[please look for the English version beneath the picture]
Wir nannten sie Bag Peggy, aber das war eigentlich ein bisschen gemein. Denn sie hieß Drosea, und ihre zahlreichen Rucksäcke, Taschen und Untertaschen waren der Not geschuldet. Drosea wohnte in einer Berliner Bushaltestelle, und diese sind nicht mehr als ein ein wenig Schutz vor nicht allzu starkem Regen und vor ein bisschen Wind, wenn er nicht doch genau aus der falschen Richtung bläst.
Der Himmel ist blau.
Drosea hatte uns – ihre zahlreichen Rucksäcke, Taschen und Untertaschen – in einen Einkaufswagen von Schlecker gestopft, weiß der Himmel, wo sie diesen her hatte. Der Wagen stand zwischen der Sitzbank und der östlichen Schutzwand der BuHa. So wurde sie morgens nicht schon in aller Frühe von der Sonne geweckt. Gegen den Verkehrslärm schien sie immun, und die wenigen Fahrgäste, die in die einzige Linie „ihrer“ Bushalte einstiegen, ließen sie unbehelligt. Da ich, ihr Lieblingsrucksack, zuoberst im Einkaufswagen liegen durfte, konnte ich das alles mitverfolgen.
Und der Rest eines Lebens liegt vor mir.
Dass ich ihr Lieblingsrucksack sein durfte, sein sollte, das lag nicht an meiner blauen Farbe. Die war auch damals bereits verblichen und verdreckt. Auch nicht an meinen hübschen Reizverschlüssen. Die waren immer schon fast alle verklemmt. Es lag an meinem Inhalt. Es lag an dem, was ich zu beherbergen, gegen neugierige Blicke zu schützen, vor Wind und Wetter zu bewahren hatte. Ich war Droseas Sekretär, und ich verwaltete ihre Geschichte. Eine Loseblattsammlung von Entwürfen.
Vielleicht wäre es schlau,
Sich ein letztes Mal umzusehen.
Als Drosea aus ihrer Wohnung flog, war ich schon bei ihr und frisch gefüllt, denn die Räumung ihrer Einraumbehausung kam nicht überraschend für sie. In den letzten Tagen hatte sie bereits aus allen Schubladen Papiere zusammen gekramt, einige nie abgeschickte Briefe, aber hauptsächlich kurze Geschichten und noch kürzere Gedichte, welche sie in mehr als fünfzig Jahren notiert und kaum jemand gezeigt hatte.
Ich weiß nicht genau warum,
Aber irgendwie packt mich die Neugier.
In Droseas Taschen befand sich Garderobe, die mehr Erinnerung darstellte als tatsächliche Bekleidung, und in den Untertaschen ringelte sich fadenscheinig gewordene Unterwäsche aus einem vergessenen Jahrhundert. Niemand von uns wusste, weshalb sie sich damit abmühte, diese Taschen und Untertaschen durchzufüttern, während wir Rucksäcke abmagerten, sogar ich, ihr Lieblingsrucksack. Es schien, als würde sich ihr geschriebenes Vermächtnis allmählich verflüchtigen, auflösen ins scheinbare Nichts, diffundieren wie mangelhaft isoliertes Trockeneis.
Der Himmel ist blau,
Und der Rest ihres Lebens wird schön, yeah.
Die Buslinie an ihrer Haltestelle wird meistens von Doppeldeckern befahren. Wer oben sitzt und auf der richtigen Seite herausschaut, der blickt unfreiwillig auf sie herab. Schläft sie noch? Hat sie sich aufgesetzt? Wo bekommt sie eigentlich zu essen her? Lässt sie ihre Sachen manchmal allein? Nachmittags hatte sie neulich einen Schirm aufgespannt. Es war eigentlich ganz angenehmes Wetter, so dass ich bis heute glaube, sie wollte nur mal diesen Schirm ausprobieren. Oder auf die Folter spannen. Er war türkis, und am Himmel stand die Sonne und bedachte diesen Schirm verächtlich mit unwiderstehlicher Strahlung. Drosea war das aber egal, glaube ich.
Sie hat ein gutes Gefühl.
Sie denkt an all die schönen Zeiten.
Es ist fast zu viel,
Jetzt im Moment neben ihr zu stehen.
Heimlich habe ich in Droseas Haikus und Tankas gelesen. Das ist an sich nichts besonderes, jeder halbwegs intelligente Rucksack kann in sich hinein blicken und tut das auch. Darum pflegt ja auch der erfahrene Rucksackbesitzer die Gewohnheit, den Innenrucksack der Dinge in einen Außenrucksack zu stecken. Der Außenrucksack sieht dann nur den Innenrucksack, aber nicht die Dinge. Und der Innenrucksack kann über die in seinem Innern gesehenen Dinge nichts nach außen mitteilen. Bei Menschen heißt das Bewusstsein, habe ich irgendwo gelesen. Das Innenbewusstsein steckt tief und dunkel eingeschlossen in einer Außenhülle.
Du hast kein klares Ziel,
Aber Millionen Möglichkeiten.
