(https://pixabay.com/de/waage-wiegen-gleichgewicht-abwiegen-2759820/)
Deutsche sind nach meiner Beobachtung hin immer sehr binär. Schwarz oder weiß – dazwischen gibt es nichts. Eine solche Beobachtung habe ich bisher in anderen Ländern nicht gemacht. Zwar kann es unterm Schritt gut sein bei einer Sache auch mal die Extreme zu beobachten einen ausgewogenen Kompromiss kann man dort allerdings nicht erwarten. Daher einfach noch einmal den Versuch sich dem Thema Risikoanlagen auf deutsche Weise zu nähren ;)
Den auch bei Risikoanlagen gibt es in diesem Land scheinbar nur zwei Extreme. Jene die sehr ängstlich sind und die Finger von jeder Art von Risiko lassen und jene die dann ihr Heil ausschließlich im Risiko leben. Auch hier ist man mit beidem nicht wirklich gut alleine beraten.
Die Risikovermeider sind zumeist in der Mittelschicht anzufinden. Es handelt sich dabei meist um Menschen, die durchaus wissen, was sie tun mussten um ihr Geld zu verdienen und das es nicht einfach war. Sie klammern sich dann an diesem und versuchen dieses um jeden Preis zu erhalten. In den meisten Fällen endet dies dann bei der Bank auf einem Sparkonto. Ironischerweise verlieren sie somit auf dieser Weise gerade das, was sie versuchen zu schützen. Ich reite mal nicht weiter auf solch triviale Dinge wie Inflation herum, dass ist ja sogar in den Mainstream-Medien bereits zu genüge zerkaut worden.
Aber es schmerzt sie eben zu sehen, dass ihr hart erarbeitetes Geld sich irgendwo in Luft auflöst und daher wird versucht jedes Risiko auszuschließen. Das nicht jeder Abstürz an der Börse oder in welcher Anlageform auch immer nicht gleich ein Verlust darstellt und man ja auch üblicherweise überall einmal auch Gewinne mitnimmt, dafür sind sie üblicherweise blind. Klassischerweise hat man hier nahezu gar nichts in Risikoanlagen gesteckt.
Das andere Extrem sind jene, die ausschließlich ein hohes Risiko eingehen. Klassischerweise sind dies entweder ältere Leute, die merken, dass ihnen langsam die Zeit davon läuft und man irgendwie die „Wende“ jetzt schaffen muss oder eben jüngere Leute mit geringerem Einkommen. Die dann eben oft die Einstellung haben: Ich habe ja sowieso nichts zu verlieren! Dann wird mal eben das gesamte Geld beispielsweise in Kryptos gesteckt, weil die Rendite eben so unglaublich gut erscheint und man ja irgendwie reich werden muss.
Besondere Extremfälle haben sogar einen Kredit zu bedienen und anstatt diesen in einer Sondertilgung abzuzahlen, setzen sie lieber auf Kryptos und hoffen, dass man damit die nächste Rate bedient bekommt. Bis zu 100% der Anlagen in Risikoassets habe ich bereits erlebt, typischerweise nicht weniger als 90%.
Wieso beide Ansätze nicht besonders smart sind, kann man am ehesten verstehen, wenn man versteht, wieso man Risiko eingehen sollte. Und ich sage das einmal ganz abstrakt ohne nun eine Empfehlung für irgend eine Asset-Klasse auszusprechen. Das für und wider hängt nämlich durchaus sehr davon ab, wie man selbst gestrickt ist.
Um dies wirklich zu verstehen, sollte man wissen, was ein Zins ist. Eine klassische Definition, die eigentlich sehr einfach ist und trotzdem bei vielen Verwunderung auslöst ist: „Der Zins ist der Preis des Geldes!“ Dies zu verstehen ist essentiell. Leihen wir jemanden Geld, so ist der Zins der Preis unter dem wir bereit sind ihm das Geld zu überlassen. Handelt es sich um 100€ zu 2%, dann ist der Preis 2€. Das kann man sich wirklich klassisch vorstellen als würde ein Preisschild dran kleben.
Was die Person nun mit dem Geld macht, spielt eigentlich für uns keine Rolle, solange wir eben den Zins erhalten. Die Gegenseite kann es verkonsumieren und am Ende zurück zahlen oder eben etwas damit aufbauen, um einen größeren Umsatz zu erzielen um danach unseren Preis zu zahlen. In diesem Sinne spielt es keine Rolle, ob wir Zinsen oder eben eine Rendite aus einer Investition erhalten. Dies spiegelt sich auch in der Steuer wieder, wo solche Einkünfte als „Kapitalerträge“ verbucht werden.
