Lasst und ehrlich sein: Aragorn ist ein richtig schlechter militärischer Führer, der seine Erfolge im Ringkrieg wohl mehr dem Glück als seinen Fähigkeiten zu verdanken hat!
Persönliche Courage bedeutet keine militärischen Fähigkeiten
Bevor wir den König von Gondor hemmungslos kritisieren, soll ihm zunächst Anerkennung zuteil werden. Was seine individuellen Fertigkeiten mit Schwert und Bogen angeht, dürfte ihm keiner von uns gewachsen sein. Wie er sich mutig allen möglichen Gegnern in den Weg stellte, ob es nun Warg, Uruk-Hai, Orks oder Nazgul waren, verdient größte Hochachtung. Ich hätte mir wohl bei jedem dieser Gegner die Hosen voll gemacht. Allerdings sind individuelle Fertigkeiten mit dem Kriegsgerät und großer Mut kein Automatismus, wenn es um die Frage der Fähigkeiten als militärischer Anführer geht.
Aragorn instruiert seine Begleiter nicht
Aragorn weiß von Anfang an, mit wem es die Hobbits zu tun haben werden. Dennoch kommt er nicht auf die Idee, ihnen lautes Gerede und das Entfachen eines Feuers zu verbieten, als sie auf der Flucht vor den Ringgeistern sind. Ein guter militärischer Führer, ein guter Anführer im Allgemeinen, sieht seinen Kenntnisstand und seine Fertigkeiten nicht als bei allen Anderen gegeben an. Er hätte also seine Begleiter zwingend daraufhinweisen müssen, dass Sie um jeden Preis unter dem Radar der Ringgeister bleiben müssen.
Da Aragorn dies unterließ, zündeten die anderen Hobbits auf Amon Sul, der Wetterspitze, gemütlich ein Feuer an während Frodo schlief und machten sich etwas zu Essen. Da dies auch noch auf erhöhter Position stattfand, konnten die Nazgul sie so finden. Entsprechend hätte die ganze Geschichte schon hier mit Leichtigkeit enden können!
Aragorn warnt seine Begleiter nicht, obwohl er Orks am Ufer vermutet
Nachdem sich die Gefährten gefunden haben, brechen sie gen Mordor per Boot auf. Aragorn erwähnt, dass Orks am Ostufer des Anduin Wache halten. Dennoch werden die Gefährten nicht gewarnt, es werden keine Posten aufgestellt. Daher wandert Frodo auch gemütlich los und lässt die Gedanken schweifen, wobei er auf Boromir trifft. Dieser will den Ring an sich nehmen, was das ganze Unternehmen an sich schon wieder gefährdet hätte. Nachdem Frodo den Ring nutzt um vor Boromir zu flüchten, trifft er auf den Holz sammelnden Aragorn, bevor beide von Uruk-Hai angegriffen werden. In der Folge des Gefechts fällt Boromir und Frodo und Samwise setzen die Reise nach Mordor alleine fort.
Hätte Aragorn seine Gefährden gewarnt, sie hätten zusammenbleiben können. Boromir wäre nicht gefallen und hätte auch nicht auf die Idee kommen können, sich den Ring anzueignen. Wieder versagte Aragorn. Statt seine Gefährten zu warnen und ihre Verteidigung zu organisieren geht er Holz sammeln und überlässt sie ihrem Schicksal…
Aragorn gibt sich in Helms Klamm bei der Schlacht um die Hornburg unnötig in Gefahr
Wenn es um diese Anschuldigung geht, muss man fair bleiben. Zum einen gibt es verschiedene Theorien, wie ein General bzw. Anführer zu führen hat. Zum Anderen war er auf dem Weg nach Helms Klamm und dort selbst theoretisch nicht der Oberkommandierende, wenngleich das Versagen von König Théoden ihn de facto dazu machte.
Doch zunächst zu den Theorien der Führung. Zum einen kann man durch Vorbild führen, die Führung von vorne. Wenn der Anführer mit seinen Männern kämpft, motiviert er diese und leitet sie durch sein Vorbild an. Während dies auf unteren Ebenen absolut Sinn macht, ist es fraglich ob der Oberkommandierende sich einer solchen Gefahr aussetzen sollte. Ein Armbrustbolzen und Aragorn könnte fallen. Die Auswirkung auf die Moral wäre verheerend. Napoleon soll gesagt haben: „Ein General soll führen, nicht kämpfen“. Dies wäre entsprechend die andere Art der Führung. Während der Blick von den Zinnen schon alleine wegen des Überblicks gerechtfertigt ist, sollte sich kein Kommandierende je unnötig in Gefahr begeben.
Während jedoch sein finaler Ausritt mit dem König und den letzten Verteidigern zu rechtfertigen ist, ist es der Angriff auf die das Tor bedrängenden Uruk-Hai nicht. Nur mit Gimli zusammen greift er eine gewaltige Übermacht an, um anschließend mit einem Seil in unmittelbarer Nachbarschaft zu zahlreichen Angreifern auf die Mauer gezogen zu werden. Hier hätte ein Bolzen seiner Karriere ein schnelles Ende bereiten können, ja eigentlich müssen.
Ein Anführer teilt seinen Untergebenen das Notwendige mit
Sicher, ein Anführer ist, je nach System, nicht zur Rechenschaft gezwungen. Wohl aber sollte man seinen Kameraden mitteilen, wieso man sie am Vorabend der Schlacht verlässt. Als sich die Rohirrin bei Dunharg sammeln, reitet er ohne ein Wort in die Berge zu den Pfaden der Toten um die untoten Eidbrecher zu mobilisieren. Wäre es hier wirklich zu viel verlangt gewesen, „Ich werde die Untoten auf unsere Seite holen und muss daher jetzt weg reiten“ zu sagen?
