Durch KI und Algorithmen automatisiert erstellte Texte erreichen bereits heute eine hohe Qualität, die das Erkennen ihres nicht menschlichen Ursprungs oft nicht mehr zulässt. Während Einsatzgebiete derzeit vor allem noch in der einfacheren, standardisierten Berichterstattung liegen, ergeben sich hier gerade für den Bereich des Marketings neue Perspektiven.
Beispiele für gelungene Anwendungen automatisierter Texterstellung finden sich derzeit vor allem in der Sportberichterstattung, was vermutlich auch an der verhältnismäßig einfachen „Operationalisierung“ liegen dürfte. Auf retresco können etwa Begegnungen des jeweils letzten Fußballbundesliga-Spieltags ausgewählt werden. Für diese erstellt das System dann automatisiert einen journalistischen Bericht. Da es sich dabei um eine Verarbeitung vergleichbarer Ereignisse handelt – ein Tor wird erzielt, ein Spieler wird verletzungsbedingt ausgewechselt oder ein Team „mauert“ sich zum Unentschieden – ist es möglich, hier einzelne Versatzstücke zu "programmieren", die bei Eintreten der jeweiligen Situationen automatisch durch die Befüllung der Variablen angereichert werden. Je detaillierter es gelingt, die Varianten einer Spielentwicklung vorwegzunehmen, umso „lebendiger“ und vielfältiger wirkt dann auch der generierte Text.
Automatisch erstellte standardisierte Berichte
Auch in anderen, ähnlich systematisierbaren Inhaltsumfeldern finden sich derartige Ansätze, insbesondere im Finanzbereich, bei der Erstellung von Geschäftsberichten. Schon seit 2014 setzt etwa die amerikanische Nachrichtenagentur Associated Press bei der Publikation von Meldungen zu der Veröffentlichung von Geschäftsberichten Automatisierungsverfahren ein. Kurz zuvor hatte bereits zudem der „Quakebot“, der Los Angeles Times für Schlagzeilen gesorgt, der eigenständig eine Meldung über ein Erdbeben in Kalifornien verfasste und im Content Management System der Zeitung „publikationsbereit“ ablegte. Das System war so programmiert, dass es auf einen automatisch abgesetzten Alarm der für die Erdbebenüberwachung zuständigen Behörde „U.S. Geological Survey“ reagierte, der dann den „Startschuss“ für die Texterstellung abgab. Einen ebenfalls insbesondere von der Medienbranche mit Spannung verfolgte Entwicklung zeichnet sich mit dem Ansatz der Washington Post und ihrem System „Heliograf“ ab, das angeblich unter der Beteiligung von 200 Technikern und Entwicklern entstanden ist, und das im Rahmen der übergeordneten Content-Tool-Plattform „Arc“, in die es eingebettet ist, als „intelligenter Storytelling Assistent“ dienen soll.
Amazon: Heliograf und ModBot
Der Übergang von „einfachen“ Algorithmen, die vorgefertigte Lückentexte befüllen, bis zu „echten“ intelligenten und autonomen Systemen gestaltet sich dabei scheinbar fließend. Während die meisten derzeit verfügbaren Textgeneratoren eher zur ersten Kategorie zählen dürften, nimmt die Washington Post, die seit 2013 dem Amazon-Gründer Jeff Bezos gehört, für „Heliograf“ in Anspruch, dabei auf Instrumente der KI zurückzugreifen. Dabei werden Rückschlüsse aus den zahlreichen Interaktionen zwischen menschlichen Redakteuren und maschinellem System gezogen, etwa wenn der automatisch erstellte Text nochmals eine Überarbeitung durch einen Journalisten erfährt. Diese Erkenntnisse können dann in die Optimierung des Systems einfließen. Auch auf Querverweise aus anderen Teilsystemen – neben Heliograf umfasst die Arc-Suite unter anderem auch einen intelligenten „Moderations-Bot“ („ModBot“) für die Verwaltung der Social-Media-Kommentare – kann die Software entsprechend reagieren und beispielsweise eigenständig neue relevante Themen identifizieren.
