Der geförderte Genosse

in envion •  6 years ago 

Handelsblatt print: Nr. 140 vom 24.07.2013 Seite 001 / Tagesthema
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Der geförderte Genosse
Klaas Hübner gilt als Vorzeigeunternehmer der SPD. Jetzt kommt heraus, dass seine Firmengruppe ungewöhnlich stark vom Land Sachsen-Anhalt gefördert wurde. Dennoch geht es vielen seiner Betriebe schlecht.
Die Affäre um die Vergabe von Fördergeldern in Sachsen-Anhalt nimmt eine überraschende Wendung. Vor einer Woche deckte das Handelsblatt bereits auf, dass die landeseigene Beteiligungsgesellschaft IBG sich mit vier Millionen Euro an einer Firma beteiligte, an der auch IBG-Chef Dinnies Johannes von der Osten Anteile hielt. Er musste gehen. Nun zeigen weitere Recherchen des Handelsblatts: Noch viel mehr Geld, nämlich 40 Millionen Euro, floss an etliche Firmen, die alle denselben Eigentümer hatten: Klaas Hübner, früher stellvertretender Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion und bis heute Mitglied des SPD-Wirtschaftsrats, den Parteichef Sigmar Gabriel leitet.

Sachsen-Anhalts Wirtschaftsminister Hartmut Möllring (CDU), der auch Aufsichtsratschef der Beteiligungsgesellschaft IBG ist, prüft diesen Vorgang. "Die Summen, mit denen die IBG an den Firmen von Herrn Hübner beteiligt ist, sind außergewöhnlich hoch", sagt er. "Zumal die Firmen aus Branchen kommen, die eigentlich nicht im Fokus der IBG stehen."

Denn in der Selbstbeschreibung der öffentlichen IBG-Fonds heißt es: "Wir begleiten junge Unternehmen mit nachhaltigem und überdurchschnittlichem Wachstumspotenzial." Allerdings sind Hübners Firmen weder jung noch wachstumsstark, sondern wurden von ihm schwer angeschlagen, teils insolvent übernommen. Das ist zwar laut IBG kein Ausschlusskriterium - steht aber keineswegs im Förderfokus.

Dennoch erhielt Hübners Gruppe von 2005 bis 2013 rund 20 Prozent aller Gelder, die von Sachsen-Anhalts Beteiligungsgesellschaft vergeben wurden. Wie das Wirtschaftsministerium auf Anfrage bestätigte, hat die IBG in dieser Zeit insgesamt 18 Einzelzahlungen an 14 Firmen aus seiner Holding Schlossgruppe Neugattersleben geleistet - mal 500 000 Euro, mal 8,75 Millionen. Hübner verweigert hierzu jede Stellungnahme.

Trotz des Fördergelds schreiben viele seiner Firmen wie das AWS Achslagerwerk in Staßfurt oder die MAP Werkzeugmaschinen GmbH in Magdeburg wieder hohe Verluste. Die Luwatec Luft- und Wassertechnik GmbH in Egeln ist sogar wieder insolvent.

Offenbar muss die Förderpolitik in Sachsen-Anhalt dringend überarbeitet werden. Wirtschaftsminister von CDU, FDP und SPD trugen in den Jahren 1998 bis 2013 die politische Verantwortung dafür, dass die Landesfirma IBG sichtlich unkontrolliert Gelder in Millionenhöhe verteilte. Der Landesrechnungshof kritisierte schon vor Jahren mögliche Interessenkonflikte in der IBG-Führung und kaum zu erklärende Geldflüsse.

Auf Wirtschaftsminister Möllring wartet viel Arbeit.

Fördersumpf Sachsen-Anhalt Seiten 4, 5
Iwersen, Sönke
Quelle:
Handelsblatt print: Nr. 140 vom 24.07.2013 Seite 001
Ressort:
Tagesthema
Seite 1
Serie:
Fördersumpf Sachsen-Anhalt (Handelsblatt-Beilage)
Dokumentnummer:
4E9584D6-E756-48B2-B15D-7D001067748D
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