warum ich der Aufnahme in die elektronische Patientenakte (ePA) widersprochen habe

in hive-199722 •  5 months ago 

Heute möchte ich euch erklären, warum ich Einspruch gegen die Aufnahme in die elektronische Patientenakte (ePA) der AOK eingelegt habe.

Der ein oder andere von euch weiß vielleicht, dass ab 2025 alle Patientendaten wie z.B. Arztbriefe, Befunde, Laborwerte oder die Medikation elektronisch erfasst und gespeichert werden.

Das hört sich natürlich toll an: Man geht zu einem Arzt, und er hat sofort alle patientenrelevanten Daten zur Verfügung, egal welcher Mediziner sie erfasst hat. Das beinhaltet Fachärzte sowie Allgemeinmediziner, aber auch Krankenhausaufenthalte, die mit einem Klick eingesehen werden können.

Allerdings sehe ich für meinen Fall auch einen großen Nachteil, und zwar wenn man sich eine Zweit- oder gar Drittmeinung einholen möchte. Ich gehöre zu den Patienten, die sich immer eine zweite, manchmal sogar eine dritte Meinung einholen. Klar, bei einer Erkältung ist es egal. Aber z.B. bei meiner Herzinsuffizienz hatte ich vor vielen Jahren - das ist nun fast zehn Jahre her - das Gefühl, in einer Helios Klinik schlecht behandelt zu werden, und habe sogar das Krankenhaus verlassen. Im Nachhinein war das das Beste, was ich machen konnte, denn man wollte mir dort einen Einkammerschrittmacher einsetzen und eine komplett falsche Medikation verschreiben.

Also habe ich die besten Kardiologen in Deutschland angeschrieben und, auch wenn es zum Teil Monate gedauert hat, bei zweien einen Termin bekommen. Einer davon war in Berlin, also 350 km entfernt. Aber wenn es um schwerwiegende Krankheitsbilder geht, ist es mir egal, wie weit ich fahren muss. Man informiert sich so gut wie möglich über Bewertungen der Mediziner oder auch Krankenhäuser und versucht dann, einen Termin zu erhalten. Dasselbe gilt auch für Eingriffe, z.B. das Implantieren meines CRT-D-Aggregats, das ist so eine Art Schrittmacher mit drei Elektroden im Herzen. Auch da hatte ich die Klinik ausgewählt und sogar denjenigen, der mich letztendlich operiert hat. Glaubt mir, mit entsprechender Kommunikation klappt das gegebenenfalls immer.

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Was hat das nun alles mit einer ePA zu tun? Ganz einfach: Will man sich eine zweite Meinung bei einem Mediziner einholen und alle vorhergehenden Untersuchungsdaten sind gespeichert, hat der Arzt sofort Zugriff darauf und sieht auch die Diagnosen seiner Kollegen. Hier könnte ich mir vorstellen, dass man es sich dann vielleicht einfach macht und ohne große Untersuchung die Diagnose des Kollegen befürwortet. Sind diese Daten nicht hinterlegt, werden alle Untersuchungen erneut durchgeführt, und der Mediziner bildet sich anhand der neu erstellten Ergebnisse eine eigene Meinung.

Natürlich sind wir alle keine Fachleute in dem Bereich, und der Mediziner, vor allem wenn es ein Facharzt ist, hat jahrelang studiert, eine Fachrichtung gewählt und dann vielleicht jahrzehntelang in diesem Bereich praktiziert. Hier gehe ich davon aus, dass auch entsprechende Erfahrungen vorhanden sind. Und wenn es Bereiche der Gesundheit betrifft, die lebensverändernd oder lebensbedrohlich sind, dann möchte ich eben mehrere Meinungen haben.

Vor zehn Jahren sagte man mir schon das erste Mal, dass ich meine Angelegenheiten klären soll und ich nicht mehr lange zu leben habe, falls ich kein neues Herz bekomme. Und in Deutschland einen Spender zu bekommen, ist wie ein Sechser im Lotto.