Ein gutes Gefühl.
Und du weißt, es wird gut
für dich ausgehen, yeah.
Jetzt hatte Drosea also übersehen – oder es heimlich gewusst und gewollt? –, dass ich kein Innenrucksack war und auch keinen Außenrucksack um mich herum hatte. Ich ließ durch meine Ritzen und nur halb geschlossenen Fächer Fragmente ihrer Texte sickern wie Flaschenpostflaschen. Meistens schaffte ich nur ein paar Wörter, ab und zu eine ganze Zeile, und nur ganz selten ein vollständiges Tanka. Wobei man wissen muss, dass Droseas Tankas nicht wirklich den strengen Regeln japanischer Meister oder den noch strengeren Regeln von deren Nachahmern folgten. Das muss man wissen. Ich wusste es aber nicht.
Der Himmel ist blau, yeah
Der Himmel ist blau
Was ist der Himmel, wenn er bedeckt ist? Ist dann die nahe Wolkendecke schon der Himmel? Oder was ist der Himmel in sternenklarer Nacht? Die fernen Sterne, die noch ferneren Galaxien, die tiefere Schwärze des Raumes? Nichts davon. Der Himmel ist blau. Definition: Der Himmel ist das blaue Gewölbe. Wenn es nicht blau ist, ist es auch nicht der Himmel. In Dresden gibt es das grüne Gewölbe. Und ich war dabei, als die völlig zerstörte Dresdner Frauenkirche aus ihren Trümmern wieder zusammengesetzt wurde. Da wird es ja wohl auch möglich sein, Droseas Fragmente wieder zusammen zu bringen.
Die Welt gehört dir
Was wirst du mit ihr machen
Verrate es mir
Spürst du wie die Zeit verrinnt
(Jetzt stehst du hier
Und) du hörst nicht auf zu lachen
Gelernt ist gelernt, ich zauberte also hin und wieder ein paar Zeilen aus dem Inneren von Droseas Schätzen und ließ sie mit dem Wind von der Bushaltestelle fliegen. Irgendjemand würde sie schon finden. Würde dann einklammern und ausklammern, würde abschreiben, nachsinnen. Vielleicht war es ja auch Drosea, die abgeschrieben hatte, woher sollte ich das nun wiederum wissen? Ich bin nur ein alter blauer Rucksack, der Sekretär, der Verwalter und Verweser von Droseas Vermächtnis.
Die Welt gehört dir
Und der Rest deines Lebens (beginnt, yeah)
Der Himmel ist blau
So blau
leicht veränderter Songtext: Der Himmel ist blau – Farin Urlaub (Die Ärzte), 2007
https://genius.com/Die-arzte-himmelblau-lyrics
photo: ty-ty
We called her Bag Peggy, but that was actually a bit nasty. Because her name was Drosea, and her numerous backpacks, bags and sub-bags were due to necessity. Drosea lived in a Berlin bus stop, and these are no more than a bit of shelter from not too heavy rain and from a bit of wind, if it doesn't blow from exactly the wrong direction.
The sky is blue.
Drosea had stuffed us - her numerous backpacks, bags and sub-bags - into a shopping trolley from Licker, heaven knows where she got it. The trolley was between the bench and the eastern protective wall of the Be Es. This way, she was not woken up by the sun early in the morning. She seemed immune to the traffic noise, and the few passengers who got on the only line of "her" bus stop left her unmolested. Since I, her favourite backpack, was allowed to be on top of the shopping trolley, I was able to follow it all.
And the rest of a life lies ahead of me.
The fact that I was allowed to be her favourite backpack was not due to my blue colour. That was already faded and dirty back then. Nor was it because of my pretty zippeals. They were always almost all jammed. It was because of what I contained. It was because of what I had to house, to protect against nosy looks, to protect from wind and weather. I was Drosea's secretary, and I managed her history. A loose-leaf collection of drafts.
Perhaps it would be wise
To take one last look around.
When Drosea was flown out of her flat, I was already with her and freshly filled, for the clearance of her one-room dwelling did not come as a surprise to her. In the last few days she had already been gathering papers from all the drawers, some letters never sent, but mainly short stories and even shorter poems, which she had been jotting down for more than fifty years and had hardly shown to anyone.
I don't know exactly why,
but somehow curiosity got the better of me.
Drosea's pockets held wardrobe that was more memory than actual clothing, and in the underpockets curled stringy underwear from a forgotten century. None of us knew why she struggled to feed through these bags and sub-bags while we backpacks slimmed down, even me, her favourite. It seemed as if her written legacy was gradually evaporating, dissolving into apparent nothingness, diffusing like poorly insulated dry ice.
The sky is blue,
And the rest of her life will be beautiful, yeah.
The bus line at their stop is mostly served by double-deckers. If you sit on top and look out on the right side, you involuntarily look down on her. Is she still asleep? Has she sat up? Where does she actually get food? Does she sometimes leave her things alone? The other afternoon she had opened an umbrella. It was actually quite pleasant weather, so to this day I think she just wanted to try out that umbrella. Or put it on the rack. It was turquoise, and the sun was in the sky, scornfully covering this umbrella with irresistible radiation. Drosea didn't care, though, I think.
