12. November 2017
Vergangene Woche, genau gesagt am 08. November, jährte sich die historische Wahl Donald Trumps zum Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika zum ersten Mal, über die ich damals auch berichtet habe [6]. Historisch sage ich nicht deswegen, weil ich ein blinder Verehrer dieses Mannes wäre, sondern weil in gewissen Medienerzeugnissen dessen Gegnerin überwältigend hohe Wahrscheinlichkeiten für den Sieg vorhergesagt wurden. Bis zu 98,1/1,6 - normiert 61/1 - reichte das Spektrum dieser Prognosen.
Diese Woche habe ich etwa dieses Bild bei Twitter gefunden [1]:
Dass man bei einer Prognose auch mal danebenliegen kann, ist für mich überhaupt kein Problem. Bei Schätzungen kann man sich irren. Je nach Art der Schätzung und nach Expertise des Schätzers ist es vielleicht gut, wenn man die richtige Grössenordnung herausbekommt. Bei anderen Sachverhalten, etwa wenn es bereits eine Menge an eigentlich bekannten Referenzdaten gibt, sollte man präziser sein.
Geht es um eine Abstimmung, ist eine Vorhersage schwierig, wenn das zu erwartende Verhältnis einigermassen eng wird. Bei einem Verhältnis von 60/40 - normiert 1,5/1 - oder noch grösser, darf man sich seiner Sache einigermassen sicher sein. Ist das Verhältnis enger als 55/45 - normiert 1,22/1 - sollte man langsam vorsichtig werden, selbstverständlich abhängig von den Daten, die einem vorliegen.
Deshalb hier noch einmal die Daten der Präsidentschaftswahl in den USA von 2016 [2], in Klammern jeweils die normierten Ergebnisse:
Kandidat | Partei | Stimmen | % | Wahlmänner | Staaten |
---|---|---|---|---|---|
Donald Trump | GOP | 62'984'825 | 46,09 (1) | 304 (1,34) | 30 (1,5) |
Hillary Clinton | DP | 65'853'516 | 48,18 (1,046) | 227 (1) | 20 (1) |
Aus den Wähleranteilen kann man sehen, dass es nur bei den gewonnenen Staaten und den Wahlmännern eindeutig war. Die Republikanische Partei hatte also ihren Wahlkampf besser auf das Wahlsystem ausgelegt. Bei den Wähleranteilen über die ganze Nation war es einigermassen eng. Mit einem normierten Verhältnis der Wählerstimmen von 1,046/1 war das Rennen eindeutig eng genug, um mit Prognosen im Vorfeld vorsichtig zu sein.
Eine Prognose für die Siegeswahrscheinlichkeit von mehr als 60/1 war vollkommen unangebracht, wenn sie erst noch in die falsche Richtung geht, lässt sich das nur noch als Peinlichkeit höchsten Ausmasses bezeichnen.
Es ist vornehmlich auch deswegen vollkommen peinlich, weil neben Meinungsbeiträgen es immer noch die Kernaufgabe der Medien sein sollte, das Publikum zu informieren, nicht es mit dem eigenen Wunschdenken zu 'beglücken'. Wunschdenken kann ich in meinem eigenen Wesen genügend vorfinden, davon brauche ich nicht noch mehr, schon gar nicht als Beigemüse oder Ballast in der Berichterstattung.
Der Demokratischen Partei hat der mediale Jubel garantiert auch nicht genützt, da es nicht darum ging, einen bequemen Erfolg einzufahren, sondern um jede Einzelne Stimme zu kämpfen.
Nun aber noch zum Titelthema: Es wird seit langem behauptet, es wäre bei derselben Wahl zu einer signifikanten, ausländischen Einflussnahme gekommen, konkret aus Russland [3]. Zum Thema ist eine Vielzahl an Artikeln erschienen, als Beispiel sei ein ziemlich aktueller Artikel beim Deutschlandfunk erwähnt [4].
