Der lange Abschied von der Kohle (Dokumentarfilm 2017) Deutsch/German

in kohle •  7 years ago 


Der lange Abschied von der Kohle
von Werner Kubny und Petra Neukirchen

Das Ruhrgebiet ist in vielerlei Hinsicht "auf Kohle gebaut". Wenn im Dezember 2018 die letzten Tonnen Steinkohle gefördert und die letzten beiden Zechen geschlossen werden, dann geht ein großes Kapitel der Industriegeschichte zu Ende – und noch viel mehr. Der Bergbau hat über viele Jahrzehnte die Landschaft und die Menschen geprägt, ihre Mentalität und Alltagskultur. Die unverkennbare Identität des Ruhrgebiets hat auch heute noch, nach langen, harten Jahren des Strukturwandels, viel mit Kohle zu tun.

Der Filmemacher Werner Kubny, der sich bereits in den Projekten "Abenteuer Ruhrpott" (2001) und "Was bleibt sind wir" (2010) intensiv mit Geschichte und Gegenwart des Ruhrgebiets beschäftigt hat, hat für diesen neuen WDR-Dokumentarfilm ab Herbst 2015 eine Reihe von Bergleuten der Zeche Auguste Viktoria in Marl auf dem Weg zur Schließung ihres Standorts begleitet. Er hat sie an ihren Arbeitsplätzen beobachtet, im Umgang mit aktuellster HighTech, die bald nur noch exportiert werden kann. Im Umgang miteinander, in der besonderen Atmosphäre aus Kameradschaft und Solidarität, die sie alle beschwören, und in ihrem persönlichen Umgang mit dem Gedanken an den Abschied. Dazu gehört auch die Welt über Tage, die gemeinsame Freizeit, die Welt aus Nachbarschaft und Hilfsbereitschaft, die auch mit dem Bergbau verbunden ist und oftmals nur noch als Erinnerung existiert.

Eindrucksvolles Archivmaterial und Interviews

Parallel dazu schlägt der Dokumentarfilm mit eindrucksvollem Archivmaterial und den Erzählungen von Akteuren historisch den Bogen von den 1950er Jahren, als der Bergbau mit der Montanunion zur Keimzelle eines geeinten Europas wurde und die Kohleförderung ihren Höhepunkt erreichte, bis zum endgültigen Aus. Ehemalige Bergleute erinnern sich an die Arbeitsbedingungen unter Tage in der Zeit, als der Bergbau der Motor des bundesdeutschen Wirtschaftswunders war und man im Ruhrgebiet mit harter und oftmals gefährlicher Arbeit viel Geld verdienen konnte. Sie erzählen auch vom Schock der Kohlekrise Ende der Fünfziger Jahre und von den ersten, sozial noch weitgehend ungeordneten Zechenschließungen, von Streiks und Demonstrationen im Ruhrgebiet und in Bonn in den Sechziger Jahren. In dieser Situation wurde die RAG gegründet, als Dachorganisation des deutschen Steinkohlebergbaus, deren wesentliche Aufgabe es war und ist, die permanente Reduzierung der Standorte sozial abzufedern oder – wie es ein ehemaliger Verantwortlicher der RAG ausdrückt, – dafür zu sorgen, dass niemand "ins Bergfreie fällt". Ehemalige und aktive Betriebsräte lassen die vielen Kämpfe der Bergleute um den Erhalt ihrer Arbeitsplätze lebendig werden, die Proteste, Menschenketten und anderen öffentlichkeitswirksamen Aktionen, die letztlich doch nicht verhindern konnten, dass die Bundespolitik die Abschaffung der Kohlesubventionen beschloss und das endgültige Aus des Steinkohlebergbaus für Ende 2018.

Zukunft nach dem Bergbau

Der Film von Werner Kubny und Petra Neukirchen bleibt aber nicht beim Abschied stehen. Er geht auch an die Orte, in denen die Zukunft nach dem Bergbau schon längst begonnen hat. Er zeigt, welch vielfältiges und schwieriges Erbe die Kohle hinterlässt: "Ewigkeitsaufgaben" wie die Wasserhaltung, Chancen wie den Transfer und die Weiterentwicklung von Know How im Nachbergbau, Herausforderungen bei der Neubelebung ehemaliger Zechenstandorte. Und natürlich die Industriekultur, in der sich die Erinnerung an die Vergangenheit und neue Möglichkeiten von Kultur und Freizeit treffen, und die auf eine neue Art das Ruhrgebiet unverwechselbar machen soll.

Eine Werner Kubny Filmproduktion mit dem WDR und mit Unterstützung der RAG Aktiengesellschaft.

Sender: WDR
Thema: Doku am Freitag


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