Stattdessen reitet er ohne ein Wort weg und lässt seine Kameraden im Glauben, alles sei verloren und er verziehe sich. Unter den Rohirrin wird entsprechend reagiert:
„Why does he leave on the eve of battle?“
„He leaves because there is no hope!“
Er hat von Taktik keine Ahnung
Wenn wir von seinem dramatischen Auftritt zum Stopp der Korsaren absehen, bleibt jedoch die finale Schlacht am Schwarzen Tor nach Mordor als Beleg seiner völligen Inkompetenz.
Während die Grundidee, Saurons Aufmerksamkeit mit einer militärischen Konfrontation von Frodo abzulenken sicher gut ist, ist es doch ein Vabanque-Spiel ohne gleichen. Es ist ihm zu dem Zeitpunkt völlig unklar, wie weit die Hobbis inzwischen nach Mordor vorgedrungen sind. Beginnt die Schlacht zu früh, fallen alle, für die Verteidigung der Königreiche so notwendige, Truppen ohne Sauron ausreichend abgelenkt zu haben. Doch selbst wenn man anerkennt, dass diese Information schlicht nicht zu beschaffen war und dieses Risiko eingegangen werden musste – seine militärische Führung ist katastrophal schlecht!
Nachdem die Truppen Saurons zum Marsch aus Mordor bewegt werden konnten, zeigt sich die Aufstellung der menschlichen Truppen. Hier müssen allerdings jedem Militär die Haare zu Berge stehen!
Durchmischung wider jede Vernunft, keine Kavallerie
Die Männer Rohans und die Männer Gondors scheinen geradezu systematisch durchmischt worden zu sein. Je ein Mann aus Gondor und einer aus Rohan stehen in manchen Szenen neben einander. Dies nimmt den Soldaten all ihre Vorteile, sind doch die Truppen beider Länder unterschiedlich militärisch ausgebildet.
Rohans gewaltige Rohirrin müssen scheinbar vom Pferd absteigen, obwohl ihr Angriff erwiesenermaßen tödlich für Orks und Uruk-Hai ist, wie die Schlacht um Minas Tirith gezeigt hat. Das schärfste Schwert der Menschen wird ihnen also sinnlos genommen.
Doch nicht nur das. Gondors Soldaten haben eckige Schilde, die einem Scutum nahe kommen und sich für entsprechende Formationen, inklusive der Schildkrötenformation eignen würden. Rohans Soldaten haben hingegen einen runden Schild, der einen Schildwall ermöglichen würde.
Beide Schilde ermöglichen für sich also effektive Verteidigungsformationen, die durch ihre Durchmischung nicht mehr möglich sind. Ein geradezu wahnsinniger Fehler! Dazu kommt das Fehlen der berittenen Truppen noch erschwerend hinzu.
Freiwillige Umkreisung
Noch mehr mag einem der Atem stocken, wenn man sieht dass bei Aragorns Schlachtaufstellung eine Umkreisung der eigenen Truppen von Anfang an geplant war. Aragorn erlaubt die Entfaltung der feindlichen Streitkräfte unbehindert, so dass sie seine Truppen vollens umschließen können. Dies mag deren Kampfgeist zu einem Stück weit steigern, gibt es doch keinen Ausweg mehr und man weiß man werde bei einer Niederlage so oder so sterben, es erlaubt aber auch keinerlei taktisches Manövrieren mehr.
Undiszipliniertes Stürmen
Doch wenn man glaubt Aragorn hätte seine militärische Inkompetenz genug bewiesen, sattelt er sogar noch darauf auf. Die Schlacht beginnt bekanntermaßen damit, dass die menschlichen Truppen eingekreist sind und inmitten eines Heers von Orks einen eine defensive Formation eingenommen haben, die man zumindest ansatzweise wie ein Karree hätte verstehen können. Hier hätte man nun davon profitieren können, dass Bogenschützen in der Mitte vor Angreifern geschützt sind, während sie das große Heer außen herum beschießen können. Orkische Bogenschützen ihrerseits hätten es bei der geringen Größe des menschlichen Heers schwer gehabt, mit Salven nicht permanent eigene Leute zu treffen.
Doch statt sich wenigstens noch an diesem Strohhalm festzuhalten, beginnt Aragorn den Waffengang. Eigenhändig. Indem er als einziger einen Sturmangriff beginnt.
Ohne jede Absprache mit seinen Soldaten stürmt der Anführer selbst los, zunächst völlig alleine. Was in einer disziplinierten Armee geradezu ein Verbrechen ist, macht hier der Anführer vor. Durch seinen unkoordinierten Sturm wird diesem nicht unnötig die Wucht genommen, die bislang bestehende Verteidigungsposition wird zudem auch noch aufgegeben. Alle Zutaten für ein militärisches Desaster waren gegeben.
Fazit:
Entschuldigen kann diese völlig unfähige Heerführung eigentlich nichts, lediglich der schlussendliche Erfolg verhindert eine völlige Katastrophe. Dennoch kann man es zum Wohle Gondors nur mit Erleichterung annehmen, dass angesichts der zusammen gewonnenen Erfahrungen und der Verbindung beider Reiche durch Faramir und Éowyn ein neuer Krieg nicht allzu schnell zu erwarten ist. Die Elben würden wegen seiner Ehefrau wahrscheinlich nicht in einen Krieg mit Gondor ziehen und wollten Mittelerde zudem verlassen. Auch die Zwerge sind in der Regel ja damit zufrieden ihre Juwelen zu schürfen.
Mit etwas Glück wird Gondor daher ein weiterer Kriegszug unter seinem König erspart bleiben.
Für Liv Taylor hat es gereicht ;)
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