Der Solar-Schwindel

in envion •  6 years ago 

Handelsblatt print: Nr. 134 vom 16.07.2013 Seite 001 / Tagesthema
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Der Solar-Schwindel
Insiderskandal in der deutschen Solarbranche: Der Chef einer staatlichen Gesellschaft förderte die frühere Vorzeigefirma Q-Cells - und sich selbst als stillen Teilhaber. Mit einem Millionenerfolg, zumindest für sich, wie das Handelsblatt herausfand.
Es war eine deutsche Vorzeigebranche. Solarmodule made in Germany, das galt vor ein paar Jahren als ökonomischer Hit. Nun aber wird der früher blühende Wirtschaftszweig von Insolvenzen und Fast-Pleiten erschüttert.

Hinzu kommt ein Insiderskandal. Star unter den aufstrebenden Firmen war das Unternehmen Q-Cells aus Bitterfeld. Das Bundesland Sachsen-Anhalt förderte den Solarzellenhersteller über die landeseigene Beteiligungsgesellschaft IBG mit Millionen von Steuergeldern. Doch nun zeigt sich, dass der IBG-Geschäftsführer heimlich selbst an Q-Cells beteiligt war. Später machte der Manager nach Informationen des Handelsblatts mit dem Verkauf der Solar-Aktien ein Vermögen.

Mitte 2000 beteiligte sich die IBG unter der Ägide von Geschäftsführer Dinnies Johannes von der Osten über ein Tochterunternehmen mit 4,1 Millionen Euro an der damals noch recht unbekannten Firma Q-Cells. Der 51-Jährige kannte das Objekt gut - schließlich hielt er seit 1999 verdeckt Anteile an der Bitterfelder Firma. Zudem war er mit dem Q-Cells-Gründer Thomas van Aubel befreundet.

Das Land Sachsen-Anhalt wusste nichts von den klandestinen Verhältnissen. "Nein, das geht auf keinen Fall", sagt Wirtschaftsminister Hartmut Möllring (CDU) heute. "Sofern sich die Beteiligung von Herrn von der Osten an Q-Cells bestätigen sollte, ist ein Interessenkonflikt offensichtlich."

Von der Osten ist sich keiner Schuld bewusst. Als Geschäftsführer der IBG "unterlag ich weder einem Verbot, mich an einem Unternehmen zu beteiligen, noch war ich verpflichtet, derartige Beteiligungen mitzuteilen", erklärte er dem Handelsblatt.

Mit dem eigenen Namen allerdings stand er nicht ein: 1999 hatte von der Osten seine Q-Cells-Anteile über einen Treuhänder gezeichnet. Von 2001 an wachte dann van Aubel über die Anteile - in der Geschäftsführung einer Firma, die von der Osten gehörte. Sie hielt dessen Q-Cells-Aktien über ein Treuhandabkommen. Und bei der Solarfirma wiederum leitete van Aubel den Aufsichtsrat, von der Osten war Stellvertreter.

2005 ging Q-Cells an die Börse, 2006 verkauften von der Osten, van Aubel und dessen Frau Anteile für insgesamt weit mehr als hundert Millionen Euro. Die meisten anderen Aktionäre dagegen verloren fast alles. Die Regierung kürzte die Solarförderung, chinesische Rivalen griffen mit Billigmodulen an. Seit 2008 ist der Kurs von Q-Cells um 99 Prozent gefallen. Im Frühjahr 2012 meldete die AG Insolvenz an - und gehört heute dem südkoreanischen Konzern Hanwha.

Der Fall Q-Cells Seiten 4, 5
Iwersen, Sönke
Quelle:
Handelsblatt print: Nr. 134 vom 16.07.2013 Seite 001
Ressort:
Tagesthema
Seite 1
Serie:
Der Q-Cells-Skandal (Handelsblatt-Beilage)
WKN:
DE0005558662
Branche:
ENE-01 Alternative Energie
Börsensegment:
gex
Dokumentnummer:
FD92D997-1D03-4D03-BD1F-245569D631CC
Dauerhafte Adresse des Dokuments: https://archiv.handelsblatt.com/document/HB__FD92D997-1D03-4D03-BD1F-245569D631CC%7CHBPM__FD92D997-1D03-4D03-BD1F-245569D631CC
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