Leben in der Ego-generierten Simulation – ein Gedankenexperiment

in philosophy •  7 years ago  (edited)

Die Simulations-Hypothese ist neben der technologischen Singularität eine weitere spannende Idee in der Welt der Technophilen. Auch hier bringt eine spezielle Perspektive interessante Szenarien: Was, wenn jede subjektive Realität eine solche Simulation ist?

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Begriffserklärung: Simulations-Hypothese

Die Simulations-Hypothese geht auf den Philosophen Nick Bostrom zurück, welcher auch zu den Themenbereichen KI und Superintelligenz wichtige Beiträge geleistet hat. Sein Paper „Are we living in a computer Simulation“, erschienen im Jahr 2003, wohl durchaus inspiriert durch den Film the Matrix (1999), hatte in dieser Hinsicht großen Einfluss. In diesem wird argumentiert, dass das Universum längst eine Vielzahl intelligenter Entitäten hervorgebracht hat. Unter diesen waren mit mathematischer Gewissheit solche dabei, welche dazu in der Lage waren, Supercomputer zu entwickeln, welche eine derart hohe Rechenleistung zu leisten imstande sind, um ein Universum zu simulieren.

Solche Zivilisationen, oder wie auch immer man solche Wesen nennen mag, wären in der Lage, theoretisch unendlich viele solcher Universen zu simulieren – und wir könnten lediglich in einer diese Simulationen existieren, und nicht in der REALEN Realität.

Simulation einer Simulation einer Simulation ...

Dazu kommt weiters der Gedanke, dass sogar innerhalb diese simulierten Universen wiederum Intelligenz entstehen konnte, die zu Universum-Simulationen in der Lage wäre. Dies hätte die Folge, dass es theoretisch eine (gar unendlich große?) Vielzahl an Simulationen innerhalb von Simulationen geben könnte, zum die Frage, welche Realität nun die Realität dieses Simulations-Multiversums ist, schwierig zu beantworten sein wird.

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Digitales-Paradigma schafft digitale Realitäten

Ich möchte, um dieses Gedankenexperiment zuende zu bringen, zuerst darauf hinweisen, dass der aktuelle Mindset stets starken interaktiven Einfluss auf die materielle Realität und vice versa hat. Ich möchte die anhand des Beispiels der Evolutionstheorie verdeutlichen:

Die Evolutionstheorie nach Darwin wurde in den folgenden Jahrzehnten seit seiner Veröffentlichung nicht nur in der Wissenschaft sehr stark nach dem männlich-patriarchischen Paradigma interpretiert, sowie bereits zum Zeitpunkt seiner Publikation durch den damals sehr präsenten, durch die industrielle Revolution angetriebenen, bzw. Kapitalismus. Erst durch die sich deutlich angleichende Geschlechter-Parität in den Wissenschaften etablieren sich im 21. Jahrhundert mehr und mehr andere, weniger nach männlichen Paradigmen geprägte Interpretationen (was ich in einem Wandel der Wirtschaft spürbar ist, welcher sich in der zunehmenden Strategie der Nachhaltigkeit und Kollaboration, äußert).

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Anhand diese Beispiels erscheint es nicht verwunderlich, weshalb Interpretationen der Wirklichkeit gerade dann zunehmend digital geprägt sind, wenn auch die Digitalisierung in der globalen Wirtschaft, und auch im Privatleben immer größeren Einfluss hat. Kurz gesagt: Bevor ein Computer erfunden war, wäre keiner auf den Gedanken einer Simulationshypothese zur Erklärung der Wirklichkeit gekommen.

Natürlich kann auch die Frage gestellt werden, ob unsere Realität, wenn denn einmal nachgewiesen wird, dass sie eine Simulation ist, auch bereits dann eine solche war, bevor wird darüber nachdachten, ob dies der Fall sein würde… ;)

Was, wenn jede subjektive Realität eine solche Simulation ist?

