Die ethischen Sentenzen des Pythagoras

in philosophie •  6 years ago  (edited)

Da mir keine moderne deutsche Komplettübersetzung der ethischen Sentenzen des Pythagoras aus der Sammlung von Johannes Stobaios bekannt ist, habe ich mir einmal die Mühe gemacht, diese aus dem Englischen ins Deutsche zu übertragen. Sinnvoller wäre natürlich eine Übersetzung direkt aus dem Griechischen, aber leider fehlen mir hierzu die Sprachkenntnisse. Dennoch hoffe ich, dass die Kernaussagen adäquat wiedergegeben sind und im besten Fall zum weiteren Nachdenken einladen.

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Die ethischen Sentenzen des Pythagoras bei Stobaios

  1. Denke noch nicht einmal daran, Dinge zu tun, die sich nicht gehören!

  2. Eine erprobte Seele ist einem starken Körper vorzuziehen.

  3. Die Tugend wird eher mit Dingen, die mit Mühe und Arbeit verbunden sind, erlangt, als mit Vergnügungen.

  4. Jede Leidenschaft der Seele erschüttert das Seelenheil ungemein.

  5. Mehrere Lebenswege gleichzeitig einschlagen zu wollen, führt zu unüberbrückbaren Schwierigkeiten.

  6. Pythagoras sagt, dass es erforderlich ist, sich für die hervorragendste Form der Lebensführung zu entscheiden und dass die Gewohnheit diese annehmlich machen werde. Der Reichtum ist ein unsicherer Anker, der Ruhm ist sogar noch unsicherer und in gleicher Weise sind auch der Körper, Herrschaft und die Ehre unsicher. Der Fokus auf diese Dinge ist schwachsinnig und gibt keine Sicherheit. Kraft verleihen nur die Klugheit, Seelengröße und die Tapferkeit. Durch keinen Sturm können diese Eigenschaften erschüttert werden. Das ist das Gesetz Gottes, dass die Tugend allein stark macht, während alles andere vernachlässigbare Kleinigkeiten sind.

  7. Alle Dinge des menschlichen Lebens sollten genauso schön sein, wie die wohlgefügten Teile einer Statue.

  8. Der Weihrauch sollte zwar den Göttern vorbehalten sein, aber der Lobpreis guten Männern.

  9. Es ist gleichermaßen erforderlich, diejenigen zu verteidigen, die ungerechterweise angeklagt werden, schädlich gehandelt zu haben, wie es erforderlich ist, diejenigen auszuzeichnen, die sich durch eine gute Tat verdient gemacht haben.

  10. Nicht das prächtig geschmückte Pferd wird als edel angesehen werden, sondern dasjenige Pferd, in dessen Natur die Erhabenheit angelegt ist. So wird eben auch nicht der Mann mit großen Reichtümern gerühmt werden, sondern derjenige, der aus voller Seele schöpfen kann.

  11. Wenn der Weise seinen Mund aufmacht, werden die Schönheiten seiner Seele sich so offen präsentieren, wie die Statuen in einem Tempel.

  12. Jedermann wird dir versichern, dass die Weisheit das höchste Gut sei. Tatsächlich gibt es aber nur Wenige, die sich tatkräftig darum bemühen, dieses höchste Gut auch zu erreichen.

  13. Sei nüchtern und denke an die Bereitschaft zum Glauben, da diese Dinge die Grundlage der Weisheit sind.

  14. Es ist besser, dein Leben damit zu verbringen, im Gras zu liegen und dabei der Gottheit und dir selbst zu vertrauen, als sich in ständiger Unruhe in einem goldenen Bett aufzuhalten.

  15. Du wirst keinen Mangel an irgendwelchen Dingen mehr empfinden, wenn du anerkennst, dass es in der Macht des Schicksals liegt, Dinge zu geben und zu nehmen.

  16. Verachte alle Dinge, die du nicht mehr willst, sobald sie vom Körper befreit sind. Erflehe hierzu Hilfe bei den Göttern.

