Eine eigene Marke.
Ein eigenes Produkt.
Die Verwirklichung einer eigenen Idee.
Der erste Schritt in die Selbstständigkeit und finanziellen Unabhängigkeit.
Dies mögen ein paar der Gründe sein wieso sich seit geraumer Zeit – besonders unter jungen Menschen – der Trend entwickelt, es mal mit einem eigenen Start Up zu versuchen.
Doch wie immer ist auch hier aller Anfang schwer, weshalb wir uns ein paar Antworten von jemandem geholt haben der etwas davon versteht. Christian Reiter, Mitbegründer von Bitspin, welches 2014 an Google verkauft wurde, hat sich bereit erklärt uns einen Einblick in die Materie zu geben.
Danke Christian, dass du dir die Zeit nimmst. Vielleicht kannst du zunächst etwas zu deiner Person sagen?
Gerne. Ich lebe in der Schweiz und habe an der ETH Zürich Informatik studiert.
Nach meinem Studium 2012 haben wir Bitspin gegründet und mit der Wecker-App Timely den Markt betreten. Durch die gute Usability konnten wir schnell Fuß fassen, so dass auch die Premiumversion um 4 Franken gut lief. Der Verkauf an Google erfolgte schließlich 2014.
Während meine damaligen Kollegen nun für Google arbeiten, blieb ich hier und befasse mich weiterhin mit Start Ups im Bereich Internet und Mobile.
Ein Start Up ist im eigentlichen Sinne nichts anderes als ein kleines Unternehmen. Was ist denn der Unterschied zwischen KMU und StartUp?
Ein Start Up unterscheidet sich in der Regel dadurch, dass nicht von Beginn an klar ist, was das Produkt ist, wer die Kunden sind und wie sich das Ganze finanziert.
Ein „normales“ Unternehmen ist sich über diese Eigenschaften im Klaren.
Berühmtes Beispiel ist hier Facebook.
Zu Beginn gab es keine Fremdfinanzierung, kein klares Ziel und keine klar definierte Zielgruppe. Mittlerweile hat sich das natürlich geändert.
Das heißt also, mit einem Start Up begebe ich mich auf den Pfad der Ahnungslosigkeit?
Das ist gar nicht mal so falsch. Ein Start Up ist geplantes und effizientes „Try and Error“.
Bei einem Start Up muss man sich mehrere Gedanken machen. Was biete ich an? In welchem Geschäftsfeld und Preissegment soll sich das Produkt befinden?
Die Antworten auf diese Fragen zu finden, ist in Wahrheit die eigentliche Aufgabe eines Start Ups.
Ok, ich habe mein Produkt also zumindest innerlich vor Augen. Was nun?
Eine Idee mit der ich mich in ein Start Up wage, muss sich entwickeln. Auch eine unscheinbare Idee kann zu einem guten Endergebnis führen, wenn man auf seine Zielgruppe hört.
Eine gewisse Kundennähe ist unabdingbar. Man muss auf die Wünsche der Kunden eingehen und sein Produkt kundenorientiert entwickeln.
Gebt euch nicht der Illusion hin genau zu wissen was der Markt will.
Grundsätzlich gehört eine sehr gute App Experience einfach zum Produkt dazu. Die kleinsten Hürden können bei Millionen von Nutzern schon signifikant sein.
In Zeiten von Cloudservices, Offshoring und Remote Working, wie wichtig ist für dich ein eigenes Office?
Für mich muss es schon sehr gute Gründe geben nicht in einem gemeinsamen Büro zu sitzen. Die Wege sind in der Regel kürzer und es stärkt die Zusammenarbeit.
Man darf auf keinen Fall den Spirit eines Start Ups verlieren, das kann durchaus zu einem Problem werden. Vor allem dann, wenn es mal nicht perfekt läuft.
Der Zusammenhalt ist einfach das Wichtigste.
Was sind so die klassischen Fehler die man zu Beginn macht?
Nicht genug mit dem Kunden sprechen. Wie vorher erwähnt, nehmt Feedback ernst. Setzt aber nicht blind alles um was sich jemand wünscht.
Ideen zu möglichen Features sind auch so eine Sache. Testet eure Annahmen anhand von Umfragen oder einer Community, sonst entwickelt ihr schnell etwas was am Ende keiner braucht, während Corefeatures fehlen.
Und verliert niemals euren Fokus.
Stichwort „Selbstschutz vor Selbstüberschätzung“
Seid bereit die Idee die ihr ursprünglich hattet anders zu entwickeln als vorgesehen. Lernt aus den Tatsachen die sich im Laufe der Entwicklung ergeben.
Wenn etwas zu hohes und unkalkulierbares Risiko birgt, denkt nochmal darüber nach. Alles auf eine Karte setzen kann ins Auge gehen.
Welche Softskills sind nötig? Professionelle Programmierer sind nicht unbedingt auch gute Verkäufer.
Um als Start Up erfolgreich zu sein benötigt man sehr viel mehr als IT-Skills. Allem voran geht die Selbstdisziplin. Ihr habt dann keinen Chef der euch Aufgaben und Deadlines setzt. Ihr müsst euch selber antreiben.
Und wenn ihr niemanden habt der verkaufen kann, dann sucht euch jemanden der das kann oder lernt es selbst. Klingt hart, ist aber so. Die beste Idee, das beste Produkt verkauft sich nicht von selbst.
Werbung und Marketing ist ein Pflichtelement eines erfolgreichen Start Ups.
Marketing also? Macht es Sinn viel Wert auf Branding zu legen?
Eine starke Marke hat einen großen Wert, auch wenn diese nicht unbedingt von Anfang an notwendig ist.
Ein starkes Produkt ist zu Beginn wichtiger als ein starker Name.
Später, wenn man bekannt geworden ist, ist es von Vorteil wenn die eigene Marke positiv in Erinnerung bleibt.
Bestes Beispiel: Apple. Egal was auf den Markt kommt, die meisten verbinden damit qualitativ hochwertige Produkte.
Danke für deine Zeit
Gerne :)