Dazu seien die folgenden vier Dinge gesagt, die in meinem Kopf völlig klar zu sein scheinen, in den Medien kaum Eingang finden:
1.) Grossmächte oder Länder, die sich dafür halten, versuchen international Einfluss auszuüben. Man spielt Szenarien (z.B. Desinformationskampagnen) durch und versucht daraus qualitativ und quantitativ abzuleiten, wo man imstande ist, Akzente zu setzen und wie viel man tatsächlich bewegen kann. Das sind klassische Muskelspiele und Kriegführung tiefer Eskalationsstufe. Deswegen ist es auch nicht förderlich, wenn ein Staat sehr in die Informationsflüsse Einfluss zu nehmen versucht. In offenen Gesellschaften ist es essentiell, dass die Menschen gebildet sind und dass sie selbständig in den meisten Fällen richtig und falsch voneinander unterscheiden können. Es ist auch wichtig, dass sie ihre Kräfte zur Bewahrung der Ordnung gegen die Menschen richten, die sie betrügen und hinters Licht führen wollen. Das bedingt aber, dass der Staat selber Wert auf seine eigene Glaubwürdigkeit legt, von den Bürgern Eigenverantwortung einfordert und sie soweit möglich zur Selbständigkeit erzieht.
2.) war die Kandidatin der Demokraten keine besonders beliebte Figur. Russische Propaganda hin oder her, Frau Clinton ist eine Figur, die polarisiert und viele Gegner hat. Dazu gibt es bestätigte Beziehungen von Hillary Clinton [5] nach Russland. Es gab dazu auch ein Video von Alexander Benesch [6]. Stichworte aus dem Video:
- das russische Silicon Valley Skolkowo
- der russische Staatsfond Rusnano für Nanotechnologieforschung
- Cisco, Google und Intel, die in Skolkowo investieren wollen, alle drei Unterstützer der Clinton-Stiftung
- Viktor Vekselberg, russischer Industrieller
- Andrey Vavilov
- Rosatom, die russische staatliche Atomenergiebehörde kaufte Uranium One, eine kanadische Uranfirma. Der Deal musste durch das US-Aussenministerium unter Hillary Clinton genehmigt werden
- Anatoli Tschubais, Vorsitzender Rusnano
- John Podesta, hoher Funktionär der Demokratischen Partei in den USA, Beziehungen zur Energiebranche, war im Board of Directors von Joule Unlimited, Gründer des Think Tank Center for American Progress
- Graham T. Allison, stellvertretender Sekretär im US-Verteidigungsministerium, im Board of Directors der Joule Unlimited Holding
- Leonid Reiman, russischer Geschäftsmann und Politiker, Telekommunikation, Angstrom Microsystems
- Kamaz, russischer Hersteller von Fahrzeugen, Lastwagen bis Panzer, vernetzt zum Innovationszentrum Skolkowo und dessen Stiftung, Projekte etwa im Bereich hyperschall-Lenkwaffen
3.) ist für die Abwehr ausländischer Einflussnahme die Regierung verantwortlich. Die Regierung, die nämlich auch Befehlsgewalt über das Polizeiwesen und die Nachrichtendienste hat. Zur Zeit dieser Wahl war der Lieblingspräsident der meisten Journalisten, Barack Obama [6], im Amt. Eine russische Einflussnahme zu verhindern und gegen konkrete Bedrohungen vorzugehen, hätte in der Verantwortung des Obama-Kabinetts gelegen, nicht in der Verantwortung der erst später ins Amt gesetzte Regierung um Donald Trump. Bei einer wirkungsvollen eigenen Verteidigung muss man Beeinflussung permanent erkennen und nicht nur selektiv, wenn es gerade so passt. Dies im Gegensatz zum medialen Narrativ, das die Regierung unter Obama in Berichten zu diesem Thema nur wenig erwähnt.
4.) ist russische Einflussnahme etwa durch die eigenen Sendungen des russischen Auslands-Staatssenders RT seit längerem etabliert. Ich bemängle an diesem Sender vor allem, dass er viel zuwenig über Russland selber sendet. Ein Auslandssender, der kaum Inhalte aus dem eigenen Land zeigt, erscheint mir seltsam. Die bekannteste RT-Sendung, Crosstalk [7], habe eine Zeit lang regelmässig geschaut. Das Niveau halte ich dort teilweise für gar nicht schlecht, es sind meist Intellektuelle zu Gast. Trotzdem sollte man gerade deren Aussagen auseinandernehmen, um den Anteil Wahrheit vom Anteil Propganda hoffentlich unterscheiden zu können.
