The Hateful Eight by Quentin Tarantino

in review •  7 years ago 

Kapitel 1:

"Das kalte Kammerspiel in warmer Stube"

Eine lange Kutschenfahrt, ein kleiner Brief einige lange Dialoge später hat es der Zuschauer endlich geschafft:

Denn dann beginnt die eigentliche Handlung des anfänglich eher untypischen Westerns, der wie man es von Tarantino gewohnt ist, in der tiefen Kälte spielt.

Dabei verirrt sich der Film jedoch keinesfalls in Belanglosigkeiten, was bei einem in einem Raum platzierten Großteil der Handlung durchaus gefährlich werden kann



Kapitel 2:

"Große Worte und die Geburt von Legenden"

Aber wofür ist man denn bei einem Tarantino-Film im Kino?

Genau, es sind die genial absurden, teilweise schon brutal abscheulichen Dialoge, die nur wenige Autoren so beherrschen wie Tarantino.

Eben jene, welche man Jahre später noch auch auf einem T-Shirt, als eines der Filmzitate schlecht hin findet.

Nun, die Dialoge sind nicht schlecht geworden, aber eben auch nicht die, die man von einem Regisseur (und vor allem mit solchen Vorgängerfilmen) gewohnt ist.

Schlecht sind sie keineswegs, brillant aber auch nicht.

Solides Mittelmaß, bei dem man das Fehlen einer Metaebene, eines "doppelten Bodens" oder zynischer Zweideutigkeit wie bei den Texten Waltzs oder DiCaprios vermisst.

Oder im Sinne des Films zu urteilen: Statt das Gehirn wegzupusten, hätte man es nutzen sollen.

Wobei auch dies nun wieder etwas zu hart geurteilt ist, da es detailreiche und sehr gut ausgearbeitete Tarantino-Dialoge sind.



Kapitel 3:

"Der kleine Mann ganz groß?"

Hatte Christoph Waltz keine Lust mehr?

War er mit „Spectre“ zu beschäftigt?

Oder wollte Tarantino ihn nicht einfach schon wieder besetzten?

Vermutlich nichts von alledem und der Grund ist viel plausibler,

aber dennoch schade schade, schade.

Gepasst hätte es allemal und auch wenn Tarantino behauptet beim Schreiben nicht Waltz im Sinn gehabt zu haben, dementiert dies die zu große Ähnlichkeit, welche mit der Rolle des "kleinen Mannes" und Tim Roths einhergeht.

Wenn er ihn tatsächlich nicht im Sinn hatte und dies stimmen mag, muss er sich dennoch den Vorwurf der Einfallslosigkeit gefallen lassen.

Nun, so ist wenigstens genügend Platz für B-Stars, die auch mal wieder ein wenig Leinwandzeit erhalten und ebenso wie ihre Rollen die Eigenschaft des Unbekannten mit sich führen.

Dennoch und dies muss man anmerken, bleibt ein eigenartiger Beigeschmack während man Tim Roth zusieht wie er Waltz, äh ..., Oswaldo Mobray spielt.



Kapitel 4:

"Rote Züge in der weißen Hölle des Denkens"

Aber Tarantinos neuer Film feiert seine brutal-blutigen Sequenzen (wie immer glamourös feierlich) zwischen trockenen „Humor“ und spritzigen „Wahnsinn“, während er, Tarantino selbst, behauptet, durchaus etwas „Elementares zur Frage der Beziehungen, der Menschen und Rassen“, wie er es nennt, beizutragen.

Diesbezüglich kommt dann doch die Frage auf, ob seine Blutbäder den Zuschauer emotional oder intellektuell an diesen Punkt führen, der die Antwort auf diese Thematik liefern soll.

Ein Gedanke dessen Ausarbeitung sinnvoll ist?

Zeit des Darüber-Nachdenkens, die sich lohnt?

Nun naja, bei diesem achten knallenden und wie immer förmlich explodierenden Werk des Regisseurs heißt die Antwort eindeutig: nein.

Aber das ist auch nicht Aufgabe des Films, der den genauen Kontrast dazu darstellt und somit ein typisches Charakteristikum des Regisseurs ist.



