Auf meinen Wanderungen durch die britische Hauptstadt entdecke ich immer wieder Orte, die eng mit der Wissenschaftsgeschichte verbunden sind. In der Tat, Großbritannien hatte einst großartige Wissenschaftler, Forscher und Entdecker. Allerdings ist davon nicht viel übergeblieben. Aber immerhin kann man noch die Orte finden, an denen diese Persönlichkeiten einst lebten und forschten. Dabei rede ich nicht unbedingt von den Universitäten im Zentrum Londons, vom Imperial College oder King’s College. Vielmehr sind es die versteckten Plätze, die eher wenig Aufmerksamkeit auf sich ziehen.
Mehr als nur der „Käfig“
So war ich kürzlich im Südwesten der Stadt unterwegs und besuchte die Gegend um Hampton Court Palace, einem alten Schloss, dass vor die Zeit von Heinrich VIII. zurückreicht. In seiner Umgebung gibt es eine Reihe sehenswerter alter Häuser, Cottages und Pferdeställe, die auch nach mehr als hundert Jahren noch gut in Schuss sind. An der Pforte eines Hauses stand der Name Faraday.
Genau, hier wohnte der Faraday, von dem die meisten wahrscheinlich noch den Begriff des Faraday´schen Käfigs kennen. Aber Faraday hat eine weitaus erstaunlichere Karriere hingelegt, als allgemein bekannt. Aus ärmlichen Verhältnissen stammend und 1791 in Newington geboren, machte er eine Ausbildung zum Buchbinder. Dabei faszinierten ihn die Bücher, die er zu binden hatte so sehr, dass er sie nicht nur las, sondern auch Notizen machten. Er begann, sich mehr und mehr für das Wissen in diesen Büchern zu interessieren und 1810 begann er, wissenschaftliche Vorträge in London zu besuchen.
Auch hier machte er eifrig Notizen und fasste diese später in einem Buch zusammen. Ausgelöst durch seine Begeisterung für die Wissenschaft, wollte Faraday nach der Lehre nicht weiter als Buchbinder arbeiten. Er bewarb isch bei der Royal Society um eine Anstellung als Gehilfe, bekam jedoch keine Antwort. Faraday ließ sich nicht entmutigen, hörte weiter Vorträge und durch einen glücklichen Zufall wurde er Laborgehilfe Humphry Davys, einem Professor für Chemie.
Auf dem Weg zum großen Wissenschaftler
Davy nahm den jungen Faraday von 1813-1815 auf eine Reise durch Kontinentaleuropa mit und Faraday lernte in Frankreich, Italien und der Schweiz gemeinsam mit Davy bedeutende Wissenschaftler in diesen Ländern kennen.
Zurück in London beauftragte Davy seinen Gehilfen Faraday damit, Experimente vor Publikum durchzuführen und Faraday begann damit, erste eigene wissenschaftliche Veröffentlichungen zu schreiben und erfolgreich zu publizieren.
Die Fähigkeiten des jungen Wissenschaftlers sprachen sich herum und Faraday selbst stieg tiefer und tiefer in die Chemie ein. 1814 schließlich wurde Faraday in die Royal Society aufgenommen und lehnte 1828 das Angebot ab, Professor für Chemie an der University of London zu werden. Zum Hit wurden seine, seit 1827 regelmäßig durchgeführten Weihnachtsvorlesungen in London. 1831 gelangte er mit seinen Experimenten zur elektromagnetischen Induktion zu den Grundlagen für elektrische Generatoren, er entdeckte die elektromagnetische Induktion.
1834 beschrieb Faraday die Grundgesetze der Elektrolyse und 1836 schließlich baute er als seine wohl bis heute bekannteste Versuchsanordnung den Faraday`schen Käfig.
Faraday setzte sich für eine Popularisierung wissenschaftlicher Erkenntnisse ein, hielt Vorlesungen für interessierte Jugendliche und veröffentlichte Bücher für die breite Masse.
Gleichzeitig war er wissenschaftlicher Berater der Schifffahrtsbehörde, beteiligte sich an der Konservierung von Gemälden und wirkte als Diakon der Kirche.
Faraday starb am 25. August 1867 und wurde auf dem Highgate Friedhof in London beigesetzt.
Wie wäre es, beim nächsten London-Besuch einfach mal raus nach Hampton Court zu fahren und Geschichte jenseits des Buckingham Palace zu entdecken? Viel Spaß dabei!