Nur die beraten, die zahlen können, oder doch Sponsoren suchen? - Mein Dilemma.

in deutsch •  7 years ago 

Guten Tag Steemit. Heute komme ich mit einem Dilemma zu Euch. Es fällt mir nicht leicht dieses Thema so offen zu legen, aber wenn ich eins gelernt habe, dann dieses Unbehagen das Beste Indiz für großes Potential ist.

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Hast du nichts, bist du nichts, oder?

Wie ihr wisst, habe ich begonnen als Persönlichkeitcoach zu arbeiten. Da ich seit meiner Geburt eine Behinderung habe, kenne ich auch die Perspektive einer Behinderten und ich berate auch Menschen mit Behinderung. Viele der Ratsuchenden, die mich in den vergangenen Wochen angeschrieben haben, arbeiten nicht auf dem ersten Arbeitsmarkt. Sie sind in Werkstätten für Menschen mit Behinderung beschäftigt oder in ähnlichen Projekten.
Menschen mit Behinderung, die in solchen Einrichtungen arbeiten verdienen wenig. Ein Freund von mir war in so einer Werkstatt und hat 6,50 € am Tag verdient. Er konnte also nicht von seiner Arbeit Leben, sondern bekam noch Hilfe vom Staat und hatte am Ende 200 € mehr als jemand der Arbeitslosengeld zwei bekommt und das bei einer Vollzeitbeschäftigung. Davon kann man sich keine großen Sprünge leisten. Das ist aber noch nicht das größte Hindernis. Viele Behinderte stehen zusätzlich noch unter Betreuung. Sie haben einen gesetzlichen Vormund und sind nicht geschäftsfähig. Selbst, wenn sie das Geld hätten, um in Bildung und Persönlichkeitsentwicklung zu investieren, sie bräuchten immer das Einverständnis des Betreuers und viele haben kein gutes Verhältnis zu ihren Betreuern. Ausgaben, die sie gerne machen würden, zum Beispiel für eine Musikschule, werden als Blödsinn abgetan.
Diese Geschichten zu hören, ist für mich sehr schmerzhaft. Ich sehe, dass diese Menschen gerne ihren Horizont erweitern würden, aber ausgebremst werden. Immer wieder kommt mir dann das Sprichwort in den Sinn: Hast du nichts, bist du nichts. Weil diese Leute kein Geld für Bildung haben, kommen sie nicht vom Fleck und weil sie nicht aus ihrer Sackgasse kommen, werden sie sich auch weiter nicht mehr leisten können.

Das sind nicht meine Kunden

Im Moment betreue ich meine Kunden noch kostenlos, aber das werde ich nicht aufrecht erhalten können. Immer wieder höre ich dann von Experten aller Art: Meine Kunden sind nur die, die sich meine Dienstleistung auch leisten können.
Da ist natürlich logisch und richtig, aber es ist einfach schmerzlich zu sehen, wer dann auf der Strecke bleibt. Oder liege ich da falsch? Vielleicht werden auch die, die heute noch keinen Weg sehen, in einigen Monaten doch in meine Persönlichkeitsentwicklungsschule kommen. Vielleicht brauchen sie nur einen Pusch. An dieser Stelle komme ich ins Stocken. Fordere ich die Menschen, indem ich sie gleichstelle und gleichermaßen Geld von ihnen verlange, oder schließe ich sie aus?

Wären Sponsoren eine Lösung?

In den letzten Tagen kam mir die Idee Sponsoren zu suchen für eine Intensivbetreuung in meiner eigenen Persönlichkeitsentwicklungsschule. Mindestens 10 Schüler hätte ich schon heute. In diesem gesponserten Programm könnte ich die Basis erklären. Zeigen, wie jeder in sich den Wert und das Selbstbewusstsein findet, sein eigenes Leben endlich selbst in die Hand zu nehmen. Das wäre mein Herzenswunsch. Die Frage die ich mir stelle ist nur: Mache ich damit Behinderte nicht wieder zu Bedürftigen und verstärke damit die Muster, die sie heute abhängig machen?
Ich weiß, das ist keine leichte Kost, aber mich würden Eure Meinungen dazu wirklich interessieren. Vielen Dank im Voraus für alle Antworten. Wo sollte ich solche Fragen stellen, wenn nicht auf Steemit? :)