  17. Es ist weder möglich, ein offenes Feuer in der Kleidung zu verstecken, noch ist es möglich, eine grundlegende Abweichung von der Rechtschaffenheit lange zu verbergen.

  18. Der Wind entfacht tatsächlich das Feuer, Liebe ist aber eine Sache der Gewohnheit.

  19. Nur diejenigen sind der Gottheit nahe, die jeder Form der Ungerechtigkeit ablehnend gegenüberstehen.

  20. Alles was der Körper notwendig braucht, kann von jedermann ohne Mühe und Arbeit leicht beschafft werden. Aber diejenigen Dinge, für die quälende Arbeit erforderlich ist, sind von der Körperpflege unabhängige Objekte des Begehrens, deren Quelle eine entartete Auffassung ist.

  21. Vom Begehren sagt Pythagoras folgendes: Diese Leidenschaft hat verschiedene Facetten und ist mit großen Anstrengungen verbunden. Von den Begierden sind manche erworben und nicht erblich, während andere von Geburt an da sind. Aber er definierte die Begierde selbst als eine bestimmte Tendenz und als einen Impuls der Seele, außerdem als eine Lust auf die Fülle oder als ein Sinnerleben, oder als eine Leere mit Abwesenheit von Sinn und als Erkenntnislosigkeit. Er sagte auch, dass die drei bekanntesten Arten von falschen und lasterhaften Begierden die unschicklichen, unangemessenen und unpassenden sind. Das Begehren ist entweder umgehend unpassend, lästig und unfrei. Wenn es nicht vollständig so ist, dann ist es zumindest leidenschaftlicher und von größerer Dauer, als es sein sollte. Oder aber es ist auf eine unangemessene Weise getrieben und bezieht sich auf Objekte, auf die es sich nicht beziehen sollte.

  22. Sei darum bemüht, deine Fehler nicht mit Worten zu kaschieren, sondern sie durch Vorwürfe an dich selbst zu beheben.

  23. Es ist nicht so schwer, sich zu irren, wie es leicht ist, jemanden zu tadeln, der sich irrt.

  24. Genauso wenig wie ein körperliches Gebrechen geheilt werden kann, wenn es verborgen oder gepriesen wird, kann auch keine Arznei einer erkrankten Seele verabreicht werden, die schlecht bewacht und kaum geschützt ist.

  25. Die Gnade der Redefreiheit bereitet wie die Schönheit einer Jahreszeit erst bei einem gewissen Ertrag größeres Vergnügen.

  26. Es ist sowohl unangemessen, ein stumpfes Schwert, als auch die Redefreiheit unwirksam zu nutzen.

  27. Weder kann die Sonne aus der Welt genommen werden, noch kann die freie Rede aus der Gelehrsamkeit weggedacht werden.

  28. Wie es für jemanden in einem schmutzigen Gewand durchaus möglich ist, eine gute körperliche Verfasstheit durch eine entsprechende Lebensweise zu haben, so kann auch jemand in ärmlichen Verhältnissen die Redefreiheit besitzen.

  29. Sei eher erfreut über jene, die dich tadeln, als über jene, die dir schmeicheln; aber meide Schmeichler generell, sie sind schlimmer als Feinde.

  30. Das Leben der Geizigen gleicht einem Leichenschmaus. Denn obwohl alle erforderlichen Dinge für einen Schmaus vorhanden sind, freut sich (zu deren Lebzeiten) keiner der Anwesenden.

  31. Erwirb dir Mäßigkeit als die größte Stärke und den größten Reichtum.

  32. „Nicht häufig sei der Mann beim Mann“ (?) ist eine der Ermahnungen des Pythagoras, durch welche er unklar andeutet, dass es nicht angemessen ist, häufig an geschlechtlichen Verbindungen beteiligt zu sein.