Der zweite Aspekt ist, dass je größer die Rendite, desto größer ist auch das Risiko. Den jemand der uns 10% für einen Kredit bietet, ist üblicherweise nicht zuerst zu uns gekommen, sondern hat bereits eine längere Suche hinter sich und wurde überall abgewiesen. Er muss also seinen Preis erhöhen, damit jemand überhaupt darüber nachdenkt ihm etwas zu geben. Und je schlechter die Anlage, desto höher aber der Preis, desto eher ist jemand gewillt zu sagen: Ich versuche es!
Wann immer man eine hohe Rendite sieht, sollte man sich also auch im Kopf verinnerlichen, dass man es vermutlich mit einem hohen Risiko zu tun hat. Je höher das Risiko, umso genauer sollte man das Angebot in das man investiert prüfen und genau verstehen wodurch das höhere Risiko zu stande kommt. Erst wenn man dies versteht, sollte man darüber nachdenken, ob man bereit ist dieses auch zu tragen.
Entsprechend ist es eben bei den Banken momentan. Weil niemand bereit ist ein Risiko einzugehen und gleichzeitig viele Leute ihr Geld anlegen wollen, gibt es dafür nichts. Weil Euer Geld eben so gesehen... wertlos ist. Wie ich bereits in der russischen Bärengeschichte versucht habe zu erklären. Wichtig ist nicht viel zu haben, sondern nur ein wenig besser zu sein als der Rest. So kann man mit ein wenig Risiko seine Chance erhöhen einen größeren Hebel für seine eigentlichen Anlagen aufzubauen.
Hierfür sollte man dann einen bestimmten fixen Betrag als Risikokapital deklarieren. Wie dieser liegt, hängt von jeder Person ab. Nimmt man aber mal Aktien außen vor und begreift diese als Anlage mit „moderaten“ Risiko, empfehle ich üblicherweise zwischen 5%-15% für Risiko. Die höhe des Prozentsatzes entscheidet darüber, wie gut ihr mit dem Verlust klar kommt. Sowohl monetär als eben auch mental. Je nachdem welcher Kategorie ihr angehört werdet ihr entweder damit kämpfen müssen, dass ihr die 5% einhaltet oder eben nicht über die 15% kommt, weil ihr ständig noch etwas habt in das ihr bereit seit das Risiko zu gehen.
Wichtig dabei ist, aber: Das Geld ist Spielgeld! Ihr solltet dieses stets bereit sein vollständig zu verlieren. Dies tritt in der Praxis üblicherweise eher selten auf, wenn man entsprechend breit gestreut ist. Kann aber eben auch passieren und ihr solltet darauf vorbereitet sein.
Der Schlüssel zu einer vernünftigen Risikoanlage ist, dass ihr nicht alles auf eine Karte setzt, nur weil dort eine hohe Rendite winkt. Ja, Kryptos haben eine sehr gute Rendite. Aber es ist dumm alles auf diese eine Asset-Klasse zu setzen. Ja, Prokon klang auf dem Papier super. Aber nur deswegen sein ganzes Spielgeld zu stecken, ist nicht intelligent. Ja, es belastet anfangs vielleicht ein wenig sich unterschiedliche Angebote anzusehen. Aber es hat ja auch niemand gesagt, dass einem Kapitalerträge zufliegen. Aber stürzt eine Anlage dann plötzlich ab, stehen die Chancen gut, dass andere die Verluste wieder auffangen.
Ein klassischer Rat den ich immer gerne mit auf dem Weg gebe und der natürlich insbesondere auch für Risikokapital gilt. Je mehr jemand gewillt ist Euch davon zu überzeugen, dass etwas ein gutes Angebot ist, desto eher solltet ihr skeptisch werden. Je glänzender ein Prospekt oder eine Werbung, desto merkwürdiger ist die Sache. Den ein gutes Produkt spricht für sich über den Preis.
Was für Risikoanlagen würde ich empfehlen? Eigentlich möchte ich dies nicht, da alle ihr Vor- und Nachteile haben. Zertifikate von Banken, Kryptowährungen, P2P-Kredite, spekulative Wertpapiere oder auch spekulative Märkte, Termingeschäfte. Ich für meinen Teil bevorzuge immer jene Anlagen bei denen ich eine schlechte Phase „aussitzen“ kann. Etwas, dass zeitlich terminiert ist, stehe ich skeptisch gegenüber, weil ich das Gefühl habe, dass eine stärkere Manipulation des Marktes möglich sein könnte. Wenn die Kurse also mal abstürzen, dann will ich in der Lage sein zu sagen: Ich schließe die Anlage ein, vergesse sie und warte ab.
