Was ist die Patriarchatskritik / die Kritische Patriarchatstheorie? Was ist das Patriarchat?

in patriarchatskritik •  7 years ago  (edited)

Dieser Artikel ist eine Zusammenfassung meines Videos, in dem ich die Frage beantworte, was die Patriarchatskritik ist:

Das Original-Abstract habe ich auf Slideshare veröffentlicht

1. Was ist das Patriarchat?

Das Patriarchat ist ein „Kampfbegriff“ innerhalb der feministischen Theorie und meint eine Herrschaftsform, die den Mann als das Höherwertige und die Frau als das Minderwertige betrachtet: pater arché = am Anfang der Vater / Herrscher / Gott. (https://fipaz.at/theorie/). Es ist ein Herrschaftssystem, das davon ausgeht, dass das Leben vom Mann in seiner Rolle als Vater, Herrscher bzw. Gott ausgeht.

Maria Mies:

Mit dem Konzept des Patriarchats kann „die Gesamtheit von bedrückenden und ausbeuterischen Beziehungen, die Frauen betreffen, sowie ihr systematischer Charakter“ ausgedrückt werden. „Außerdem zeigt der Begriff 'Patriarchat’ die historische und gesellschaftliche Dimension der Frauenausbeutung und Unterdrückung an. (https://de.wikipedia.org/wiki/Patriarchat_(Soziologie)

Carola Meier-Seethaler:

Das Patriarchat in seiner familiären und staatlichen Herrschaftsform ist per definitionem ein Unterdrückungssystem, das sich überherrschte Völker, Sklaven und Frauen dienstbar macht und sich durch die erzwungene Delegation der lebensnotwendigen Arbeiten Privilegien für die führende Schichten schafft.“ (Carola Meier-Seethaler: Ursprünge und Befreiungen)

Claudia von Werlhof spricht von einer „Schöpfung aus Zerstörung“. Das Patriarchat ist eine Gesellschaftsform, die eine utopische Idee davon hat, dass sie ein Patriarchat werden will, also eine Gesellschaft, die nicht mehr von der Natur und von den Müttern abhängig ist. Im Gegensatz zum Matriarchat (mater arché - am Anfang die Mütter). Das Matriarchat ist die Gesellschaft, die sich damit befasst, dass der Ursprung des Lebens in den Müttern liegt. Und das Patriarchat ist eine Gesellschaft, die plötzlich umgekehrt behauptet, der Lebensanfang und der Ursprung liegt in den Männern (Claudia von Werlhof, http://youtu.be/kBZZwjwSSIw).

2. Was ist die Patriarchatskritik / Kritische Patriarchatstheorie?

Kritik an einem unterdrückenden, ausbeuterischen Handeln, das mit der patriarchalen Vorstellungswelt einhergeht, der Mann sei von Natur aus das höherwertige und die Frau das minderwertige Wesen. Die Patriarchatskritik kritisiert das gesamte System, in dem es zur Unterdrückung der Frau gekommen ist und ist daher gleichzeitig Religionskritik, Sozialkritik, Medienkritik und Wissenschaftskritik, also ein interdisziplinäres Unternehmen.

Der Feminismus arbeitet vor allem an der Gleichstellung der Frau gegenüber dem Mann in der Gegenwart. Er bleibt bei Themen wie z. B. der Geschlechtergerechtigkeit in der Sprache oder der Chancengleichheit im Beruf stehen, während die Patriarchatskritik eine Metaebene darüber angesiedelt ist und Ausbeutung generell abschaffen möchte.

Es bringt ihrer Meinung nach nichts, wenn sowohl Frauen als auch Männer zum Militär dürfen, da Kriege per se etwas Schlechtes sind. Immer dort, wo das Verhalten in einem System zu einem Ungleichgewicht führt, bietet auch die Gleichstellung der Geschlechter in diesem System keine positive Veränderung für die Beteiligten. Der Feminismus stellt beispielsweise Fragen wie:

  • Warum werden Tätigkeiten in sozialen Berufen so schlecht bezahlt?
  • Warum gibt es Gehaltsunterschiede zwischen Frauen und Männern?
  • Warum ist die Frau in der deutschen Sprache häufig mitgemeint, wird aber nicht erwähnt?
    (https://www.youtube.com/watch?v=pWOVJ3SoB38&feature=youtu.be&t=1894)
  • Warum haben es gerade alleinstehende Frauen mit Kind in unserer Gesellschaft so schwer?

Der Patriarchatskritik geht es aber eher um globale Fragen wie z. B. die nach den Folgen unseres wirtschaftlich-ausbeuterischen Handelns auf den Menschen und die Umwelt oder die Frage, warum es Kulturen gibt, in denen Frauen und Mädchen als Besitz angesehen und gehandelt werden sowie um Zwangsehen und Beschneidungen. Sie hat immer die gesamte Welt im Blick.

Einer der wichtigsten Untersuchungsgegenstände der Patriarchatskritik sind die Gründe für die Unterdrückung der Frau. Für diese gibt es viele Thesen, wie z. B.

  • , dass im Zuge der Neolithischen Revolution ein Geschlechterkonflikt entstand, weil Männer mit dem Übergang vom Wildbeuterstadium zur Agrarwirtschaft nun auch die Arbeit der Frauen ausführten (Carola Meier-Seethaler) oder
  • der Gebärneid (Gabriele Uhlmann).
  • Claudia von Werlhof spricht über den Krieg, (bei dem es immer um Aneignung geht, jeder Krieg ist ein Eroberungskrieg) als die Geburtsstunde des Patriarchats (http://youtu.be/kBZZwjwSSIw).

Ein weiterer wichtiger Untersuchungsgegenstand sind die Mechanismen, die die patriarchale Herrschaft festigten. Hier spielen die Mythenumdeutung (Gabriele Uhlmann) und der Aufbau einer politischen Theologie (Gerhard Bott) eine große Rolle.

Die Patriarchatskritik wird von der Archeomythologie unterstützt. Die feministische / patriarchatskritische Archeomythologie ist ganz besonders kritisch in der Auslegung von Ausgrabungen, die aus einer patriarchalen Zeit stammen. Das Problem besteht darin, dass solche Ausgrabungen zwar mit einem „matrifokalen Substrat“ behaftet sind, einige Archäologen aber eine patriarchale Deutung der Funde bevorzugen.

Die Wunschvorstellung der Patriarchatskritik wäre, dass der Mensch die Erde und die Natur so annimmt, wie sie sind, dass er sie als das akzeptiert, was sie sind, und sie nicht nach einem mechanisch-schöpferischen Plan ändern bzw. verbessern möchte. 

Claudia von Werlhof:

Eine Hinwendung zu dem, was das Leben eigentlich ist. Das Leben ist Freude und Miteinander und nicht Konkurrenz und Zerstörung und Transformation, sondern ein Miteinander-erleben…Die Aufgabe von Herrschaft und Kontrolle bringt die Harmonie und den Frieden. (https://www.youtube.com/watch?v=kBZZwjwSSIw)

Quellen

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