Ideologie 020 - Diktatur in den Köpfen gefährdet die Demokratie II

in deutsch •  8 years ago  (edited)

04. März 2017
Vor zwei Tagen habe ich im ersten, unter diesem Titel veröffentlichten Artikel [1] von einer Veranstaltung Berichtet, die am 17. März in Zürich stattfinden wird. Es geht um eine politische Podiumsdiskussion, die mit dem Titel "Die neue Avantgarde" angekündigt wurde und an der eines der wichtigsten Mitglieder der Partei Alternative für Deutschland (AfD) teilnehmen wird, nämlich Dr. Marc Jongen.


Das antike Theater von Epidaurus. Gebaut im 4. Jahrhundert vor Christus [7].

Gegen seinen Auftritt haben sich eine Reihe von Menschen ausgesprochen, vor allem aus der Theater-, Schauspieler- und generell der linken Szene. Dieser Widerstand kommt vor allem daher, dass die Veranstaltung im Theater Gessnerallee stattfinden wird. Dieses Theater ist vor allem ein Kunst- und Theaterkulturbetrieb, also weniger für politische Podiumsdiskussionen bekannt. Trotzdem hat sich nun eine grössere Welle der "Solidarität" vornehmlich unter Künstlern ergeben, die auch zur Veröffentlichung eines offenen Briefes geführt hat [2]. Stand 04. März 2017 17:30 haben diesen 425 Menschen diesen Brief unterzeichnet. Mich hat sogleich interessiert, woher denn die Leute stammen oder wo sie denn wohnen, dass es für sie relevant ist, eine Veranstaltung in Zürich um einen Teilnehmer zu verkleinern oder um den Schweizern zu erklären, wie ein demokratischer Diskurs inszeniert werden soll. Ich habe dazu die von den Unterzeichnern angegebenen Orte ausgelesen und nach Ländern zugeteilt. Nach Nationalitäten aufzuschlüsseln wäre sehr aufwendig, aber was mir direkt aufgefallen ist, ist die Tatsache, dass die Deutschen massiv überwiegen.

Natürlich ist Dr. Marc Jongen Deutscher Staatsbürger mit Südtiroler Herkunft. Vielleicht fühlen sich die Deutschen Kritiker seiner Auftritte deswegen besonders berufen, ihre Kritik oder ihren Protest auch im Ausland auszuleben. Wer weiss.

LandAnzahl EinträgeAnteil
Deutschland33877,346 %
Schweiz6414,645 %
Österreich122,746 %
Grossbritannien20,458 %
Finnland20,458 %
Argentinien10,229 %
Belgien10,229 %
Japan10,229 %
Niederlande10,229 %
Norwegen10,229 %
Schweden10,229 %
Südafrika10,229 %
Ungarn10,229 %
USA10,229 %
unbekannt102,288 %
Total437100 %

437 Ländereinträge kommen deswegen zustande, weil 12 Unterzeichner Städte in jeweils zwei verschiedenen Ländern angegeben haben.

Das Schweizer Medienportal 20min.ch berichtete zweifach über den Zwist, der gerade unter Linken wohl ziemlich heftig geführt wird. Einige, darunter die Schweizer Juso-Präsidentin Tamara Funiciello [3], sind generell für den Dialog mit Andersdenkenden [4], weil sie sich rhetorisch und inhaltlich für kompetitiv halten. Andere, wie wohl die meisten der Unterzeichnenden des offenen Briefes, möchten die Stimmen des politischen Gegenpols lieber abschalten, obwohl sie eigentlich wissen müssten, dass dieser Gegenpol sowieso existiert und es ehrlicherweise keine politischen Monopole gibt. Sogar in Diktaturen gibt es trotz möglicherweise massivster Unterdrückung immer abweichende Positionen. Ausgrenzung und Unterdrückung befördern geradezu das Entstehen oppositioneller Bewegungen.

Im zweiten heute erschienen Artikel bei 20min.ch [5] wird der schweizer Politgeograph Michael Hermann befragt und eine Umfrage durchgeführt. Mindestens in der Schweiz ist dieser einigermassen bekannt [6]. In diesem geht es nur um die AfD, wobei Hermann vor allem auf Fakten aufmerksam macht. Fakten, wie den Status der AfD als eine legitime Partei in der Bundesrepublik Deutschland, die von Staates wegen weder als grundgesetzfeindlich, noch extremistisch gesehen wird. Auf die Persönlichkeit von Marc Jongen wird leider gar nicht eingegangen, wohl auch deswegen, weil er beiden Gesprächsteilnehmern wohl gar wohl gar nicht bekannt ist. Michael Hermann erwähnt in seinen Antworten, dass er beobachtet, dass die Gesellschaft heute mehr nach politischen Milieus getrennt ist, als noch vor ein, zwei Dekaden.

Nun noch die Resultate der Umfrage, Stand 04. März 23:45 [5]. Die Meinungen pro Diskurs überwiegen bei weitem.

Sollten alle politischen Meinungen an ein Podiumsgespräch zugelassen werden?Anteil4299 Teilnehmer
Ja, alles andere ist feige.83 %ca. 3568
Nein, zu extremen Positionen (rechts oder links) sollte man keine Plattform geben.9 %ca. 387
Kommt immer auf das Thema und die Zusammensetzung der Runde an.7 %ca. 301
Weiss nicht.1 %ca 43

[1] https://steemit.com/deutsch/@saamychristen/ideologie-019-diktatur-in-den-koepfen-gefaehrdet-die-demokratie
[2] http://www.nachtkritik.de/images/stories/pdf/2017/OffenerBriefTheaterhausGessnerallee.pdf
[3] Durch den Monat mit Tamara Funiciello (Teil 1) - Warum sorgt die Juso nicht hier für mehr Trubel? WOZ.ch, Nr. 27/2016 vom 07.07.2016
http://www.woz.ch/1628/durch-den-monat-mit-tamara-funiciello-teil-2/ist-diese-rhetorik-nicht-verstaubt
Durch den Monat mit Tamara Funiciello (Teil 2) - Ist diese Rhetorik nicht verstaubt? WOZ.ch, Nr. 28/2016 vom 14.07.2016
http://www.woz.ch/1628/durch-den-monat-mit-tamara-funiciello-teil-2/ist-diese-rhetorik-nicht-verstaubt
[4] Theater Gessnerallee - Streit unter Linken – darf man mit der AfD reden? 20min.ch, 04. März 2017
http://www.20min.ch/schweiz/news/story/12309610
[5] Streit um Auftritt in Zürich - «Wir reden hier von der AfD, nicht von Mördern» 20min.ch, 04. März 2017
http://www.20min.ch/schweiz/news/story/-Wir-reden-hier-von-der-AfD--nicht-von-Moerdern--26992616
[6] https://de.wikipedia.org/wiki/Michael_Hermann
[7] Bild des Theaters. Copyleft: Dieses Kunstwerk ist frei, es darf weitergegeben und/oder modifiziert werden entsprechend den Bedingungen der Lizenz „Freie Kunst“. Urheber ist User "Wladyslaw", gefunden wurde das Bild auf folgender Webseite:
https://de.wikipedia.org/wiki/Theater

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