzt, weil viele ihre Haus- und Wohnungskredite nicht mehr bedienen können. „Jetzt ist die beste Zeit, um in Betongold zu investieren!“. Selten so gelacht. Selbst die Qualitätsmedien bringen inzwischen Artikel mit der Überschrift, was man beachten muss, um nicht mit der eigenen Immobilie unterzugehen. Nun, die Immobilie wird wohl kaum untergehen.
Ist Frankreich der erste Dominostein, der in diesem Jahr fallen und andere europäische Staaten anstoßen und zu tiefgreifenden Veränderungen führen wird? Es könnte sein, denn je härter das Vorgehen der Staatsmacht, desto stärker die Reaktionen auf der anderen Seite.

Druck erzeugt Gegendruck, irgendwann fliegt der Deckel vom Kessel. Irgendwann können auch die Relotiusmedien die Bevölkerung nicht mehr mit Blödsinn ablenken: „Je stärker das Cannabis in einer Stadt, desto häufiger die Psychosen“, „Rätsel um die Ripper-DNA“, „Wolfsburger Frauen schießen wichtiges Auswärtstor“, „Macht ein Leben ohne Krimskrams glücklich“ und andere tiefgehende Artikel. Irgendwann wacht auch der letzte aus der Dschungelcamp-Hypnose auf oder wird mitgerissen.

Und dann heisst es Land unter, denn was dann kommt ist ungewiß...

...bis auf den Domino-Day, der so fern nicht mehr zu sein scheint.

Bild: pixabay

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