Agritechnica – Fazit / Agritechnica – Summary

in hive-146118 •  last year  (edited)

english below...

Ja, wie @moecki letztens schon meinte: auf einer Landwirtschaftsmesse wird schon lange alles immer technischer. Es geht immer weniger um glückliche Kühe auf grünen Weiden und wogende Kornfelder im sanften Sommerwind…

Ich stecke nun nicht arg tief in der Thematik, habe bestenfalls eine interessiert laienhafte Vorstellung davon, wie Bauer sein heute so geht. Aus dem Umfeld weiß ich jedenfalls sehr sicher, daß der Anteil an Bürokratie und Formalismen überdimensional zugenommen hat im Vergleich zu anderen produzierenden Branchen. Ob es um Fördermittelanträge geht, Ausgleichs- und Stillegungsflächen, privilegierte oder nebengewerbliche Landwirtschaft: es erfordert ganz viel Durchhaltevermögen, nicht schon alleine daran zu verzweifeln.

In der schönen neuen Welt, die sich die Vorreiter in Sachen Automation der Agrarproduktion so ausmalen, dreht sich alles um autonom fahrende Landmaschinen, die von einem Bauern per Tablet dirigiert werden, während er bequem auf einer weitläufigen Veranda sitzt und seine Ländereien betrachtet.

Ich bin auch absolut überzeugt, die funktionieren; die Ingenieure sind wirklich brillant und behaupten sicher nicht zu unrecht und ganz sicher nicht ohne Stolz, daß es noch nie so einfach war, einen funktionierenden Roboter zu bauen, wie heute… Es gäbe 180 verschiedene Sensorsysteme, die bei der Feldarbeit jedes Reh vor dem Mähwerk oder jeden Igel vor der Egge erkennen würden, die in Echtzeit die Bodenqualität ermitteln und entprechend angepaßte Injektionen setzen, die auf Mikroliter genau differenziert und abgestimmt nach Bedarf bewässern, die kleinste Anflüge von Schädlingsbefall erkennen, analysieren und zielsicher bekämpfen…

Dabei sind sie vollkommen geräuschlos unterwegs! Ernsthaft: direkt neben Dir startet tonnenschweres Gerät und Du bekommst nix davon mit. Als Reiterin könnte ich sagen – wunderbar. Kein Pferd hätte mehr Grund zu scheuen. Als Anwohnerin wäre ich vermutlich froh über die ungewohnte Ruhe in meinem Umfeld. Als Umweltministerin würde ich vermutlich die Emissionsfreiheit lobpreisen. Und der Bauer wäre natürlich happy, seine Tage entspannt in der Hängematte verbringen zu können…

Ja nun. Wenn es da nicht dieses Problem gäbe. Also um sich eins dieser Wunderteile zu kaufen, müßte der Gute nämlich all seine Äcker verkaufen und zusätzlich einen Kredit aufnehmen. Dann wäre allerdings auch kein Bedarf mehr gegeben. Was es nämlich auch nicht gibt: Fördermittel. Genau. Die sind verfügbar für Vogelinseln, Hagebuttenhecken, Aktivställe, Seuchenmanagement, Agritourismus, Landarbeiterqualifikation,…

Alles fein, alles prima. Trägt nur nicht unmittelbar zur Nahrungsmittelerzeugung bei. Wollten wir uns als Land nicht unabhängiger machen vom globalen Lieferkettenhickhack? Wollte wir nicht endlich den Welthunger besiegen?

Okay, aber wenn wir das 'mal dahingestellt lassen und unterstellen, irgendwann gäbe es ein Förderprogramm, das es den Landwirten ermöglicht, ihre Höfe technologisch aufzurüsten… Sie würden es mehrheitlich nicht wollen! In den Gesprächen, die ich führte, wurde ganz klar: Bauern sind auch nur Menschen und haben ihre Freude an technischen Spielereien. Die sind aber in dem Moment nicht mehr von Interesse, wo sie nicht selbst repariert werden können. Und das wäre bei diesen Maschinen illusorisch. Und nein, falls sich diese Frage jemandem stellen sollte: es gäbe auch keine Wartungsstützpunkte in jedem Bezirk. Ähm… Bundesland… EU-Mitgliedsstaat. Nein. Die wären momentan auf drei Standorte EU-weit konzentriert.