Content Augmentation
Neben der Erstellung gänzlich neuer Inhalte rückte zuletzt auch der Ansatz der „Content Augmentation“, der „inhaltlichen Erweiterung“ textlicher Vorarbeiten, in den Fokus. Auf Grundlage einer semantischen Analyse gilt es dabei zunächst „passende“ externe Ergänzungen zu einem bereits existierenden Text zu suchen. Mit diesen zusätzlichen Informationen – beispielsweise geänderte tagesaktuelle Bezüge oder fortlaufende Entwicklungen bestimmter Ereignisse – wird der Text dann laufend automatisch angereichert.
Auf das Marketing übertragen ergeben sich daraus natürlich zahlreiche Implikationen für die Kommunikation. Denkbar sind eine Reihe von Maßnahmen von der Erstellung von Werbetexten, die automatisierte textliche Befüllung von Landingpages für bestimmte, vielleicht auch zeitlich befristete, Aktionen bis hin zu den bereits genannten Segmenten wie Content-Marketing, Native Advertising oder allgemein in der Öffentlichkeitsarbeit. Auch für die Kommunikation in den Sozialen Medien bieten sich derartige Verfahren an.
Textgenerierung im Marketing
Das britische Unternehmen Echobox beispielsweise soll auf Grundlage von KI bereits bestehenden Content für die Publikation in sozialen Netzwerken wie Facebook oder Twitter automatisch aufbereiten, mit der Prämisse, dabei eine möglichst gute „Performance“ des entsprechenden Posts zu erzielen. Dazu wird laufend und in „Echtzeit“ eine große Zahl an Daten ausgewertet, die Performance-Ergebnisse fließen automatisiert in die Optimierung der zugrundeliegenden Publikationsmechanik ein. Zuvor „scannt“ ein Algorithmus die verfügbaren Inhalte eines Unternehmens, berechnet die Wahrscheinlichkeit einer „positiven Aufnahme“ in den sozialen Medien und leitet daraus einen Bewertungsindikator sowie auch einen erfolgsorientierten „Publikationsplan“ für die einzelnen Inhalte ab. Das Ergebnis der Ausspielung wird dann gemessen mittels einschlägiger Kennzahlen wie der „Click-Through-Rate“ (Klickrate) oder der „Engagement Rate“, welche die Interaktionen – ein „Like“, ein Kommentar, eine Weiterverbreitung – eines Social-Media-Posts ins Verhältnis zu der Summe der Sichtkontakte (den Ausspielungen an Social-Media-Nutzer), dieses Posts setzt.
Einen ähnlichen Ansatz verfolgt auch Yala, das durch den Rückgriff auf maschinelles Lernen und Algorithmen und die Analyse der bisherigen „Posting-Historie“ erkennen will, wann optimale Zeitpunkte zur Publikation von Content in den Sozialen Medien bestehen. Dabei funktioniert „Yala“ zudem als Chatbot, der gewissermaßen „selbst“ die Interaktion mit den Nutzern sucht.
KI und Textgenerierung in der Werbung
Phrasee, bewirbt die eigenen Leistungen vollmundig mit dem Anspruch, mittels KI eine bessere Werbeansprache liefern zu können, als ein menschlicher Texter jemals dazu in der Lage wäre. Das Unternehmen konzentriert sich auf die Generierung von überwiegend kurzen Werbetexten. Ziel ist es, auf Grundlage von Deep-Learning-Verfahren optimierte Betreffzeilen von Werbe-E-Mails sowie perspektivisch auch Texte für Anzeigen in sozialen Netzwerken oder bei Google autonom zu generieren. Dabei sollen keine „griffigen Slogans“ von der Stange zum Einsatz kommen. Angeblich beziehen stattdessen die lernenden Algorithmen bei der Ausformulierung auch die Tonalität und die „Corporate Identity“ des jeweiligen Kunden mit ein.
Der Artikel beruht auf dem Buch von Andreas Wagener Künstliche Intelligenz im Marketing – ein Crashkurs, Haufe, Freiburg, 2019
Vortrag/Keynote von Prof. Dr. Andreas Wagener: "Ein neues Zeitalter im Marketing: Künstliche Intelligenz, maschinelle Kreativität, virtuelle Realitäten & DNA-Targeting":
Mehr Informationen zum Thema KI im Marketing finden Sie im Buch von Andreas Wagener Künstliche Intelligenz im Marketing – ein Crashkurs, Haufe, Freiburg, 2019:
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