Wenn Du nun also einer dieser Extremgruppen angehörst, habe ich Dich hoffentlich ein wenig davon überzeugt bekommen, noch einmal in Dich zu gehen und über Risikoanlagen nachzudenken. Wer bisher gar kein Risiko eingeht, sollte man als der Deckung kommen und es mit einem kleinen Teil versuchen. Kommt ein wenig aus Euch heraus – in jedem Menschen steckt auch ein Zocker. Nehmt einen kleinen Betrag an Spielgeld und versucht diesen in einige kleinere Anlagen zu setzen. Wenn ihr vielleicht bereits bei Aktien investiert seit, nehmt doch mal ein wenig aus dem Bluechips und setzt sie auf etwas risikoreicheres. Immer nur klein dem Ziel näheren und durchaus Zeit lassen in der Auswahl. Aber es eben auch mal als Experiment sehen.
Und was ist nun mit jenen die zuviel Risiko fahren? Ihr seit zuviel Zocker. Ein wenig wie der Glückspieler im Casino, der immer alles gleich wieder einsetzt und sagt: Ich habe eine Glücksträhne! Jede davon endet irgendwann und dann steht ihr ohne etwas dar. Versteht klassische konservativere Anlagen daher als Absicherung für diese Zeit. Die Risikoanlage ist als „Hebel“ gedacht mit dem ihr normale Anlagen ein wenig stärker nach oben drückt und nicht dem Pfahl an dem ihr Euer Schicksal um den Hals legt.
Wichtig ist in jedem Fall sein Budget gut im Blick zu haben. Mit einer Anwendung wie Portfolio Performance ([https://www.portfolio-performance.info/]) ist es recht einfach dieses getrennt als eigenes Depot zu erfassen und zu überwachen. Achtet darauf das ihr stets mittelfristig in Eurem Zielbereich liegt. Ist dies nicht der Fall oder gewinnt etwas Überhand, nehmt auch mal Geld heraus und verteilt es breiter oder eben in etwas konservativeres.
Soviel zu meinem kleinen Plädoyer für einen vernünftigen Umgang mit Risikoanlagen. Das klappt in anderen Ländern meist auch, wieso sollte das also hier in Deutschland nicht auch gehen? Den jedes Risiko wird kalkulierbar, wenn man vernünftig, überlegt und umsichtig damit umgeht. Dies gilt insbesondere eben dann wenn man sich nicht in Dogmen verfängt.
Dieser Beitrag ist keine Anlageempfehlung oder Beratung und hält sich daher bewusst zurück irgendwelche Risikoanlagen im konkreten zu empfehlen. Jede finanzielle Entscheidung ist am Ende eine Entscheidung von Euch. Der Autor verdient aber durch seinen Ratschlag nichts und möchte ein wenig zum Nachdenken animieren
OK ich bin dann wohl auch ein besonderer Extremfall - noch Kredite zu bezahlen und spiele hier mit Cryptos rum. Wobei ich finde das ist bei mir grau (nicht schwarz/weiß), da falls mir der Betrag für die Kryptos wirklich am Ende fehlt habe ich noch ein ganz anderes Problem.
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Ich sags ja ;) Jene die nicht an einem der beiden Pole sind, kann ich fast mit den Fingern abzählen. Wenn Kredite laufen, kommt es natürlich auch immer noch ein wenig darauf an zu welchen Konditionen und welcher Phase sie sich befinden. Üblicherweise sind die Renditen, die man mit einer Sondertilgung erreicht gerade am Anfang nicht zu unterschätzen. Und ja, es kann auch gut sein trotzdem ein wenig seinen Spieltrieb auszuleben - gerade als Risikogänger. Auf diese Weise kann man eben auch verhindern, dass man sich mit zuviel auf riskante Dinge verlässt. Aber man sollte eben auch ein achtsames Auge darauf haben und eben auch je nach Charakter nicht unterschätzen, dass eben eine gewisse Schuldfreiheit ein sehr beruhigendes Gefühl sein kann, die man nicht mit Geld kaufen kann. :)
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Wie immer ein sehr interessanter und schön geschriebener Beitrag von dir @gammastern
Vielen Dank :)
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Danke :)
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Hast du schon mal darüber nachgedacht ein buch zu schreiben? Deine posts sind kurzweilig und vermitteln wichtige Informationen 👍
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Vielen Dank. Würde meine arme alte Deutschlehrerin erfahren, dass jemand mir rät ein Buch zu schreiben, würde sie sich vermutlich versuchen an einem Buchlesezeichen zu strangulieren ;)
Ich fürchte das wäre zu aufwendig um das wirklich vernünftig durchzuführen. Bei solch kleineren Themen kann man ja doch etwas mehr zwischen den Themen hin und her springen :)
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Super Artikel!
Schön zu lesen. Einfach zu verstehen. :)
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