Ich bin selber immer sehr neugierig auf die Technik von morgen und übermorgen. Noch nie wurde dabei mein Wunsch erhört, daß die Entwickler und die Produktmanager im Vorfeld Gedanken machen über die sogenannte After Sales-Betreuung. Die schwirrt irgendwo im Hinterkopf herum. Aber mehr so zur späteren Wiedervorlage.

Alles in allem bin ich begeistert von den Möglichkeiten, die es schon heute gäbe – und ernüchtert von den Hindernissen, die den potentiellen Nutzern dabei in den Weg gestellt werden. Es könnte alles so einfach sein…

Mein Einsatz war also interessant, in mehrfacher Hinsicht lohnend und im Nachhinein leider mit ein paar Tagen heftiger Erkältung verbunden. Ich freue mich schon auf‘s nächste Mal ;-))

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english version:

Yes, as @moecki said the other day: everything at an agricultural trade fair has been getting more and more technical for a long time now. It's less and less about happy cows on green pastures and waving cornfields in the gentle summer breeze...

I'm not very deep into the subject, at best I have an interested, amateurish idea of what it's like to be a farmer today. In any case, I know from people around me that the amount of bureaucracy and formalities has increased dramatically compared to other manufacturing industries. Whether it's applications for subsidies, equalisation and set-aside areas, privileged or part-time farming: it takes a lot of stamina not to despair of this alone.

In the brave new world that the pioneers of automation in agricultural production are imagining, everything revolves around autonomous agricultural machinery that is controlled by a farmer using a tablet while he sits comfortably on a spacious veranda and looks out over his land.

I am also absolutely convinced that they work; the engineers are truly brilliant and claim, not without justification and certainly not without pride, that it has never been easier to build a functioning robot than it is today... There would be 180 different sensor systems that would recognise every deer in front of the mower or every hedgehog in front of the harrow during field work, that would determine the soil quality in real time and make the appropriate injections, that would irrigate with microlitre precision and in a coordinated manner as required, that would recognise, analyse and unerringly combat the smallest infestations of pests...

And they are completely silent on the move! Seriously: a machine weighing tonnes starts up right next to you and you don't notice a thing. As a rider, I could say - marvellous. No horse would have any more reason to shy away. As a local resident, I would probably be happy about the unaccustomed peace and quiet in my neighbourhood. As an environment minister, I would probably praise the absence of emissions. And the farmer would of course be happy to be able to spend his days relaxing in his hammock...

Yes, well. If it weren't for this problem. To buy one of these miracle parts, the good guy would have to sell all his land and take out a loan. But then there would no longer be any need. Because there is no such thing: Subsidies. Exactly. They are available for bird islands, rosehip hedges, active stables, disease management, agritourism, agricultural labour qualification,...

All nice, all fine. Just doesn't contribute directly to food production. Didn't we as a country want to become less dependent on the global supply chain hiccups? Didn't we want to finally defeat world hunger?

Okay, but if we leave that aside and assume that at some point there would be a subsidy programme that would enable farmers to upgrade their farms technologically... Most of them wouldn't want it! In the conversations I had, it became very clear that farmers are only human and enjoy technical gadgets. However, they are no longer of interest unless they can repair them themselves. And that would be illusory with these machines. And no, in case anyone is wondering: there would be no maintenance centres in every district. Erm... federal state... EU member state. No. They would currently be concentrated in three locations across the EU.

I myself am always very curious about the technology of tomorrow and the day after tomorrow. My wish that the developers and product managers think about after-sales support in advance has never been granted. It's buzzing around somewhere in the back of my mind. But more for later reference.

All in all, I am excited about the possibilities that already exist today - and disillusioned by the obstacles that potential users face. It could all be so simple...

So my mission was interesting, rewarding in more ways than one, and in retrospect unfortunately associated with a few days of a heavy cold. I'm already looking forward to the next time ;-))

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Hm, ja... Also wir haben uns gerade einen gebrauchten Honda Einachser Wiesenschneider incl. Pflugaufsatz zugelegt... Muskelkraft. Und reparierbar... ;-)

Und es dürfte nur so gehen. Es gibt gar nicht genug Fachleute für die Wartung der schönen neuen Spielzeuge, wenn sie tatsächlich in Größenordnungen in Nutzung gehen würden. In der Landwirtschaft wäre nicht vorstellbar, mehrere Monate auf ein Update der Software oder eine Reparatur warten zu müssen. Bis dahin ist die Ernte nämlich hin... Oder man hält den alten Fuhrpark als redundante Lösung vor. Auch nicht im Sinne der Erfinder.

