Quality Post

Warum du keinen „Quality Post“ schreiben solltest

Ein "Quality Post" macht einige Arbeit, er kostet dich Zeit und Mühe. Du müsstest dafür überprüfen, ob es stimmt, was du behaupten willst, und ob es interessant und nicht bereits allgemein bekannt ist. Du müsstest dich um Satzbau, Grammatik und Rechtschreibung kümmern. Das wäre das mindeste.

Aber darüber hinaus macht dich ein solcher "Quality Post" auch noch angreifbar. Deine These, deine Meinung könnte hinterfragt werden, und du müsstest dann antworten. Ein Wort oder eine Formulierung kann abgelehnt oder ins Lächerliche gezogen werden, ohne dass du den Eindruck hast, jemand versucht, mit dir nachzudenken und mit dir in eine Diskussion zu kommen.

Dein ganzer Post könnte möglicherweise als banal oder als überflüssig gebrandmarkt werden von jemand, der/die einfach nur viel zu enge Scheuklappen aufhat, um dich verstehen zu wollen, oder der/die Freude daran hat, ein bisschen zu provozieren. Oder noch simpler: der/die auf bestimmte Wörter reagiert wie in einem Reiz-Reaktions-Schema und völlig unreflektiert in deine Reflexionen hinein quakt. Das alles könnte dir und deinem "Quality Post" passieren.

Wenn du stattdessen ganz unprätentiös davon schreibst, dass du dir brav die Zähne geputzt und den Kindern eine Geschichte vorgelesen hast, dann bleibt dir das alles erspart. Das beste daran ist: Das muss so nicht einmal stimmen, du kannst es einfach erfinden – denn es kann ja keine/r nachprüfen!

Erwähne aber bloß nicht, welche Zahnpasta oder Zahnbürste du verwendest. Möglicherweise ist der Hersteller / die Herstellerin gerade nicht politisch korrekt, und du bekommst einen Shitstorm. Oder jemand ist der Meinung, darin seien schädliche Bestandteile und Nanoroboter, und fängt darauf hin an, dich damit zuzutexten, was dir alles bevorsteht, wenn du nichts dagegen unternimmst und sofort die und die andere Zahnpasta verwendest oder wenigstens einen Schutz trägst beim Zähneputzen, vielleicht einen Fahrradhelm mit Faraday-Schutz.

Und erwähne bei deinem Post auch auf gar keinen Fall, welche Geschichte du den Kindern vorgelesen hast und weshalb sie dir und deiner Familie gefällt! Du könntest bezichtigt werden, rassistische Vorurteile oder eine nicht Gender-gerechte Sprache weiter gegeben zu haben!

Merke: Es spielt überhaupt keine Rolle, ob der an dich gerichtete Vorwurf jeweils zutrifft oder nicht – du machst dich mit solchen Einzelheiten einfach emotional angreifbar wie in einem "Quality Post". Danach verlierst du etliche Lebens-Zeit und Lebens-Energie damit, dich rechtfertigen zu wollen. Das muss gar nicht mit einem schriftlichen Kommentar und einer Antwort verbunden sein, es genügt, dass dir das alles im Kopf herum geht und dich beschäftigt und vom nächsten Post abhält und Magenschmerzen bereitet.

Natürlich kannst du einfach bestimmte Kommentare ignorieren, sie gar nicht erst lesen, wenn du mit dem Absender / der Absenderin schon deine unliebsamen Erfahrungen gemacht hast. Aber dann ist es trotzdem immer noch einfacher, du schreibst ein paar harmlose Sätze darüber, wie schön und wichtig du beispielsweise Bäume findest, und stellst drei Fotos dazu. Am besten Fotos ohne Bäume, das wirkt dann gesellschaftskritisch und spielt an auf Klimakatastrophe und Waldsterben, ohne dass du ein einziges angreifbares Wort geschrieben hast.

Ich selbst erkunde gerade, in wie vielen verschiedenen Varianten ich grammatisch richtig ein paar wenige Wörter permutieren, das heißt, in ihrer Reihenfolge verändern kann. Grammatisch richtig in ihrer Reihenfolge verändern, das heißt permutieren, kann ich Wörter in vielen verschiedenen Varianten, wie ich ein paar wenige gerade erkunde. Das macht Spaß! Spaß macht das! Macht das Spaß!

Foto: ty-ty