[1] https://twitter.com/RealJamesWoods/status/928467503835119618
[2] https://de.wikipedia.org/wiki/Pr%C3%A4sidentschaftswahl_in_den_Vereinigten_Staaten_2016
[3] https://de.wikipedia.org/wiki/Hackeraff%C3%A4re_zwischen_Russland_und_den_USA_ab_2016
[4] US-WahlkampfmanipulationFacebook: Hätten russische Einflussnahme verhindern sollen. Deutschlandfunk, 01. November 2017, von Stefan Fries http://www.deutschlandfunk.de/us-wahlkampfmanipulation-facebook-haetten-russische.2907.de.html?dram:article_id=399550
[5] https://de.wikipedia.org/wiki/Hillary_Clinton
[6] Hillary im Bett mit Russlands militärisch-industriellem Komplex. Alexander Benesch, 30. August 2016
https://de.wikipedia.org/wiki/Skolkowo
https://de.wikipedia.org/wiki/Innovationszentrum_Skolkowo
https://en.wikipedia.org/wiki/Rusnano
https://de.wikipedia.org/wiki/Wiktor_Felixowitsch_Wekselberg
https://en.wikipedia.org/wiki/Andrey_Vavilov
https://en.wikipedia.org/wiki/Rosatom
https://en.wikipedia.org/wiki/Uranium_One
https://de.wikipedia.org/wiki/Anatoli_Borissowitsch_Tschubais
https://en.wikipedia.org/wiki/John_Podesta
https://en.wikipedia.org/wiki/Joule_Unlimited
https://en.wikipedia.org/wiki/Center_for_American_Progress
https://en.wikipedia.org/wiki/Graham_T_Allison
https://de.wikipedia.org/wiki/Leonid_Dododschonowitsch_Reiman
https://en.wikipedia.org/wiki/Skolkovo_Foundation
[6] https://de.wikipedia.org/wiki/Barack_Obama
[7] https://www.rt.com/shows/crosstalk/
[8] Wahl des US-Präsidenten - Mechanistisches Denken II. @saamychristen, November 2016 https://steemit.com/deutsch/@saamychristen/wahl-des-us-praesidenten-mechanistisches-denken-ii
Politik - Wahlen in den USA - Rückblick. @saamychristen, November 2016 https://steemit.com/deutsch/@saamychristen/wahlen-in-den-usa-rueckblick
Bisherige Posts in der Rubrik «Ideologie».
Übersicht über alle Rubriken.
Die These, die hierzulande schon fast als "bewiesen" durch die Presse geistert, dass die Russen die amerikanischen Wahlen erfolgreich in ihrem Sinne beeinflusst hätten und damit dafür gesorgt hätten, dass Trump Präsident geworden sei, ist einerseits so offensichtlich lächerlich und anderseits ein derartiges Armutszeugnis für die USA, dass es eher als Musterbeispiel für den Niedergang der Presse der sog. "freien Welt" dient als als Hinweis auf die übermenschlichen Propagandaqualitäten der bösen Ivans.
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Lächerlich ist vor allem die These, den Russen sei der grosse Coup gelungen und sie hätten in wirklich entscheidendem Masse beeinflussen können.
Bei der NZZ erschienen zweimal dpa-Meldungen darüber, dass aus Russland ein 6-stelliger (haha, wie niedlich) Betrag an US-Dollars in Facebook-Werbung investiert wurde und dass für Demos geworben wurde [1, 2]. Wie du schon erwähnt hast, würde ein sechsstelliger Betrag wird wohl ganz eindeutig den Unterschied ausmachen, wenn für den Wahlkampf ein zehnstelliger Betrag ausgegeben wurde. Ich wüsste nicht, wo man sonst je eine solche Effizienz gesehen hätte, gerade in Russland.
Ein Teil der Lächerlichkeit ist auch, dass in den dpa-Berichten von "Russischen Drahtziehern" die Rede ist, es werden keinerlei Angaben gemacht, wer genau dahintersteckt. Bei Wiki steht immerhin etwas von GRU, dem russischen Militärgeheimdienst.
[1] Russische Drahtzieher kauften Platz für Facebook-Anzeigen. NZZ.ch, 07. September 2017
https://www.nzz.ch/international/us-praesidentschaftswahlkampf-russische-drahtzieher-warben-auf-facebook-auch-fuer-demos-in-den-usa-ld.1315691
[2] Russische Drahtzieher warben auf Facebook auch für Demos in den USA. NZZ.ch, 12. September 2017 https://www.nzz.ch/international/us-praesidentschaftswahlkampf-russische-drahtzieher-warben-auf-facebook-auch-fuer-demos-in-den-usa-ld.1315691
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Sogar in der NZZ? Oh weia ...
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Dein Kommentar bringt es genau auf den Punkt!
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James Woods tweeted @ 09 Nov 2017 - 03:41 UTC
Disclaimer: I am just a bot trying to be helpful.
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