Dass ich noch immer lebe, verdanke ich unter anderem dem Karma, das es gut mit mir meint, aber eben auch, dass ich das Glück hatte, die entsprechenden Mediziner zu finden und mir eben auch eine zweite oder sogar dritte Meinung einzuholen.

Dasselbe galt auch für meine jetzige Diagnose Demenz. Es ging auch darum, dass ich diese Anfangsdiagnose bestätigt bekommen habe, was dann leider auch entsprechend erfolgt ist.

Mal wieder lange Rede, kurzer Sinn: Ich habe widersprochen und möchte die elektronische Patientenakte nicht. Das geht ganz einfach mit einem formlosen Schreiben. Ich bin einfach zur AOK gegangen, habe ihnen einen Zettel in die Hand gedrückt, auf dem steht: "Ich widerspreche der Aufnahme in die ePA" mit freundlichen Grüßen und meiner Unterschrift darunter. So kann man sicher sein, dass man meinem Wunsch nachkommt und ich dort nicht geführt werde. Es ist wichtig, dass man eine Bestätigung für dieses Schreiben bekommt, denn dann kann man sich sicher sein, dass die Daten nicht elektronisch gespeichert werden.

Es wurde natürlich festgehalten, dass jeder Patient selbst bestimmen kann, wer welche Daten einsehen darf und was freigegeben wird. Ich persönlich möchte aber nicht bei jedem Arztbesuch, wenn ich z.B. einen neuen Facharzt aufsuche oder für jeden Arzt im Krankenhaus oder allgemein für das Krankenhaus, diese Freigabe erteilen müssen. Auch bin ich unsicher, was mit diesen Daten passiert, wenn z.B. die Strafverfolgungsbehörden aus welchem Grund auch immer aktiv werden. Nein, ich bin kein Verbrecher, aber man weiß ja nie, was sich einmal ergibt. Auch wenn z.B. wegen der Erwerbsminderungsrente ein Gutachter bestellt wird, was darf der dann einsehen?

Was ist, wenn wieder eine Pandemie auftritt und z.B. Risikogruppen geimpft werden sollen oder Ähnliches? Könnte dann nicht doch in diesen Daten gestöbert werden, um zu entscheiden, wer geimpft werden soll oder wer nicht? Ich weiß es nicht. Und es gibt für mich persönlich eben zu viele Unklarheiten.

Natürlich muss das jeder für sich entscheiden, aber ich denke, das ist ein recht wichtiges Thema, und man sollte einmal überlegen, ob man bei der Speicherung der eigenen, sehr sensiblen Daten dabei sein möchte oder eben nicht. Was den Bereich Datenschutz betrifft: Nun ja, wir haben ja erlebt, dass sich clevere Hacker schon überall Zugang erschlichen haben. Und da ja auch recht sensible Daten gespeichert werden, ist es eben die Frage, ob das jeder möchte.

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Volle Zustimmung. Vor allem in Sachen Gesundheit ist Eigenverantwortung wichtig. Mehr noch als in jedem anderen Bereich. Alles Gute weiterhin!
Kennst du die Videos von Dr. Nehls? Z.B. youtube.com/watch?v=zIhddZiX8Ws

Gesundheitsdaten sind Patienteneigentum und das sensibelste Datenmaterial überhaupt.

Hier geht es um die Kontrolle der eigenen Gesundheit und diese hat den Staat und die Krankenkasse nichts anzugehen.

Na ich habe auch widersprochen, weil es ja auch Bestrebungen gibt das Daten zur Forschung weitergegeben werden können und dann das alles zentral an einer Stelle gespeichert werden soll, wer sagt mir denn wer da alles mit der Zeit Zugang erhält. Es ist doch meine Gesundheit. Das von Dir angesprochene habe ich so noch gar nicht auf den Schirm gehabt, aber kann mir vorstellen das es durchaus möglich ist, das die Diagnose dann einfach übernommen wird und das Risiko wenn die Daten schon vorliegen ja erhöht ist das dieser Fall eintritt anstatt nochmals zu untersuchen.

Awsome