Johanna Borchert – Pianistin, Sängerin, Komponistin.

Johanna Borchert – Pianistin, Sängerin, Komponistin.

Kann Musik magisch wirken? Ich glaube, das war einerseits ihr ursprünglicher und wohl rituell gebundener Zusammenhang, und andererseits – ja, ich kenne Stücke, dich mich so in eine Gemütslage versetzen, als wäre Magie im Spiel. Das ging mir zuerst als Jugendlicher so mit bestimmten Kompositionen von Mozart jr., besser bekannt als W.A.Mozart oder einfach nur Mozart (der Vater Leopold ist heutigentags fast ganz vergessen), und äußerte sich bei mir unter anderem im scheinbaren Verblassen der Farben in meiner Umgebung.

Weitere Musik mit auf mich magischer Wirkung stammt von Massive Attack, und dann verzauberten mich auch Stücke auf einer der Scheiben von Johanna Borchert. Wie ich auf Johanna Borchert aufmerksam geworden, weiß ich gar nicht mehr. Möglicherweise wieder via Berliner Jazzfest im Radio, dann 2014. Im Februar 2015 hörte ich sie jedenfalls live und solo, und die oben erwähnte Scheibe heißt „FM Biography“ und stammt aus dem Jahr 2014.

Geboren 1983, studierte Johanna Borchert Jazzklavier und Komposition. Sie pflegt auch das freie Improvisieren auf einem (wie ich finde) sehr hohen Niveau. Ihre CD „Orchestre idéal“ gibt davon ebenso wie einige Live-Mitschnitte Zeugnis. Wobei ich natürlich nie wissen kann, wie viel Musik tatsächlich im Augenblick erfunden wird und wie viel davon auf vorbereiteten Ideen und Modellen beruht. Johanna Borchert arbeitet übrigens auf der Bühne und im Studio nicht nur mit dem klassischen Klavier / Flügel, sondern präpariert ihr Instrument, so dass klangliche Veränderungen entstehen, und setzt daneben auch Synthesizer ein.

Ihre jüngeren Scheiben (seit „FM Biography“) sind stark Song-orientiert und in meinen Ohren eine Art Pop-Jazz, während „Orchestre idéal“ und die Scheiben mit der Band „Schneeweiß und Rosenrot“ deutlich näher am Jazz orientiert waren. Allerdings sind die Songstrukturen und die Details der Ausgestaltung der neueren Werke vom Mainstream-Pop dann doch wieder einige Taktstriche entfernt, wenn ich das mal so tippen darf.

Das aktuelle Album „Amniotic“ wurde (bisher noch) nicht so meins; die eingangs erwähnte Magie durch Klang und Stimme beruhte auf zwei oder drei der Songs von „FM Biography“. Aber „Amniotic“ ist ein vielleicht spannendes Konzept-Album der zweifachen Mutter: je ein Song über je einen Monat im Amnion…! Okay, das war die Grundidee, und das Album enthält nun insgesamt tatsächlich zwölf Songs.

…eine Sammlung intensiver Songs und atmosphärischer Improvisationen, die klangvoll um das Geheimnis des Lebens vor, während und unmittelbar nach der Geburt kreisen. „Beim Spielen habe ich unter anderem diese biologischen Bilder im Kopf“, erklärt Borchert. Texturen und Bewegung ihrer Improvisationen repräsentierten die molekularen Vorgänge im Körper, während die Songs das Universum philosophischer Betrachtungen intuitiv berühren, so die Autorin und Musikerin.
(Uta Bretsch)
https://www.ub-comm.de/?p=6445

Einer der nachfolgenden Links führt zu SoundCloud. In der dortigen Graphik sieht man sehr schön den gut angenäherten Goldenen Schnitt als Proportionierung der beiden Song-Hälften. Im Text laufen die Personalpronomen der zweiten Hälfte spiegelverkehrt. Ich mag sowas. Und natürlich die Gitarre von Fred Frith.

Improvisation 1 (live 2013)

Desert Road (2014)
https://soundcloud.com/johanna-borchert/desert-road

FM Biography (Official Video) (2014)

Lightyears (Official Video) (2014)

Oh Boy (2022)

The Mirror (2022)

Anmiotic Nectar (2022)