Hitler und der Okkultismus – „Wieso ständig neue Theorien entwerfen“?

in hitler •  7 years ago  (edited)

Ich dokumentiere hier einen Wortwechsel, der sich gerade auf YouTube zu meinem ersten Erklär-Video zu meinem Buch „Saturn Hitler“ entwickelt hat. Es geht dabei um Fragen und Kritikpunkte, die mir seit Jahren öfter begegnen.

Vielleicht erlaubt die Weitergabe und Hervorhebung der folgenden Kommentare ja, ausgehend davon zu wesentlichen Punkten vorzudringen, die die bisherige Geschichts- und Bildwissenschaft nicht erreichte (oder erreichen wollte).

Der erste Kommentar des Zuschauers lautet:

Thule wird oft als okkult verklärt. Wenn mann Rudolf von Sebottendorfs (Thule Gründungsmitglied) Buch „Bevor Hitler kam“ gelesen hat, erkennt man, dass es sich um eine politische Geheimloge gehandelt haben muss. Es ist von Politik und Antisemitismus die Rede. Aber nicht von Zauberei.

Ihr Gründer war ja Astrologe: https://www.astro.com/astrowiki/de/Rudolf_von_Sebottendorf. Was im noch geheimeren Orden innerhalb der Thule-Gesellschaft geschah, weiß man noch weniger definitiv. Aber es tummelten sich dort an Okkultismus und Astrologie Interessierte.

Ja, aber das wird man jetzt – 90 Jahre Später – einfach nicht mehr herausfinden. Wieso ständig neue Theorien entwerfen, bzw. bestehende Theorien erweitern – ohne jeglichen Beweis. Wenn Ihr Buch keine Satire ist, dann ist es umso Sinn-befreiter. Der Inhalt des Buches „Bevor Hitler kam“ ist ganz klar eine politische Agenda. Und dazu noch eine sehr spannende – liesst sich wie ein Krimi. Aber wenn man heute noch nichtmal die „down to earth“ politischen Verstrickungen nachweislich vollständig dokumentieren kann, warum dann in die Pseudo-Tiefe gehen und über Astrologie mutmassen. Geheimgesellschaften haben es nunmal an sich geheim zu sein. Sollten sie direkte Quellen aus solchen Logen haben, überdenken sie nochmal die Authentizität dieser Quellen.