Da ich mich sehr intensiv mit Interaktionstheorie beschäftigt habe, wurde mir bald bewusst, dass sich ein sehr schönes Gedankenexperiment in Sachen Simulations-Hypothese denken lässt. Denn ich gehe davon aus, dass sich Realitäten stets aus dem Verhältnis zwischen Immanenz (dem Inneren), und Transzendenz (dem Äußeren) einer Entität subjektiv ergeben. Dabei ist es unerheblich, wie dieses Verhältnis aussieht. Da jedes mögliche dieser Verhältnisse einzigartig ist, ergibt sich daraus, dass es ausschließlich subjektive Realitäten geben kann. Und jede Entität „hat“ eine solche Realität, oder „prozessiert“ sie, nach dem oben beschriebenen digitalen Paradigma. Wenn wir also in einer Simulation leben, dann ist unsere erfahrene subjektive Realität ein interaktiver Prozess zwischen unserem Inneren und unserem Äußeren.

Das Ego als Supercompouter

So gesehen könnten wir, wenn wir als Beispiel menschliche Entitäten heranziehen, die subjektive Wirklichkeit jedes Menschen als eine solche Simulation im Sinne der Simulations-Hypothese betrachten. Und die Identität ist dabei der Supercomputer, welcher die Rechenleistung vollzieht.

Dein Ego ist ein Supercomputer, der deine subjektive Wirklichkeit rendert.

Dabei wird klar, dass diese Simulationen, oder Realitäten teilweise parallel ablaufen, und sich überlagern, beispielsweise wenn Menschen miteinander in Wechselwirkung treten, was sie ja ständig tun.

Ausbrechen aus welcher Simulation?

Dieser für mich durchaus witzige Gedanke führt auch die Idee ad absurdum, dass wir aus dieser „Fake-Simulation“ ausbrechen müssen, um uns zu befreien, was manche technoaffinen Persönlichkeiten als Notwendigkeit sehen. Es stimmt schon, wir können (und sollten wohl, um glücklich zu sein) unsere Wirklichkeit nach unseren Bedürfnissen optimieren – doch da wir davon ausgehen müssen, dass keine Realität realer als die andere ist, da keine Identität Anspruch auf objektive Wirklichkeit hat – kann eine nicht-eigene Realitäts-Simulation nur dann negativen Einfluss auf unsere eigene nehmen, wenn wir dies zulassen, und somit zum Teil unserer eigenen machen. Es handelt sich also um eine Entscheidung, die wir imstande sind, selbst zu fällen, und wohl kein Zwang.

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Und letztlich sind wir ja alle, nach dieser Sichtweise vernetzte Supercomputer, welche mit einander interagieren, und diese Wirklichkeiten formen. Kooperation zum Wohle all dieser Welten macht dann doch viel eher Sinn, als sich gegenseitig zu bekämpfen…

Letztlich ist doch alles eine Frage der Einstellung, und der inneren Überzeugungen, nicht wahr?


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Ich liebe solche Gedankengänge und Vorstellungen!
Danke!
LG Mo*

Millionen von Welten wie Personen so zahlreich, Superhirne mit modernen Geräten bis hin zu ausgedienten PC- Oldies. In allem, was uns das Leben vorstellt, wird das Dualitätspaar sichtbar, tanzen Ereignisse in die eine oder andere Richtung, manchmal schlagen sie aus und krasses Zeug entsteht. Ganz schön krass der ineinander verschachelte Simulationsgedanke. Liebe Grüße aus dem Siebengebirge, gerade kommt ein Gewitter runter, Blitz und Donner und Sturzregen. Mein Fenster ist auf und es klingt einfach toll.

Ein wirklich genialer Beitag, du nutzt eine Sprache die der Thematik wirklich gerecht wird, sie hat mich sofort in ihren Bann gezogen! Und trotzdem erklärtst du möglicherweise unklare Worte treffen.

Nicht ganz verstanden habe ich, welchen Gedanken du genau als "witzig" empfunden hast. Dass Menschen generell interagieren? Ich bin nicht sicher, diesen Absatz-Umbruch konnte ich nicht ganz mit "springen". Vielleicht klärst du mich ja noch auf. Toller Beitrag jedenfalls, diese Gedanken machen Spaß und regen an!

Leider bin ich "zu spät" darauf gestoßten.. Liebe Grüße

Yaraha