Es ist eines DER Themen der Menschheit. Was passiert mit uns wenn wir sterben? Es gibt viele Antworten, aber kaum welche befriedigen uns wirklich. Ich möchte hier auf einige Möglichkeiten näher eingehen.
Nach dem Tod ist NICHTS: meine atheistischen Freund*innen machen es sich leicht und zugleich um so schwerer. Denn meiner Meinung nach raubt es dem Leben auch irgendwie denn Sinn, wenn es nach dem Leben nichts mehr gibt. Wir können dann höchstens versuchen, jeden Tag glücklich zu verbringen. Aber angesichts dieser nihilistischen Herangehensweise wäre es gleichgültig, ob ich mich sofort von einer Brücke stürze oder anderen Menschen Leid zufüge. Es hat für mich "nur" hier und jetzt Konsequenzen. Die Frage nach dem was da auf uns zukommt ist also gezwungener Maßen auch immer eine Glaubensfrage. Glaube ich an nichts, ist auch logischerweise NICHTS nachdem ich gestorben bin.
Himmel, Hölle, Fegefeuer: eine römisch-katholische Konstellation, die die Kirche nicht zuletzt auch aus Eigennutz installiert hat. Es sind zwar alle drei Begriffe theologisch ausformuliert und lassen sich mit ein wenig Phantasie auch in der Bibel wiederfinden, aber für viele Menschen in unserer heutigen Zeit ist dieses primitive System nicht akzeptabel. Böse Menschen kommen in die Hölle, gute Menschen in den Himmel und alle anderen ins Fegefeuer. Das sind ja schöne Aussichten. Was macht einen bösen Menschen zu einem bösen Menschen? Ist es nicht schlussendlich die Gesellschaft selbst, die solche Menschen hervorbringt? Also die Menschheit ist in gewisser Weise an sich böse. Und dann gibt es gute Menschen (Gutmenschen?!?) die sich in ihrer Selbstlosigkeit für andere aufopfern. Die römisch-katholischen Theologen haben sich aufgrund der Anforderungen unserer Zeit auf ein neues Bild von Himmel und Hölle geeinigt: alle Menschen kommen in den Himmel, wenn sie ihre Sünden bereuen und angesichts eines guten Gottes kann keiner in die Hölle kommen. Es gibt aber einer Hölle - diese ist aber leer. Nett.
Reinkarnation - für viele eine durchaus legitime Antwort auf viele unserer Fragen. Reinkarnationsvorstellungen haben sich auch immer wieder in christlich geprägten Kulturen etabliert. So haben etwa schon einige Gruppen des frühen Christentums an die Reinkarnation geglaubt. Auch in der Bibel wird dies an einigen Stellen offenbar. So etwa spricht Jesus von Johannes dem Täufer als die Wiedergeburt des Propheten Eliah. Mit Reinkarnationsvorstellungen lässt sich auch der Erfolg von Rückführungen in frühere Leben erklären. Wenn ein Mann im früheren Leben eine Frau war, lässt sich dadurch seine jetzige Homosexualität erklären. Oder? Das Thema lässt sich noch beliebig vertiefen und es kommt dabei auch eine Spektrum an Antworten ans Licht, die diese Reinkarnationsvorstellungen durch religiöse Fundamentalisten ins Eck der Esoterik stellen lässt.
Es gibt in der europäischen Gesellschaft die Tendenz, die Vorstellungen des Buddhismus mit denen des Christentums zu verschmelzen. Das bestätigt auch die Individualisierungsthese, wonach sich die Menschen ihren eigenen Glauben "basteln" und dabei aus dem reichhaltigen Repertoire der vorhandenen religiösen Vorstellungen schöpfen. Die Menschen sind sich aber einig, dass es ETWAS nach dem Tod gibt. Wie dieses ETWAS aussieht und wie sich die einzelnen Glaubensvorstellungen äußern ist different. So bezeichnen sich im Schnitt weniger als 10% der Europäer*innen als reine Atheisten (höchster Atheisten-Anteil in Frankreich). Mehr als 90% sind daher im Umkehrschluss in irgendeiner Art gläubig. (Quelle: European Values Study)
Die berühmte Friedhofsinsel in Venedig. Ob die Venezianer*innen hier das ewige Leben oder das ewige NICHTS erwartet?