Beide Bücher „Bevor Hitler kam“ (von Sebottendorf und Bronder) sind als Quelle mit Vorsicht zu lesen – so mache ich das im Buch und gleiche es mit anderen Quellen ab, wenn ich mich z. B. auf Bronder beziehe. Die herrschende Geschichtswissenschaft macht aus sachlicher Sicht schon den Fehler, dass sie den Inhalt fragwürdiger Bücher in Bausch und Bogen als unbrauchbar auffasst – empirisch nicht haltbar, dafür bequem. Wenn Personen authentische Erfahrungen hatten oder Zugang zu solchen, sind mindestens Fragmente von Wahrheit auch in solchen Büchern (potenziell eben) findbar. Wie Sie zu einem Attribut wie „umso Sinn-befreiter“ kommen, erschließt sich mir nicht. Haben Sie das Buch gelesen? – In mehreren Büchern und in vielen Blog-Beiträgen habe ich z. T. eigene Systematiken und Begriffe gebildet, die ich auch mit wissenschaftlichen Standards begründe. Wenn Sie auf diesem Niveau dagegen argumentieren möchten – nur zu. Das Gedankengut von Geheimgesellschaften ist zumindest teilweise und/oder im Nachhinein immer wieder öffentlich geworden. Dazu gehört, dass Thule-Leute und auch etliche Nazi-Führer und -Funktionäre begeisterte Astrologen waren. Das war ein Inhalt auch des völkischen Okkultismus. Hitler hat sich öffentlich vom völkischen Okkultismus abgegrenzt, wie auch die Freimaurer im 3. Reich verboten wurden. Gleichzeitig war Freimaurer Schacht Wirtschaftsminister bis 1937 (danach ohne Geschäftsbereich), und die Thule-Gesellschaft verstand sich explizit als ‚völkische Freimaurerei‘. Auch wenn die direkten Kontakte Hitlers mit ihr nur sporadisch nachgewiesen sind, war sie eine wesentliche Keimzelle der NSDAP, die aus ihr heraus über eine Arbeitsgruppe gegründet wurde. Mein Buch geht wesentlich von einer empirischen Aufarbeitung (eine Art qualitativer Inhaltanalyse auf Bildebene unter Einschluss von Formanalogien, die ich in „Okkultsymbolik und Machtpolitik“ aus historischen Quellen oder Standardwerken wie „Die Grenzen der Interpretation“ von Umberto Eco – wie ich finde: – schlüssig als ein wesentliches Prinzip von Okkultismus und Okkultsymbolik überhaupt herleite). Es gibt kaum ein bekanntes Foto, in dem Hitler nicht eine so interpretierbare Geste vollführt und/oder weitere Gegenstände im Bild einen solchen symbolischen Sinn machen – es ist Bildnerei in der Tradition der klassischen Künste, als die die Fotografie damals noch nicht galt – und die wenigsten Historiker scheinen auch nach etlichen Spezial-Publikationen über die Bild-Propaganda der Nazis noch nicht wirklich gesehen zu haben, worum es dabei ging. Jedenfalls teilen sie es ihren Studenten oder zahlenden Lesern nicht mit, soweit mir bekannt. Mit anderen Worten: ein Prädikat wie „Sinn-befreiter“ müsste man öfter in Zeitungs-Rezensionen über aktuelle Fachbücher lesen. In Ihren Worten kann ich hier keine Begründung finden. Mein Buch hat sicher einen gewissen Anspruch, und wer gar kein Interesse hat, Bilder zu interpretieren und seinen Blick zu schulen, ist bei mir falsch. Er sollte dann aber auch nicht diesbezüglich wertend urteilen. Die Quintessenz im Gestus Ihrer Argumentation ist eine der größten Seuchen unserer Zeit: nichts kennen, nichts erkennen, schließlich Urteile äußern, die zunächst – und vielleicht auch abschließend – nur dokumentieren, dass man etwas, das man für abwesend hält, lediglich selbst nicht wahrgenommen hat. Auch deshalb wird mit Menschen zunehmend so umgegangen, wie wir es sehen – sie verlieren den Respekt vor Autoritäten generell und werden von diesen in der Gegenreaktion nicht mehr geschützt, sondern im Zweifelsfall als Opfer preisgegeben (Stimmvieh, Konsumtrottel, eiskalt Rationalisierungszwängen ausgesetzt etc.). Sorry, ich muss Ihnen das so antworten, wenn Sie sich wie vorgefunden äußern.

heute noch nichtmal die „down to earth“ politischen Verstrickungen nachweislich vollständig dokumentieren

Mein Buch enthält u. a. einen Anhang, der auf 30 Seiten hoffentlich präziser als bisher geschehen zeigt, welche internationalen Netzwerkstrukturen als vollkommen unstrittig gelten können. Mein Buch dürfte ein wesentlicher Schritt sein, hier klarer zu sehen – ich weiß nicht, warum Sie es ausgerechnet an mir monieren – das sind die Versäumnisse der Historikerzunft über Jahrzehnte. Kein Ruhmesblatt soweit.

Eine weitere Antwort dazu:

Nun gut. Ich gebe ihnen recht, dass meine plumpe Art fehl am Platz war. Bei all dem Flache Erde Quatsch, der einem heutzutage so entgegengeschleudert wird, habe ich wohl pauschalisiert und eine Saturnform in den Geheimratsecken von Adolf Hitler als eher lächerlich abgetan. Aber sie haben sich ja offensichtlich umfassend informiert. Viel Spaß mit ihren Forschungen. Eine gute Nacht wünsche ich

Hier gibt es ab 1:06:54 noch eine ergänzende Argumentation von mir, um Besonderheiten der Bildsprache Hitlers und v.a. seines Fotografen Heinrich Hoffmann wenigstens näherungsweise statistisch orientiert zu illustrieren:

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