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Wenn Du Gutes tun willst, musst Du erstmal auf den Beinen stehen. Heißt: Du brauchst genug zahlende Kunden, um anderen, denen die Zahlung verwehrt ist, zu helfen. Eine gute Dienstleistung kostet nunmal Geld, denn es ist Deine Zeit, Dein Wissen und Deine Energie, die Du Preis gibst. Ich würde mir ein festes Zeitbudget für Wohltätigkeit für den von Dir umrissenen Personenkreis festlegen und darüber hinaus nicht kostenfrei tätig werden. Sonst sitzt Du in der Falle.
Dazu kommt, dass der Mensch dazu neigt, Kostenloses nicht zu würdigen. Ist leider so, ob einem das gefällt oder nicht.
Meine Erfahrung :-). Vielleicht kriegst Du es aber besser hin ...

Absolut, meine volle Zustimmung!
Tatjana, kennst du das Zitat "Wer will findet Wege, wer nicht will, findet Gründe?" Weißt du wie viele, die es sich nicht leisten können, Wege finden, um ein sau-teures Smartphone zu kaufen? Jeder hat Geld für das, was ihm wichtig ist. Und wenn nicht, findet ER einen Sponsor. Nicht du.
Gratis eine Dienstleistung anzubieten hat noch einen ganz großen Haken. Meine ganz persönliche Erfahrung, denn "Solche ziehen Solche an". Soll heißen, du hilft einen und der macht natürlich Werbung für dich im Sinne von "die macht das umsonst". Am Schluss arbeitest du komplett gratis. Du bist aber nicht die Heilsarmee oder Zauberfee, sondern hast eine Firma. Und die muss genug Gewinn abwerfen, sonst bist DU bald selber in der Situation, staatliche Hilfe zu brauchen.
Aus persönlicher Erfahrung kann ich dir sagen, wir hatten lange Zeit recht günstige Preise und auch viele nervige Kunden (auch die, die nach Gratisleistungen fragen oder die, die schlecht oder erst nach etlichen Mahnungen zahlen). Irgendwann haben wir ein ganzes Stück angehoben und seitdem haben wir nur noch nette Kunden. Die anderen haben sich verabschiedet. Die netten Kunden haben die nötige WERTschätzung und empfehlen uns weiter.
Edit:
Mir kam gerade noch eine Idee:
Könntest du nicht 1 oder 2x im Monat eine Art Gratis Sprechstunde oder Workshop in einer Volkssolidarität o.ä. öffentlichen Einrichtung anbieten? Diese 1 Stunde ist gratis, aber kein Einzelcoaching, sondern eine offene Fragerunde. Fragen kannst du selbstverständlich nicht in voller Tiefe beantworten, dazu kann der Interessent dann dein persönliches Coaching buchen.

Ganz herzlichen Dank liebe Sabine, das rückt doch einiges zurecht. Ich habe ja meine kostenlose FB - Gruppe. Da wollte ich sowieso Fragerunden anbieten, sobald die Gruppe richtig läuft. Ansonsten muss ich weiter an meiner Onlinepräsens pfeilen, damit ich die richtigen Kunden anziehe!

:) Das mit dem zweiten Account hat schon seine Tücken, aber du weißt ja, dass ich auch @sumsum bin.

Leroy! Du hast 100% ins Schwarze getroffen! Ein festes Zeitfenster festzulegen ist eine sehr gute Idee. Das werde ich so machen. Vielleicht eine feste Zeit in der Woche, die immer gleich ist.

