Liebe Steemians,
ich hatte gestern die Gelegenheit, im Rahmen eines community-Projektes einen Tag im Nationalpark Donau-Auen zu verbringen, in gesperrten Bereichen, dort wo kein Tourist hinkommt.
Der Nationalpark Donau-Auen, gelegen zwischen Wien und Bratislava, ist mit seinen 9600 Hektar die letzte große Flussauen-Landschaft Mitteleuropas.
Auwald bei Eckartsau
Seit 1996 kann sich die Natur an diesem weitgehend unregulierten Abschnitt der Donau, streng geschützt und ohne wirtschaftliche Eingriffe, dank der regelmäßigen Überschwemmungen (mit Pegelschwankungen von bis zu 7 Metern) frei entfalten. Bloß der sog. Marchfeldschutzdamm, der vor ca. 100 Jahren gebaut wurde und derzeit gerade aufwendig saniert wird, schützt die Dörfer im Norden vor Überschwemmungen. Die am linken Donauufer gelegenen verlandenden Altarme gehören zu den artenreichsten Wasser- und Sumpfpflanzengesellschaften Europas (Quelle).
Der zu Wien gehörige Teil, die Lobau, ist für die Wiener auch ein wichtiger Naherholungsraum.
Hier eine Übersicht über den 38 km langen, aber nur max. 4km breiten Park:
Bevor das Gebiet geschützt wurde, wurden Bäume geschlägert, Fischfang und Jagd betrieben. Diese Bewirtschaftung hat Schäden in der Natur hinterlassen, die bis heute nachwirken und von den Förstern und Park-Rangers in Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern (und freiwilligen Helfern) untersucht und soweit möglich behoben werden. Da es um Wald geht, eine Arbeit für Generationen! Ein Beispiel: Früher wurden auf vielen Hektar sogenannte "Hybrid-Pappeln" für den Holzertrag angepflanzt (weil die sehr schnell wachsen). Diese verwilderten und kreuzten sich mit einheimischen Pappeln (und verdrängten einheimische, nicht so rasch wachsende Arten).
Alte Hybrid-Pappeln (mit starker Bemistelung)
Die Auswirkungen dieses Verlustes des ursprünglichen, standorttypischen Genpools sind schwierig abzuschätzen, und die Förster versuchen unter anderem durch Ansiedelung von einheimischen Arten (z.B. Stieleichen oder Weißpappeln) in Hybridpappelzonen einen wieder mehr standorttypischen Auwald zur Entfaltung kommen zu lassen. Der Götterbaum ist ein anderer sog. "Neophyt", der nicht hierhergehört und daher bekämpft wird (siehe weiter unten).
Ein weiteres Beispiel für die Schäden der Bewirtschaftung sind Wirtschaftswege, Zäune und dergleichen, die zu entfernen eine mühsame Angelegenheit ist (1000e ha!).
Durch die Jagd wurde eine stattliche Rotwildpopulation herangezüchtet und gleichzeitig natürliche Feinde ausgerottet (der letzte Luchs wurde hier um 1937 geschossen).
Diese Bäume wurden durch Stürme gefällt.
Da nicht eingegriffen wird (also die gestürzten Bäume entfernt werden), kann man in Ruhe beobachten, welche Auswirkungen diese Sturmschäden für das Biotop haben. Eine ist zum Beispiel, dass in diesen Bereichen das Rotwild nicht hinkommt, wodurch junge Bäume aufkommmen können und zur Verjüngung des Waldes beitragen. Rotwild ist oft sehr störend für die Wiederaufforstung, da Hirsche offenbar ein Faible für jungen Baumtriebe haben (besonders im Winter bei Schneelage).
Fährte eines Rothirsches
Abgestorbene Bäume können auch Lebensraum darstellen, noch bevor sie irgendwann schliesslich umfallen. Hier sieht man viele Höhlen von Spechten, die gerne im Altholz nach Insekten suchen. Je höher, desto besser, als Schutz gegen Marder und andere Räuber.
Der Götterbaum (ursprünglich aus China) wurde hier angesiedelt, um als Nahrung für Seidenraupen zu dienen, aus deren Seide man Fallschirme für die Kriegsproduktion gemacht hatte. Leider breitete sich der Götterbaum ziemlich aggressiv aus (er gilt als eine der hundert problematischsten invasiven Arten in Europa), sodass er hier im Park auch bekämpft wird, aber nicht durch Fällen (dann würde er umso stärker austreiben) oder durch Herbizide (verbietet sich klarerweise im Naturpark), sondern durch Beringelung. Dabei wird ungefähr 20cm von seiner Rinde entfernt, sodass er langsam, über Jahre abstirbt.
Beringelung eines Götterbaums
Unsere Aufgabe war es, neu gepflanzte Jungbäume von überwuchernden Waldreben zu befreien. Ausgerüstet mit Macheten und Sicheln, schwärmten wir aus und verwandelten so etwas...
in einen halbwegs "geordneten" Zustand (die Drahtkörbe dienen als Schutz gegen Rotwildverbiß).
Diese Aufforstungen betreffen nur einen kleinen Teil - wenige Hektar - der Hybridpappelareale und dienen als Experiment, ob es funktioniert, einheimische Bäume wiederanzusiedeln. Die meisten Bereiche überlässt man dem Lauf der Natur. Es wird Jahrzehnte dauern, bis man beurteilen kann, was für den Auwald besser ist.
Der Nationalpark kann frei, ohne Eintritt betreten werden zum Wandern und Radfahren, aber die Wanderwege dürfen nicht verlassen werden, und nicht alle Wege sind zum Radfahren freigegeben. Die Gewässer dürfen nicht mit motorisierten Booten befahren werden. Ein Besuch lohnt sich, gerade im Herbst sind die Farben wunderschön (und die Gelsenplage, die im Hochsommer beachtlich ist, ist dann vorüber). Festes Schuhwerk und Regenschutz sind unbedingt dabeizuhaben.
Das Uferhaus Orth ist als Einkehrstation sehr zu empfehlen, es bietet die besten Fischgerichte weit und breit! Achtung, Nov. bis Jänner geschlossen.
Mehr Infos (und Quelle für 3. Bild):
https://www.donauauen.at/der-nationalpark/
!steemitworldmap 48.125624 lat 16.711114 long Nationalpark Donau-Auen d3scr
Super Bericht und tolle Bilder!
Ich finde es unheimlich wichtig, dass man Naturschutzräume wie diese einrichtet, in denen man die Natur sich selbst überlässt.
Ich selbst war heute auch in solch einem Wald. Gerade jetzt im Herbst ist es dort ganz wunderbar. (Bericht kommt später, muss erst noch Bilder sichten...)
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Tolle Bilder aus dem Nationalpark, scheint ja wirklich ein sehr schöner Park zu sein. Gruß aus Berlin und schönes Wochenende! Jonas
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Danke für die schönen Aufnahmen!
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