She has a good feeling.
She thinks of all the good times.
It's almost too much,
Standing next to her right now.
Secretly, I read Drosea's haikus and tankas. That in itself is nothing special, every halfway intelligent backpack can and does look inside. That's why the experienced backpack owner has the habit of putting the inner backpack of things into an outer backpack. The outer backpack then only sees the inner backpack, but not the things. And the inner backpack cannot communicate anything to the outside about the things seen inside it. In humans this is called consciousness, I read somewhere. The inner consciousness is deeply and darkly enclosed in an outer shell.
You have no clear goal,
but millions of possibilities.
A good feeling.
And you know it's gonna
work out for you, yeah.
So now Drosea had overlooked - or secretly knew and wanted? - that I was not an inside backpack, nor did I have an outside backpack around me. I let fragments of her texts seep through my cracks and only half-closed compartments like bottled message bottles. Most of the time I only managed a few words, now and then a whole line, and quite rarely a complete tanka. It is important to know that Drosea's tankas did not really follow the strict rules of Japanese masters or the even stricter rules of their imitators. You have to know that. But I didn't know it.
The sky is blue, yeah
The sky is blue
What is the sky when it is overcast? Is the near cloud cover already the sky then? Or what is the sky on a starry night? The distant stars, the even more distant galaxies, the deeper blackness of space? None of that. The sky is blue. Definition: The sky is the blue dome. If it is not blue, it is not the sky. In Dresden there is the green dome. And I was there when the completely destroyed Dresden Frauenkirche was reassembled from its ruins. So it must be possible to reassemble Drosea's fragments.
The world is now yours
What will you do with it
Tell me can you
Feel the time slipping away?
(Now you stand here
And) you never won't stop laughing
Learned is learned, so every now and then I conjured up a few lines from inside Drosea's treasures and let them fly with the wind from the bus stop. Someone would find them. Would then bracket and unbracket, would copy, ponder. Maybe it was Drosea who had copied, again how was I to know? I'm just an old blue rucksack, the secretary, the administrator and caretaker of Drosea's legacy.
The world is yours
And the rest of your life (begins, yeah)
The sky is blue
So blue
Translated with DeepL (free version)
leicht veränderter Songtext: Der Himmel ist blau – Farin Urlaub (Die Ärzte), 2007
https://genius.com/Die-arzte-himmelblau-lyrics
#ChatGpt :
In der vorliegenden Textpassage handelt es sich um einen Auszug aus einer längeren Erzählung oder Geschichte. Der Text ist gut strukturiert und die Sprache ist flüssig und anschaulich, so dass der Leser schnell in die Geschichte hineingezogen wird.
Der Autor beschreibt die Situation einer Frau namens Drosea, die in einer Bushaltestelle lebt und ihre Habseligkeiten in zahlreichen Rucksäcken, Taschen und Untertaschen aufbewahrt. Der Erzähler, der als Rucksack Teil von Droseas Besitztümern ist, beschreibt seine Umgebung und die Gedanken, die er sich über Drosea und ihre Situation macht.
Es ist positiv zu bewerten, dass der Autor eine deutliche Atmosphäre erzeugt und die Situation der Hauptfigur gut vermittelt. Auch die Sprache ist vielseitig und zeigt ein gutes Sprachgefühl. Die Charakterisierung der Hauptfigur ist präzise und gibt einen guten Eindruck davon, wer sie ist und wie sie lebt.
Allerdings ist der Text auch sehr poetisch und teilweise schwer zu verstehen. Der Autor verwendet Metaphern und Bilder, die nicht immer eindeutig sind und sich nicht immer sofort erschließen. Hierdurch kann es für den Leser schwierig sein, den Text vollständig zu erfassen und zu verstehen.
Alles in allem würde ich die Klassenarbeit mit einer guten Note bewerten, da der Autor eine beeindruckende Atmosphäre schafft und die Geschichte interessant und fesselnd ist. Jedoch sollte der Autor sich auch darum bemühen, seine Metaphern und Bilder klarer zu formulieren, damit der Leser besser folgen kann.
Fällt dir zu dem Text noch ein passender Prompt für eine Bild-ki ein ?
#ChatGPT
Ja, wie wäre es mit: "Zeichne ein Bild von einer Person, die in einer schwierigen Situation kämpft, aber dennoch entschlossen ist, weiterzukämpfen."
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Also schreibt man am besten so, daß jeder potentielle Leser einen ganz klar und zweifelsfrei versteht. Botschaft - plop! Doppeldeutigkeiten und Ironie sind ganz gefährlich, Metaphern gehören verboten und Wortspiele - au wei!
Die Vorstellungen von Onkel ChatGPT weichen deutlich von meinen ab ;-))
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Hihi , #SOSSMASEHN was der "Onkel" zu #Sich´s Texten ausspuckt , höhö .
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Hihi!
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Der späte Vogel kriegt auch Würmer ab ;-)))
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