Hallo Tatjana, das ist keine einfache Frage. Auch wenn es für dich Anfangs schmerzlich ist, würde ich an deiner Stelle versuchen, eine gute Basis inkl. Kundenstamm für dein Coaching zu schaffen. Du kannst dich nicht um alles kümmern - zumal nicht von Anfang an. Vielleicht kannst danach aus bestehenden Kunden, dein Netzwerk vergrössern und ich denke, die Chance sponsoren zu finden, ist danach auch grösser. Evtl. auch bei gemeinnützigen Organisationen nachfragen ob evtl. eine Zusammenarbeit möglich wäre. Wenn ich reich wäre, würde ich gerne bei dir investieren! Ich wünsche dir viel Erfolg! Liebe Grüsse

Hallo Prisca, vielen Dank für deinen Kommentar! Du hast Recht, das ist keine einfache Frage. Deshalb freue ich mich umso mehr, hier Mitdenkende zu haben.
Ich muss mir jetzt erstmal einen zahlenden Kundenstamm aufbauen, auch damit hast du auch Recht.

Oh. Ganz schwere Frage. Nur so vor mich hin gedacht... Wie wäre es wenn sich deine Kunden selbstbestimmt um solch einen Sponsor kümmern? Dies fühlt sich eher wie selbst erarbeitet an.

ja. Das habe ich auch schon gedacht. In diese Richtung wäre es am Besten. Da werde ich mal weiterdenken. Danke fürs Mitdenken :)

Gerne 😉👍🏻

Oh mit dem falschen account geantwortet :) - Danke nochmal!

Ich finde das Sponsoring eine gute Idee. Das hat meines Erachtens nach auch nichts mit Ausschließung oder Bevorzugung zu tun.
Außerdem befindet sich jeder Angestellte und Selbstständige in einer Abhängigkeit von Arbeit- oder Auftraggebern. Und bedürftig wären sie alle ohne ihre Jobs oder Aufträge.
Kurz gesagt: du findest nur heraus wie sich die Betroffenen fühlen, wenn du Sponsoren findest und startest.
Menschen wie du machen unsere Welt mit ihrem Handeln ein kleines Stück besser und gerechter - DANKE!

Wie die Betroffenen sich fühlen, bekomme ich ja mit. Sie melden sich ja bei mir mit vielfältigen Fragen. Um sie richtig zu betreuen, muss ich aber Geld damit verdienen, was sie mir (noch) nicht geben können. Das heißt momentan für mich, ich muss sie (für eine Weile) wegschicken, bis ich (oder noch besser der Kunde selbst) die finanziellen Ressourcen hat.

Das hab ich auch so verstanden. Ich meinte auch wie sich die Betroffenen dann mit dem Sponsoring fühlen und das es eine gute Idee ist um niemanden mehr wegschicken zu müssen.

Ah ... Danke für den Kommentar. Jetzt habe ich es verstanden. Guter Hinweiß. :)

Ich hatte schon mal ähnliche Gedanken und zog in Betracht, mittelfristig eine Stiftung zu gründen.
Mich mit anderen Coaches vergleichen, halte ich für wenig sinnvoll.
Vielleicht gibt es Möglichkeiten, Dein Angebot an öffentliche Träger (Caritas, Jobcenter) anzubinden?

Hallo Anni,

danke für deinen Kommentar. Ich habe auch kurz drüber nachgedacht mal bei anerkannten Verbänden anzuklopfen. Das werde ich aber nicht tun. Aus folgenden Grund: Verbände, die Menschen mit Behinderung auf die, zur Zeit, anerkannte Weise helfen, haben in der Regel ein sehr einschränkendes Menschenbild. Meist gehen sie nicht davon aus, dass ein Mensch, der eine Behinderung hat auch wirklich alles lernen kann. Mehr noch: In heutigen Hilfesystemen sind Behinderte immer Bedürftige und Bittsteller. Das widerspricht zu 100% meinem Ansatz. Deshalb kann ich mir nur eine Zusammenarbeit mit Unternehmen vorstellen, die Wachstum und Entwicklung fördern und schätzen!

Ich kann da in vielem @leroy.linientreu zustimmen.
Die Idee, später eine gewisse Zeit für solche Klienten zu reservieren, wenn du super auf einen Beinen stehst, find ich sehr schön. Zeitgleich gefällt mir aber auch die Idee mit einem Sponsoring, ich z.B könnte mir gut vorstellen mich da mit einem kleinen Beitrag zu beteilige.

Du wirst sicher eine gute Lösung finden Liebes.

Spirit women 💪

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