Kapitel 5:

"Das lahmende Pferd"

Quentin Tarantino pumpt in “The Hateful Eight” eine simple Geschichte zu einem Kammerspiel auf, welches es trotz eines guten Ensembles und einigen schönen Ideen nie wirklich ist und somit unter seinen eigenen Anspruch ein wenig leidet.

Geht man jedoch nicht mit diesen Erwartungen an dieses Werk heran, obwohl dies hinsichtlich einiger Trailer durchaus gerechtfertigt wäre, wird man äußert gut unterhalten.

Der Film ist eher ein gemächlicher Schusswechsel, in welchen die Beteiligten die Kugeln erst von Zeit zu Zeit finden und der dann durch Ladehemmungen immer wieder an Tempo sowie Brisanz verliert.

Es scheint daher irgendwie so, als wäre der Regisseur teilweise lediglich zu optimistisch an die eigentliche Grundidee herangegangen, einen (kleinen) Film jenes Handlungsformates schon irgendwie zu einem Großereignis aufbauen zu können.

Doch bei einer Handlung, fast so leer wie eine verlassene Western-Landschaft zur Zeiten eines Blizzards, schafft dies selbst Großmeister Tarantino nicht.

Und dennoch ist der Film großartig geworden und für seine enorme Lauflänge nicht wirklich eintönig oder gar langweilig, zugleich aber auch nicht übermäßig und außerordentlich spannend.

Jedoch und das muss man ebenso anmerken, ist er ein äußerst unterhaltsamer Western geworden.



Kapitel 6:

"Zarte Klänge, rabiates Chaos"

Von der Tiefe der Ouvertüre bis zu den feinen Klängen des Hauptteils: Ennio Morricones Musik ist passend geworden.

Sie ist stimmig und ergänzt den Film äußerst gut.

Gestützt wird sie von zahlreichen Songs, welche auch (typisch Tarantino) schön und durchdacht gewählt sind.

Somit ist der Soundtrack gut geworden und letztlich beinahe einer von jenen, bei den man beim Schließen der Augen sofort wieder die großen Bilder auf der großen Leinwand vor seinem geistigen Auge hat.



Kapitel 7 

Das große Finale:

"Ein langsamer Tod ist kein würdiger"

Schlussendlich ein Film, der entgegen seiner Charaktere, die schier endlos vor sich hinsterben, nicht tot zu kriegen ist.

Und warum? Klar, weil es nicht irgendeiner ist.

Es ist immer noch ein Tarantino.

Vom gemächlichen Anfang, welcher mit der Ouvertüre sehr gut gelungen ist, findet er seinen Weg im wirren Blizzard und kommt zum großen Finale, was durch eine kurze Rückblende noch einmal hinausgezögert wird.

Ist das Kammerspiel also -wie man es von einigen kritischen Stimmen hört- eher ein Trauerspiel geworden?

Eindeutig und ganz klar: Nein!

Es ist vielmehr ein schön strukturiertes Werk, das mit einer feinen und gekonnten Inszenierung, jedoch nicht mit absoluter Brillanz, aufwartet.

Und vielleicht war auch alles nur eine Lüge, ein Witz.

Ein Bluff, der so detailreich und fein ausgearbeitet zur Leinwand gebracht wurde, wie ein mit viel Finesse verfasster, gefälschter Brief eines amerikanischen Präsidenten.

Und so muss man aber auch dies, wie es der Film den Zuschauer am Ende lehrt, in gewisser Weise anerkennen.

Womit es am noch anzumerken gilt, dass man sich nur wünschen kann, dass Tarantino, der ankündigte nur noch maximal zwei weitere Filme machen zu wollen, diese ebenfalls dem Western-Genre zuschreibt, da er dies zweifelsohne und entgegen all der vermeintlich kritischen Aspekte wie kaum ein Zweiter beherrscht.

Nach dem "Django"-Remake ein weiterer sehr sehenswerter Film, der mit einigen (winzig-) kleinen Veränderungen mit zu einem absolut starken Meisterwerk im Genre geworden und in den obersten Meisterwerk-Kanon des Regisseurs aufgenommen worden wäre.

Somit: äußert sehens- und empfehlenswert!

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