  33. Es ist unmöglich, dass jemand, der ein Sklave seiner Leidenschaften ist, frei sein kann.

  34. Pythagoras sagte, dass der Rausch die Meditation des Wahnsinns sei.

  35. Pythagoras antwortete, als er gefragt wurde, wie ein Liebhaber des Weins von seinen Trunkenheitszuständen befreit werden könnte, dieser müsste regelmäßig in Erfahrung bringen, welche (schändlichen) Handlungen er während seiner Rauschzustände beging.

  36. Pythagoras sagte, dass es entweder notwendig sei, zu schweigen, oder etwas zu sagen, das besser als das Schweigen sei.

  37. Wirf‘ lieber grundlos einen Stein, als auch nur ein unnützes Wort zu sagen!

  38. Sage nicht weniges in vielen Worten, sondern sage viel in wenig Worten.

  39. Das Genie ist für Männer entweder ein guter oder ein böser Dämon.

  40. Pythagoras antwortete, als er gefragt wurde, wie ein Mann sich seinem Land gegenüber verhalten sollte, falls dieses sich ihm gegenüber ungerecht verhalten hätte: „Wie einer Mutter gegenüber.“

  41. Das Reisen lehrt einen Mann Bedürfnislosigkeit und eine Weise, wie er sich selbst genügen kann. Die süßesten Heilmittel gegen Hunger und Arbeit sind Brot aus Milch und Mehl und ein Bett aus Gras.

  42. Für den Weisen eignet sich prinzipiell jedes Land als Wohnort, da die ganze Welt das Land für eine würdige Seele ist.

  43. Pythagoras sagte, dass in die Städte zunächst der Luxus kommt, danach die Sattheit, anschließend laszive Frechheit und zu guter Letzt die Zerstörung.

  44. Pythagoras sagte, dass von allen Städten die beste Stadt diejenige sei, in der die meisten würdigen Männer lebten.

  45. Tue diejenigen Dinge, die du als schön ansiehst, obwohl du für das Verrichten dieser Dinge ruhmlos bleibst. Das Gesindel ist gemeinhin ein schlechter Richter für eine gute Sache. Verachte daher auch getrost den Tadel derjenigen, deren Lob du bereits verachtest.

  46. Diejenigen, die schlechte Männer nicht strafen, wünschen sich (nolens volens), dass gute Männer verletzt werden können.

  47. Ein Pferd kann genauso wenig ohne Zaumzeug beherrscht werden wie (König-)Reiche ohne Klugheit nicht beherrscht werden können.

  48. Wenn du im Wohlstand groß von dir denkst, befindest du dich faktisch in einer ähnlichen Lage, wie wenn du dich in einem Wettrennen auf einer glatten Straße zu behaupten hättest.

  49. Kein Tor des Wohlstands ist so gesichert, dass es nicht durch die Möglichkeit des Schicksals geöffnet werden könnte.

  50. Vertreibe durch logisches Denken den schrankenlosen Kummer aus einer betäubten Seele.

  51. Es gehört zu den Aufgaben des Weisen, die Armut durch Gleichmut zu ertragen.

  52. Schone dein Leben, damit es nicht durch Sorgen und (aufwändige) Pflegemaßnahmen aufgezehrt wird.

  53. […] Es erschien sowohl Platon als auch Pythagoras so, dass das hohe Alter nicht als Ausstieg aus dem gegenwärtigen Leben angesehen wurde, sondern als der Beginn eines seligen Lebens.

  54. Die alten Theologen und Priester bezeugen, dass die Seele mit dem Körper aufgrund einer gewissen Bestrafung verbunden ist und dass die Seele im Körper wie in einem Grab liegt.

  55. Alles, was wir im Wachzustand sehen, ist Tod – und was wir im Schlaf sehen, ein Traum.

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Faszinierend, danke für diesen Beitrag.

Echt guter Beitrag alles richtig gemacht, weiter viel Erfolg...

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Pythagoras war schon ein interessanter Kautz :)

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