Ich bin selber immer sehr neugierig auf die Technik von morgen und übermorgen. Noch nie wurde dabei mein Wunsch erhört, daß die Entwickler und die Produktmanager im Vorfeld Gedanken machen über die sogenannte After Sales-Betreuung. Die schwirrt irgendwo im Hinterkopf herum. Aber mehr so zur späteren Wiedervorlage.

...hehe das sind Jobs für Spezialisten nicht für Maschinenbauer, so denken die meisten Firmen, die wollen was verkaufen und wissen aber gar nicht wie das Teil hinterher am laufen gehalten werden soll.
Aber gut eine Markteinführung sollte immer, wenn etwas aus mehr als 3 beweglichen Teilen besteht und irgend etwas wichtiges damit gemacht wird, irgendeinen praktikablen Wartungsplan/Service haben ansonsten ist es nutzlos.

Dem Don seine Truppen arbeiten gerade mal wieder an sowas internationale Markteinführung, Aufbau der Infrastruktur für Service und Wartung auf Länderebene, das ist kein einfaches Konzept.
Ich wundere mich ein wenig wer dem Hersteller dieser super selbstfahrenden Wunderlandmaschinen eine Versicherung für ihre Garantien verkauft hat !
Bei den Preisen die ich so kenne von den Teilen (immer min. 6-stellig im mittleren Bereich und höher) sind die Produktionskosten beim Landwirt wohl eher der kleinere Schaden, die Ausfallzeit der Maschine für Transport, Reparatur oder Ersatz hingegen dürfte der schlimmere und vor allem teurere Faktor sein -bei nem Teil für 1 Mio sind das täglich mal mindestens 2.740€ minus.
Sowas geht eigentlich nur mit großen Kooperativen á la DDR, Russland, Amiland oder auch Spanien, und trotzdem bleibt das Problem das wenn so ein Teil ungeplant kaputgeht irgendeiner (z.B. der Bauer wo das Teil hin soll zum was auch immer machen) jede Menge Probleme haben wird weil die Arbeit dann nicht pünktlich oder gar nicht gemacht werden kann weil er sich ja die ganze Zeit auf seiner Herrenhaus-Terrasse ausgeruht hat im Vetrauen auf die Maschine und keinen Notfallplan hat wenns nicht funzt ! Oha

Ich bin mir aber sicher das die Russen da Lösungen bieten können die funktionieren und auch billiger sind nur halt nicht made in Germany sonder made in Russia und mit dem Hammer und der Sichel reparierbar, immer und überall ;)

So etwa denkt der schlaue Bauer auch und macht alles wie bisher. Daß die Entwickler und Produktmanager sich jegliche Chance auf dem Markt mit dieser Sorglosigkeit von vornherein selber verbauen, könnte doch langsam irgendwo durchdringen??

...wunderbar, ja das sollte man meinen, aber wie ich aus leidvoller fast 40jähriger Erfahrung weiß ist das Problem technisch, die meisten dieser Leute sind so viel mehr Techniker als Verkäufer oder Finanzfachmann das Du das einfach nicht erwarten darfst. Ich komme auf eine quote von unter 5% wo es anders war.
Die Leute in den Firmen lernen einfach nicht das der Dipl. Ing. der die Firma gegründet hat nicht zwangsläufig ein guter Verkäufer (vor allem ein weit vorausblickender) ist, sondern eigentlich immer noch Techniker und der selbst mit dem Aufbau eines Servicenetzes schon überfordert ist weil ihm der Bezug in die Realität dabei fehlt und die Erfahrung mit solchen Leuten.
Das immer wieder beobachten zu müssen in unserem sonst so cleveren Ländle ist echt deprimierend, aber scheinbar wollen die Leute einfach nicht dazu lernen -die Strafe für diese Ignoranz heißt Liebesentzug oder Konkurs bevor es richtig losging-.
Ich habe in den Jahrzehnten soviele Sachen neu lernen müssen um nicht ständig existenzgefährdende Entscheidungen zu treffen, das mein Kopf gar nicht mehr anders kann als bereits auf der nächsten Herausforderung zu sein bevor überhaupt irgendwas richtig akut ist.
In meinen Augen ist es Einstellungssache aber ich bin ja auch kein Ingenieur, nur der Typ aus dem GF-Büro also was weiß ich schon ;)

Welcome back!

This shows that you have a vast interest in technology
That’s cool
I’m sure that I can learn from someone like you

TEAM 1

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