Lieber Herr Grau,
Wie eigentümlich es ist, dass Sie in all den Farben, die ich um mich sehe, nichts als Dunkelheit erblicken. Doch das Tragische, das Sie in meinem Tanz durch die Felder sehen, entgeht mir völlig. Denn wie könnte der Raum der Möglichkeiten jemals ein Abgrund sein, wenn die Freiheit darin schwebt?
Sie sprechen von der Schwere der Realität, als ob sie der einzig wahre Boden unter unseren Füßen wäre. Doch ich frage Sie: Wer hat bestimmt, dass der Boden aus Stein sein muss, fest und unnachgiebig? Für mich besteht er aus einer weichen Wiese, auf der ich springen, tanzen und träumen kann. Leichtigkeit ist in der Tat eine Wahl, und ich treffe sie nicht aus Verzweiflung, sondern aus Überzeugung. Denn wer sagt, dass das Leben nicht leicht sein kann, wenn wir ihm die Erlaubnis dazu geben?
Ihre Fragen nach dem "Wofür" und "Wen" erstaunen mich. Muss alles, was wir erschaffen, einem höheren Ziel dienen, einem großen Plan folgen? Ich erschaffe für das Leben selbst, für das Wunder des Augenblicks, der sich entfaltet, wenn ich beginne. Die Fülle, von der ich spreche, ist nicht ein bunter Schleier über Tristesse – sie ist das wahre Gesicht der Welt, das ich mit offenen Augen betrachte.
Und ja, vielleicht tanze ich im Käfig, wie Sie sagen. Doch was ist dieser Käfig? Es sind nicht die Gitter der Schwere, die Sie sehen. Es ist die Freiheit, sich in den Grenzen des eigenen Bewusstseins zu bewegen – nicht als Flucht, sondern als Erkundung. Der Käfig, den Sie beschreiben, existiert nur, wenn man ihn anerkennt. Ich aber habe ihn längst überwunden.
Und während Sie vom Stillstand sprechen, bin ich schon längst weiter. Ich beginne nicht, um zu entfliehen, sondern um zu leben. Denn was bleibt, wenn nicht die Freiheit, zu wählen, zu erschaffen, zu fühlen? Es mag sein, dass Sie in Schatten wandeln, aber für mich sind die Schatten nur ein Teil des Lichts. Ich habe den Horizont gesehen, und er ist offen – nicht als Illusion, sondern als Versprechen.
Also, lieber Herr Grau, vielleicht sind wir nicht so unterschiedlich, wie Sie denken. Sie wandeln im Schatten, ich tanze im Licht, doch wir beide bewegen uns, immer weiter. Und vielleicht ist das, was uns wirklich trennt, nicht die Klarheit oder der Schatten – sondern der Mut, zu wählen.
Ich werde immer wählen. Und ja, ich beginne. Jetzt.
Herzlichst,
Fräulein Pilly Pink
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